Teilzeit arbeiten und Teilzeit reisen. Mein Masterplan für ein Leben mit mehr Freizeit

Teilzeit arbeiten und Teilzeit reisen. Mein Masterplan für ein Leben mit mehr Freizeit

Ich hab es getan.

Ich arbeite seit nunmehr knapp vier Jahren nicht mehr Vollzeit.

Obwohl ich Alleinverdiener bin, eine Wohnung im Düsseldorfer Dunstkreis bezahlen muss und auch die Reisen allein im letzten Jahr über 7000 Euro verschlungen haben. Obwohl ich in die Rentenkasse weniger einzahlen werde und für große und kostenintensive Anschaffungen nicht wirklich viel zur Seite gelegt habe.

Und ob ihr es glaubt oder nicht – ich habe es bis heute nicht bereut.  Meine neuen Arbeitszeiten haben nicht nur für Begeisterung gesorgt. Während die einen meinen: „Mach dich doch gleich ganz selbstständig“ –  warnen mich die anderen vor beginnender Armut – in die ich wohl ratzfatz rutschen werde, wenn ich so nah am Existenzminimum lebe. Ich will hier niemanden den Tipp geben, es mir nach zu machen, und doch will ich versuchen, denjenigen, die sich darüber Gedanken machen, eine Hilfestellung geben.

Kann ich es mir leisten, nur 25 Stunden arbeiten zu gehen ?

An erster Stelle kam bei mir diese elementare Frage. Kann ich mir weniger Arbeitsstunden leisten? Und wo ist meine Grenze, um meine Fixkosten zu decken ? Was muss ich über Teilzeitreisender.de erwirtschaften, damit ich mir auch gelegentlich mal etwas leisten kann? Ich arbeite nach wie vor im öffentlichen Dienst, bin in der höchsten „Gruppierung“ für Nichtwissenschaftler eingestuft – was ich mit 66 % Stelle nun so verdiene, kann sich jeder mit einem Googleklick auf TVL West ausrechnen.

Der öffentliche Dienst geht mit der Frage „Teilzeit“ oder nicht sehr relaxt um. Solang mein Chef zu einer Reduzierung nichts einzuwenden hat, kann ich (auf Wunsch auch befristet) meine Stunden reduzieren. Manchmal ist es ja nicht die eigene Freizeit, die im Vordergrund steht. Gesundheit, Pflege von Angehörigen, Zeit für die Familie, Fortbildung oder einfach die Realisierung eines großen Traumes bedürfen Zeit, die man sonst im Alltag nicht hat. Das Thema Arbeitszeitreduzierung wird jedoch nicht überall so locker gehandhabt. Hier muss jeder selbst seinen Weg gehen, ich habe mich 2015 bewusst auf eine Halbtagsstelle beworben.

Doch die beste Stundenreduzierung bringt nix, wenn man zu hohe „Lebenshaltungs-Kosten“ hat. Ein Check meiner Fixkosten (Miete, Nebenkosten, Handy, Strom, Versicherungen, DSL, Fahrkarte VRR, GEZ) hat ergeben, das derzeit selbige rund 70 % meiner Einnahmen auffressen. Da ich jedoch weder Auto habe, noch Unterhalt zahlen muss oder rauche und auch teure Abende in der Altstadt von Köln oder Düsseldorf eher der Seltenheit angehören, kann ich Fixkosten und Verpflegung gut mit meinem Gehalt decken.

Teilzeitarbeit

Begonnen hab ich meine Teilzeit mit einer 50% Stelle (19,5 Stunden).

Um die 1100 Euro landeten damit auf meinem Konto. Da der Sommer 2015 jedoch für den Blog so gut wie keine Einnahmen brachte – musste ich meine Reserven angreifen – weil plötzlich auch Kosten für den Zahnarzt, den Frisörbesuch und natürlich auch für spannende Reisen anstanden. Als Ende 2015 dann eine Kollegin reduzieren wollte, nahm ich das Angebot meines Chefs an, noch 6,5 Stunden mehr zu arbeiten. Das bedeutet, das ich aktuell an drei Tagen 7 Stunden, an einem Tag 5,5 arbeite und einen Tag in der Woche (Dienstag) Freizeit habe. Das wirklich spannende dabei ist jedoch, das ich mit 6,5 Stunden mehr  fast 400 Euro mehr verdiene. Das Geld ermöglicht es mir auch mehrere Monate ohne Einnahmen über den Blog zu haushalten, ohne auf etwas zu verzichten.

 

Wie komme ich zu Einnahmen abseits meines Hauptjobs?

Um meinen Lebensstandard gut zu halten, sind zusätzliche Einnahmen jedoch recht nett. Doch woher nehmen? Mein Plan sieht hier drei Bausteine vor. „Verkaufen – Erarbeiten – Sparen“. Hört sich simpel an, war es aber nicht wirklich – mittlerweile komme ich jedoch damit gut zurecht.

Verkaufen

Ich habe viel Platz. Und viel Kram. Ältere Handys, Tablets, Filme, Bücher und Klimbim aus verschiedenen Zeitepochen. Ich habe Autogramme, ich habe Kleidung ohne Ende – im einzelnen nicht wirklich viel Wert, aber in der Summe.

Angefangen habe ich mit Buchverkäufen an Momox.de und an Rebuy.de. Im November plane ich jedes Jahr meinen großer Ebay-Verkaufsmarathon und auch verschiedene Kleinanzeigenportale und Trödelfacebookgruppen habe ich für mich entdeckt. Auf letzteren habe ich innerhalb von 20 Minuten zwei Sommerliegen für einen guten Preis an den Mann/die Frau gebracht und sogar 20 USB Sticks wechselten dort gegen Bezahlung schon ihren Besitzer. Das Reduzieren meines Hausrats gestaltet sich jedoch nicht so einfach. Mir fehlt neben dem Reisen und Schreiben und der Arbeit schlichtweg die  Zeit. Im Durchschnitt habe ich in den letzten Jahren mit Verkäufen zwischen 300 und 500 Euro verdient.

Erarbeiten

Ich bin sicherlich kein Vertriebler, aber ich habe mit diesem Blog ein Produkt, was für Unternehmen durchaus interessant ist. Vorrangig, und da will ich auch nicht drumherum reden – als Werbefläche. In den letzten Jahren hat sich jedoch herausgestellt – das Wunsch und Realität ein wenig auseinander liegen. Vor allem im Frühjahr und auch im Herbst habe ich ein paar Beiträge, die ihr als Leser auch als „Werbung“ gekennzeichnet erkennen könnt. Für ein stabiles Einkommen reichen die Einnahmen nicht, ich würde sie auf im Durchschnitt 200 – 300 Euro alle zwei/drei Monate beziffern. Ich selbst ertappe mich auch immer wieder dabei, das ich Rechnungen viel zu spät verschicke – das muss natürlich besser werden.

In den letzten Jahren habe ich, um mit dem Blog Geld zu generieren, auch Vorträge gehalten, Bloggertreffen organisiert, Kampagnen mitbegleitet und Gastbeiträge für fremde Blogs erstellt. Durch meine private Situation nutze ich derzeit sehr wenige Pressereisen und konzentriere mich aktuell auf andere Einkommensstrategien. Aktuell überlege ich Affiliate für einen Teil meiner Artikel zu implementieren. Ganz weggegangen bin ich vom Thema „Mystery Shopping“. Dies habe ich einige Jahre sehr aktiv gemacht – es bringt jedoch zu wenig Geld für zu viel Arbeit. Mit dem Gehalt von der Universität und meinen Einnahmen als Blogger kann ich mittlerweile recht gut leben. Immer im Auge hab ich dabei jedoch auch die Steuern. Gut 30 % meiner Einnahmen lege ich weg, falls Steuerrückforderungen kommen könnten.

Sparen

Bei Begutachtung meiner Fixkosten ist mir aufgefallen, das ich an einigen Ecken und Enden viel zu viel Geld bezahle. Und doch habe ich in den letzten Jahren, obwohl ich es mir vorgenommen hatte, viel zu wenig unternommen. Noch immer habe ich mein „Nahverkehrsticket“ nicht auf Firmenticket umgewidmet (würde 12 % Ersparnis bedeuten) und zwar habe ich jetzt alle Mobilfunkverträge unter einem Dach, dank mehr Datenvolumen zahl ich im Endeffekt jedoch das gleiche.

Auch an die Versicherungen muss ich mal wieder ran. Auch wenn ich dank öffentlicher Dienst-Tarife für einige Versicherungen weniger zahle – sparen geht immer. Meinen Buchclub hab ich gekündigt, und auch Zeitschriftenabos sind aktuell nicht finanzierbar. Meine Wohnung ist für mich allein eigentlich viel zu groß, liegt mir jedoch sehr am Herzen. Derzeit lässt sich das gut kompensieren – mal schauen wie sich alles so entwickelt.

Auch beim Reisen versuche ich zu sparen. Ich plane private Reisen so früh als möglich um Sparpreise abzugreifen.

Mein Ziel, in der Summe der Nebenkosten um 30 % zu senken habe ich jedoch nicht wirklich erreicht. Ich spar definitiv zu wenig und gehe auch eher mit Hunger einkaufen als mit Bedacht. Hier werde ich in den nächsten Monaten wieder mehr „angreifen“ müssen – damit sich mein jetzt erspartes Geld nicht wieder auf Null reduziert.

 

daheim

 

Was bringt mir das alles ?

Ehrlich – als ich mich dazu entschlossen habe, diesen Schritt vor vier Jahren zu gehen, habe ich mich auf einen relaxten Sommer eingerichtet. Schwimmen gehen, Ausspannen, die Wohnung renovieren, solche Sachen halt. Doch irgendwie kam alles anders. Denn leider ist in den letzten Jahren viel liegen geblieben. Arzttermine, Rechnungen, Steuer – all das kommt aktuell in aller Härte auf mich zu. Auch die Zusatzverantwortung für diesen Blog – schwimmen war ich den Sommer nicht einmal !  Und nicht nur die Sommer sind eher mit mehr Arbeit verbunden. So habe ich gut 3 Jahre durchgehalten – und mich irgendwann dazu entschieden etwas kürzer zu treten. Auch wenn seitdem anstatt 14 Artikel nur noch 7 Artikel im Monat erscheinen.

Nach gut vier Jahren habe ich das Ziel „Mehr Zeit für mich“ gut umsetzen können. An Wochenenden wo ich nicht reise schreibe ich nur noch selten Artikel – mittlerweile dient mein freier Dienstag und der Freitag nachmittag als Schreibzeit. Wenn ich fit genug bin – dann nutze ich auch meinen Feierabend. Ich will jedoch auch in Zukunft meine Kreativität effektiver bündeln und das „Produkt“ Teilzeitreisender noch mehr voranbringen. Den Plan, ein Buch zu schreiben habe ich aktuell auf Eis gelegt. Die Ressourcen sind einfach nicht da.

Dennoch ist dieses Leben aktuell schon so, wie ich es mir gewünscht habe. Mein Projekt läuft besser als ich es erwartet habe und ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und viel von der Welt gesehen. Ich werde sicherlich in Zukunft etwas anders reisen – habe aber nach wie vor viel Spaß im „Entdecken“.

Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus ?

Um ehrlich zu sein kann ich das gar nicht sagen. Die letzten Jahre haben schon gezeigt, das die Konkurrenz immer größer wird und das viel junge kreative und vor allem talentierte Blogger auf den Markt kommen. Viele Einnahmen sind in den letzten zwei Jahren entfallen. Sei es weil es Unternehmen oder zuständige Mitarbeiter nicht mehr gibt, sei es weil Budgets nicht freigegeben werden oder sei es schlichtweg, weil jemand besser war als ich. Das Projekte kommen und gehen, ist völlig normal – ich habe einmal gelesen, das Blogs eine Halbwertzeit von 3 -5 Jahren haben. Da bin ich aktuell „drüber“.  Ich liebe mein Baby (noch) und möchte es wachsen sehen. Wir werden gemeinsam wachsen und lernen – jedoch mag ich genauso meinen Job an der Universität. Mir ist meine Freizeit inzwischen aber auch sehr wichtig.  Beides auf Dauer zu halten, mich selbst dazwischen nicht zu verlieren, und ganz nebenbei auch Familie und Freunde nicht zu vernachlässigen – klingt doch nach einem ganz guten Plan, oder ?

Was kann ich dir mit auf den Weg geben ?

  • Mach dir vvorab Gedanken!
    • Erstelle eine Liste der Pro und Contras einer „Arbeitszeitreduzierung“
    • Rechne Fixkosten durch und stell einfache Notfallpläne auf (was passiert, wenn der Zahnarzt drei mal klingelt)
    • Reduziere dein Hab & Gut
    • Wieviel ist dir Zeit wert ? (Wenn du drei Stunden weniger pro Tag arbeitest, sind dir das 500 Euro weniger im Monat wert?)
    • Schau nach Sparpotentialen (Versicherungen, Wohnung, Abos, Handy, Fernsehen)
    • Kannst du regelmäßige Einnahmen mit deinem Projekt generieren?
  • Erkundige dich bei deinem Arbeitgeber über Stundenreduktion (Befristung, Vor/Nachteile, Gehalt bei Anpassung)
    • Probiere es (sofern der Arbeitgeber mitmacht) einfach mal 2 – 3 Monate aus.
  • Ein paar Hilfreiche Tipps zum Thema Teilselbständigkeit hat Jana auf Chapter One Mag zusammengefasst.
Janett

Hallo, ich bin Janett, die Gründerin des Blogs Teilzeitreisender.de
Schon immer war ich ein sehr großer Fan von Kurzreisen. Neben einer Teilzeitstelle an der Uni Düsseldorf pflege und hege ich deshalb dieses Projekt - und habe dafür schon das eine oder andere Abenteuer erlebt.

Mehr über mich erfahrt ihr unter der Rubrik Persönliches

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