Wenn wir in Deutschland an Friesland denken, dann kommen uns sofort Orte wie Norden, Cuxhaven oder die ostfriesischen Inseln in den Sinn. Lasst euch sagen – das Wattenmeer macht nicht vor der Grenze halt – auch in den Niederlande gibt es zwischen Land und Meer so einiges zu entdecken.

Ich war ein Wochenende in Dokkum und an der niederländischen Wattenküste und habe mir ein paar besondere Orte angeschaut. Denn: Auch bei eisigen Temperaturen ist die Region eine Reise wert!
Von Dokkum aus habe ich mir einige besondere Orte entlang der niederländischen Wattenküste angeschaut und kann einen Besuch auch im Winter absolut empfehlen! Die kleine Gemeinden in Friesland sind keine Orte für große Attraktionen, sondern für kleine Momente: Wind im Gesicht, eine Vielzahl von Vögeln im Watt und das Gefühl, mitten im UNESCO-Weltnaturerbe zu stehen.
Inhaltsverzeichnis
Holwert
Ich starte meine Reise in Holwert. Fans der Insel Ameland wird dieser Ort sehr bekannt vorkommen, denn hier fährt mehrere Male täglich die Fähre auf die friesische Insel. Holwert selbst hat im Stadtzentrum einige sehenswerte Gebäude, unter anderem eine Windmühle und zahlreiche älteren Kirchen und Gebäude.

Von hier aus lassen sich zahlreiche Wattwanderungen starten und auch entlang vom Deich kann man hier auch bei schlechteren Wetter ein paar Kilometer laufen. Wer – wie ich – nur einen kurzen Abstecher in die Gemeine am Meer machen möchte, dem empfehle ich einen Besuch bei dem Kunstwerk Wachten op Hoog Water (Warten aufs Hochwasser).

Das Kunstwerk ist auf dem Deich erbaut und zeigt zwei Personen (eine weibliche und eine männliche, die in Richtung Meer hinausschauen. Die Skulpturen von Jan Ketelaar sind etwa fünf Meter hoch und daher schon von weitem zu sehen.
2018 wurde die füllige Frau im Rahmen des Landschaftskunstprojekts Sense of Place aufgestellt, 2019 kam die dünne Figur dazu. Das Kunstwerk ist von der Straße in gut 10 Minuten zu erreichen und bietet zudem einen tollen Platz, um Vögel zu beobachten. Deshalb meine Empfehlung: Warm einpacken und ein wenig länger auf dem Deich verweilen!
Blija
Blija (friesisch: Blije) ist eines dieser Orte, die man leicht übersieht – und gerade deshalb lohnt sich ein Besuch. Das Dorf liegt nur wenige Kilometer von der Nordsee entfernt, eingebettet in die weite Landschaft der Salzwiesen. Für diesen Ort habe ich dennoch zwei wirklich coole Tipps für euch!
Kleine Lijn
Wer Nynke Runia in Blija besucht, in einem Wohngebiet, am Ende der Straße, wird kaum glauben, was sich hinter dem Projekt Kleine Lijn versteckt.

Für alle, die nur einmal “schnell” in der Textildruckerei vorbeischauen wollen, sei gesagt: Hier braucht ihr sicherlich länger! Und wahrscheinlich kommt ihr noch einmal wieder. Denn bei Nynke gibt es nicht nur zahlreiche handgefertigte und individuelle Stoff- und Papeterie-Produkte, sondern auch noch die Möglichkeit, Kreativworkshops zu besuchen.

Ich hatte leider nur Zeit für eine Tasse Tee und ein unglaublich nettes Gespräch mit der Inhaberin – aber in Kleine Lijn könnt ihr tolle Kreativworkshops machen. So etwa Siebdruck mit Farben aus der Natur oder Papierherstellung. Sehr schön finde ich auch den Ökodruck auf Papier.

Und ich muss unbedingt noch mal im Sommer nach Blija kommen, denn dann bietet Nynke Runia auch einen wunderschönen Teegarten mit Kuchen und netten Gesprächen über Kunst an.
Terp fan de Takomst
Das Kunstwerk Terp fan de Takomst liegt hinter dem Deich. Ich muss zugeben, mit dem Auto war es ein Abenteuer, hier einen Parkplatz zu finden, weshalb es wohl schon ganz gut war, hier kurz vor Sonnenuntergang anzureisen.

Was ich jedoch nicht bedacht habe: Wir sind im Wattenmeer. Hier gibt es keine Lampen, keine festen Wege und natürlich auch gar nicht so viele Menschen. Tatsächlich bin ich ganz allein – als Frau. Im Halbdunkel. Und in Barfussschuhen. Letzteres ist keine so optimale Fußbegleitung, ersteres machte mir weniger Angst. Denn auf diesem Weg trauen sich wohl nur so verrückte Menschen wie ich. Und ja, ich bin mehrere Male gerutscht. Aber nie gefallen.

Kommen wir zurück zum Kunstwerk – denn der “Hügel der Zukunft” – wie man das Kunstwerk auch nennen könnte – ist ebenfalls ein Projekt der Sense of Places. Seit 2022 kann jeder das Kunstwerk besichtigen, was sich in wenigen Worten gar nicht beschreiben lässt. Das Gemeinschaftsprojekt von Künstlern, Wissenschaftlern und den Bewohnern von Bilja ist vor allem eine Begegnungs- und Inspirationsstätte.
Der Entwurf des vor allem aus Holz und Erde bestehenden Kunstwerk stammt vom Künstlerkollektiv Observatorium und ist auf mehreren Ebenen erlebbar. Das Kunstwerk ragt etwa 5 Meter aus dem Wattenmeer heraus und ist mit seiner Breite von 80 Metern auch vom Deich erkennbar.
Es liegt mitten im Wattenmeer – und doch ist es ein Ort der Gemeinschaft. Und der sich veränderten Umwelt. Denn der Blick nach “außen” ändert sich ständig. Die Tour ist je nach Parkplatz etwa 1,5 -2 km pro Strecke lang. Solltet ihr wie ich spät am Abend starten, nehmt zur Sicherheit eine Taschenlampe mit und packt euch gut ein!
Ferwert & Hegebeinturm
Nur etwa zwei Kilometer neben Blija liegt die Gemeinde Ferwert. Ich war hier spät am Abend – und doch hatte dieser Ort eine ganz besondere Magie, die ihr nicht verpassen solltet.
Ganz in der nähe vom Vrijhofplatz – im Ortskern von Ferwert – stelle ich mein Auto ab. Es ist recht dunkel und doch erkene ich sofort die Schönheit dieses Ortes. Ursprünglich gehörte er zur Ferwerter Kirche und war nicht nur deren Vorplatz, sondern auch Treffpunkt für allerlei Veranstaltungen, die mit dem Glauben wenig zu tun hatten.

Heute ist der Platz an drei Seiten von denkmalgeschützten Gebäuden eingerahmt. Links erkennt man das alte Pfarrhaus, während rechts einst die Residenz der Priester stand – das Praebendariushuis. Auf der Mitte des Platzes steht das At ‘t nedich is Denkmal, was an den Wiederstand der Bevölkerung im zweiten Weltkrieg erinnern soll.
Spannend wird es, wenn man sich die Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte vor Augen führt: Im 18. Jahrhundert verwandelte sich das Pfarrhaus in das Rathaus von Ferwerderadeel und diente gleichzeitig als Gerichtsgebäude. Kein Wunder also, dass hier auch angesehene Bürger wie der Chirurg oder der Notar lebten.

Ich laufe durch einen schmalen Gang direkt zur St. Martinuskirche. Diese ist Nachts stimmungsvoll beleuchtet und mit einer einigermaßen guten Kamera ein wirklich cooles Fotomotiv.
Hegebeintum
Entlang der friesischen Wattenmeerküste begegnet man einer Landschaft, die zu den ältesten Kulturlandschaften Europas zählt. Schon ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. siedelten sich hier Menschen an – und zwar in den höher gelegenen Teilen der Salzwiesen. Um ihre Häuser und ihren Besitz vor dem Meerwasser zu schützen, schütteten sie das Land zu künstlichen Hügeln auf, die man bis heute als Terpen (Warft) kennt.
Etwa um das Jahr 1000 begannen Bauern dann mit dem Bau von Deichen, und im Hochmittelalter wurden die weiten Salzwiesen nach und nach trockengelegt. Die Terpen blieben lange erhalten, bis man Mitte des 19. Jahrhunderts begann, sie abzutragen. Der fruchtbaren Boden diente später als Dünger.

Ganze Hügel verschwanden so – es sei denn, eine Kirche stand darauf und schützte sie vor dem Abtragen. Das beste Beispiel dafür ist die Hegebeintum-Warft. Ursprünglich war sie rund 9,5 Hektar groß, heute ist nur noch ein steiler, markanter Abschnitt übrig – dort steht eine Kapelle, den ein Friedhof umgibt.

Auf dem Weg nach “oben” verfolge ich die Geschichte der Familie van Nijsten, die in der Gemeinde gewohnt haben. Jetzt in der Nacht ist die Kirche nicht mehr geöffnet und auch das Infocenter war geschlossen. Aber auch hier war der Weg zur höchsten Warft der Niederlande war es recht stimmungsvoll. Erschreckt euch nur nicht zu sehr auf dem Friedhof – der war an einer Stelle richtig gruselig!

Am Ortseingang von Hegebeinturm solltet ihr auch einen Blick auf ein ganz besonderes Ortschild werfen. Die Kunstwerke von Hans Jouta gibt es in Ferwert insgesamt 6 Mal – alle in Form eines Kirchenfensters mit unterschiedlichen Motiven.
Marrum
Marrum wurde schon im 9. Jahrhundert durch einen Fuldaer Mönch als „Mereheim/Merheim“ erwähnt. Die Gemeinde liegt ebenfalls am Wattenmeer – hat aber auch abseits der Küste das eine oder andere spannende Erlebnis zu bieten.
De Pannekoektrain (Pfannkuchenzug)
Als ich bei meiner Planung feststellte, das es in Marrum ein Restaurant in einem Zug gibt, musste ich dies auf meinen Tagesplan natürlich mit aufnehmen. Das ganze ist schon ziemlich verrückt, denn schon seit über 30 Jahren fährt in diesem Teil von Friesland kein Zug mehr.

Der Pannekoektrain steht am ehemaligen Bahnhof Marrum- W.Nijkerk – nur wenige Meter von der Hauptstraße entfernt. Hier fährt zwar kein Zug mehr – aber seit 2015 befindet sich auf dem kurzen Gleisabschnitt vor dem Bahnhof eine alte Humboldt-Dampflokomotive aus dem Jahr 1914 mit mittlerweile drei liebevoll restaurierten Coupé-Wagen aus den 1920ern. Hier wird Pfannkuchenessen zum Erlebnis.
Denn nicht nur der Zug bietet euch eine Zeitreise, denn hier wird ein Abendessen zum Erlebnis. Am Eingang bekommt ihr ein Ticket für eure Reise mit dem Pannekoektrain, ihr nehmt auf schmalen Holzplätzen in fast musealen Ambiente Platz und die Schaffner aka Kellner bringen euch den Fahrplan (der anstatt Reisezeiten etwas über die verschiedenen Pfannkuchen erzählt). Wer am Ende Lust hat, selbst einen Pfannkuchen zu backen – im Bahnhof gibt es einen kleinen Shop – natürlich auch mit Souvenirs.

Wer nach den wirklich leckeren Pfannkuchen nicht mehr weiterfahren will, dem empfehle ich eine Nacht im Bed and Breakfast Station Marrum-Westernijkerk – in dem ihr in einem von 6 coolen umgebauten Bolunderbus-Waggons aus Deutschland aus dem Jahr 1913 übernachten könnt.

Mir wurde gesagt – das dies vor allem für die Ameland-Gäste immer ein beliebter Stopp ist, weshalb ihr früh buchen solltet! Ich merke mir die Unterkunft definitiv vor – ich liebe besondere Zugübernachtungen!
Abendessen und Führung im Pfannkuchenzug – ein einzigartiges Bahnerlebnis
De Heining
Auf dem Weg zum Kwelderzentrum Noarderleech entdecke ich ganz am Rand von Marrum noch ein ganz besonderes Bauwerk mit dem Namen de Heining. Das Pumpwerk ist schon von weiten zu sehen und ich muss zugeben – ich war neugierig.

Also habe ich davor angehalten und mir das ganze einmal näher angeschaut. Während andere Pumpen neben dem Deich errichtet wurde, ist diese Pumpe direkt in den Deich integriert. Von hier aus werden 252 m³ Wasser pro Minute in die Waddenzee geleitet.
Dafür wurde auch extra ein Entwässerungskanal errichtet, den Wanderfische wie zum Beispiel Glasaale nutzen können, um zum Werk und über dieses ins Meer zu schwimmen. 2018 war dies die größte fischfreundliche Schraubenpumpe der Niederlande. Und das ganze ist von außen gut einsehbar. Wer sich für Technik interessiert – haltet hier ruhig mal an. Übrigens: Von oben habt ihr einen tollen Blick über den Deich!
Hallum
Auch Hallum ist eine kleine Gemeinde in Friesland, von der ich das Stadtzentrum so gar nicht gesehen habe. Es gibt im Zentrum ein paar nette Kanäle und eine schöne Kirche, mich jedoch hat es in Richtung Meer gezogen – genauer gesagt zum Kwelderzentrum Noarderleech. Kwelder bedeutet Salzsumpf – aber ist das nicht auch Watt?
Kwelderzentrum Noarderleech
Als ich am Kwelderzentrum Noarderleech ankam, war ich maximal verunsichert. Kein weiteres Fahrzeug weit und breit. Und das, obwohl mir Mr. Google und auch die Homepage hoch und heilig versprochen hatten, das es hier ein geöffnetes Museum gibt.

Ein Versuch ist es wert – also ging ich zur Tür des Museums. Und wisst ihr was? Selbige öffnete sich. Das Museum wird durch Kameras überwacht und ist ohne Mitarbeiter. Der Eintritt ist frei – der Besuch lohnt sich aber umso mehr. Hier erfahrt ihr unglaublich viel zum Wattenmeer, zu den Salzwiesen, zur Flora und Fauna und auch zur Geschichte der Region.

Denn: Hier wurden im zweiten Weltkrieg auch “Verteidungsanlagen” gebaut. Ein alter deutscher Bunker dient heute einem guten Zweck, hier befindet sich eine Aussichtsplattform. Im Museum könnt ihr hierzu mehr erfahren.
Wanderung durch die Salzwiesen
Solltet ihr wie ich das Glück haben, bei so schönem Wetter am Kwelderzentrums Noarderleech zu sein, lohnt sich definitiv auch eine kleine Wanderung durch die Salzwiesen. Bis zum Bunker gibt es auch eine gut begehbare Straße, die auch in Straßenschuhen gut machbar ist.

Der Weg führt euch vorbei an zahlreichen Wasserwegen, an Wiesen und an großen Vogelansammlungen. Hier lebt das Wattenmeer. Meine Empfehlung: Im Museum gut aufpassen – hier lässt sich die eine oder andere Tierart mit etwas Vorwissen gut wieder zu erkennen.

Wer etwas mehr Zeit für das Wattenmeer hat, der kann einen Rundgang anstreben, der euch ein Stück über den Deich führt. Der ist jedoch vor allem nach Regentagen sehr weich.

Ein toller Ort zum Rasten und Beobachten ist der Bunker mitten in den Salzwiesen. Hier gibt es eine tolle Plattform mit einer Bank und einem Infotisch auf dem Dach des Bunkers.

Hinein konnte man nicht – aber bei so einem schönen Wetter hätte ich dazu auch keine Lust gehabt. Ich bin den gleichen Weg wieder zurück gelaufen. Mein Tipp: Achtet hier dann vor allem auch einmal auf die Pflanzen an den Wegen!
Hallum ist mein letzter Stop – bevor es für mich wieder in Richtung Heimat geht – von hier aus seit ihr in etwa 20 Minuten in Leeuwarden.
Offenlegung: Wir wurden von Visit Dokkum und Frysland eingeladen, an einem Wochenende die Stadt zu erleben.










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