Zuckerwürfel in Wiesbaden begeistert Kunstfans

Zuckerwürfel in Wiesbaden begeistert Kunstfans

Museum Reinhard Ernst besticht durch Architektur

Zuckerwürfel in Wiesbaden begeistert Kunstfans

Eleganter Kubus für 80 Millionen Euro

Ein Unternehmer hat sich in Wiesbaden in bester Lage ein Denkmal gesetzt mit einem Museum, das seinen Namen trägt: Reinhard Ernst. Der Bau des weißen, eleganten Kubus des japanischen Architekten und Prizker-Preisträgers Fumihiko Maki hat rund 80 Millionen Euro gekostet. Es ist ein echter Hingucker. Einen Spitznamen gibt es für den markanten Bau auch schon: Zuckerwürfel.

Zuckerwürfel in Wiesbaden begeistert Kunstfans
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Ein Zuckerwürfel für Wiesbaden

Groß war der Medienrummel zur Eröffnungsgala am 17. Juni 2024, bei der dem 78jährigen Kunstmäzen und seiner Frau Sonja das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse vom Hessischen Ministerpräsident Boris Rhein verliehen wurde. Wer ein Haar in der Suppe finden möchte, wird natürlich auch fündig: Ausgestellt werden in dem Museum nur Werke aus der üppigen Privatsammlung des Speditionskaufmanns, der sein Vermögen in Limburg mit zwei Maschinenbaubetrieben für Präzisionsantriebe aufgebaut hat.

Sammler Reinhard Ernst mag es groß

Seine Sammlung umfasst etwa 2.000 Werke, darunter 40 Großformate mit mehr als vier Meter Breite und über drei Meter Höhe und Schätzungen zufolge mehr als 150 Millionen Euro wert ist. Gesteigert wird dieser Wert, indem die Kunst zu sehen ist. Es ist damit eine Win-Win-Situation: Ernst steigert den Wert seiner Kunstwerke, Kulturfans wird abstrakte Kunst nach 1945 bis heute – vor allem aus Deutschland, Japan und den USA, zugänglich gemacht.

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Kulturelle Bereicherung für Wiesbaden

Doch wer sich am Haar in der Suppe stört, muss auch das hören: Weder der Bau noch der laufende Unterhalt des Museums kostet den Steuerzahler einen Cent. Die gemeinnützige Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung trägt das neu gebaute Museum komplett – und hält die Sammlung zusammen.

Zuckerwürfel in Wiesbaden begeistert Kunstfans
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Eintritt frei für Kinder und Jugendliche

Für Kinder und Jugendliche ist der Eintritt grundsätzlich frei, und bis 12 Uhr haben Schüler das gesamte Museum für sich. Kunstmäzen Ernst will damit schon Kinder an abstrakte Kunst heranführen und ihre Kreativität stimulieren: „Als Unternehmer weiß ich, wie wichtig es ist, kreative Mitarbeiter zu haben. Ich möchte, dass man die Kreativität von Kindern weckt, und sie die dann letzten Endes später nutzen. Deutschland ohne Kreativität ist tot.“

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International bedeutende Sammlung

In einem Interview schildert der Unternehmer, der seit 20 Jahren mit seiner Frau in Wiesbaden lebt, wie er zum Sammler wurde. Anfang der 1980er-Jahre hat er zwei Bilder von Karl Otto Götz und Hubert Berke gekauft für 240 Mark und 120 Mark. Rasch kommen weitere Werke dazu; bei Geschäftsreisen in Deutschland, Japan und in Amerika kauft er ausschließlich abstrakte Kunst nach 1945 von Helen Frankenthaler, Josef Albers, Wolfgang Tillmans, Katharina Grosse und Thomas Schütte, Günther Uecker, Robert Motherwell, Tony Cragg, Sam Francis, Friedel Dzubas, Toshimitsu Imai, Judit Reigl, Tōkō Shinoda, Pierre Soulages und Fred Thieler.

Gutes Auge für Kunst

Ernst beweist ein gutes Auge. In rund 40 Jahren kommt eine Sammlung von Rang zusammen. Sämtliche wichtigen, nicht gegenständlichen Künstlerbewegungen der USA, Deutschlands und Japans sind darin vertreten, schreibt der Bonner Kunstgeschichtsprofessor Ernst Zuschlag in einem Gutachten für die Stadt Wiesbaden im Jahr 2017, als es darum geht, ob das Museum in der hessischen Landeshauptstadt gebaut wird.

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Er kenne weltweit keine andere Sammlung oder ein Museum, das dies zu leisten vermag, so Ernst Zuschlag weiter.

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Beeinduckende Architektur

Die Kunstwerke werden in dem Museum perfekt präsentiert. Die Oberlichter über dem Foyer sind so modelliert, dass man von unten keine technischen Einbauten mehr sieht, die Fensterachsen sind exakt auf die Fluchtlinien der Häuser gegenüber ausgerichtet. Beim Gang durch die hellen, großzügigen, hohen Räume ohne Pfeiler auf Eichendielen irritiert vor allem die Ruhe. Die Besucher hören keinen Hall, denn die Wände wurden mit einem schalldämmenden Akustikputz versehen. Hinter den Räumen steckt eine aufwändige Stahlkonstruktion, die weite Auskragungen ermöglicht.

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Architekt Maki hat das Raumprogramm in vier Quadern sortiert, die um einen 19 Meter hohen Lichthof mit einer Stahlskulptur von Eduardo Chillida liegen. Der Rundgang führt die auf allen drei Ebenen immer wieder an Lichthof und Foyer vorbei, sodass Orientierungspunkte entstehen.

Hommage an Architekt Fumihiko Maki

Der heimliche Star des Museums ist das Gebäude, das unverkennbar die strenge und klare Handschrift von Fumihiko Maki trägt, der zwei Wochen vor der Eröffnung im Alter von 95 Jahren starb und dem im Museum ein Ausstellungsraum gewidmet ist. In dem sind bis Februar 2025 Modelle seiner architektonischen Bauwerke ausgestellt, darunter das Aga Khan Museum in Toronto und das Japanese Sword Museum in Tokio. Es sind wie das Museum in Wiesbaden Gebäude mit einem klaren, schlichten Ausdruck. Doch dahinter stecken stets komplexe Überlegungen und Konstruktionen.

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So komplex ist der Kauf der Kunstwerke offensichtlich nicht. Ernst sagt, er hat einfach gekauft, was ihm gefällt. Mit Kunst ist es damit offensichtlich so, wie der amerikanische Maler und Bildhauer Frank Stelle, von dem drei Metallreliefs ausgestellt sind, gesagt hat: „Du siehst, was du siehst.“

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Das gilt vor allem für abstrakte Kunst. Reinhard Ernst hat nicht nur sich ein Geschenk gemacht mit diesem Museum, sondern auch allen Fans abstrakter Kunst.

Gut zu wissen!

Adresse: Museum Reinhard Ernst, Wilhelmstraße 1, 65185 Wiesbaden

Mehr Infos: museum-re.de

Öffnungszeiten: Di-So 12:00-18:00 Uhr, Mi 12:00-21:00 Uhr , Montags geschlossen

Eintritt: Regulär 14 € für Erwachsene

Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Kostenfreier Nachmittag für alle von 15:00 bis 18:00 Uhr am letzten Dienstag des Monats

Thomas Rentschler

Ausflugstipp für Rheinhessen. Seit rund 20 Jahren bin ich Wahlmainzer nach mehr als 20 Umzügen im In- und Ausland (Schweiz, Südkorea, Spanien). An meiner Wahlheimat gefällt mir, wie entspannt und gelassen die Menschen (in der Regel) sind. Liegt es am Wein? Dem hohen Freizeitwert in der Region? Vermutlich beides.

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