Nach 5 Minuten merkte ich, das etwas nicht stimmte. Irgendwie kamen mir die Häuser bekannt vor, an denen ich gerade vorbeifuhr. So langsam dämmerte es meinem müden Hirn – ich war im Kreis gefahren. Immer noch war ich in Weißenfels. In 10 Minuten wollte ich eigentlich pünktlich zum Sonnenaufgang am Sonnenobservatorium Goseck sein.
Inhaltsverzeichnis
Goseck? Wo liegt das denn?
Ganz ehrlich? Das waren meine ersten Gedanken, als mir das Prospekt im Hotel am Güldenen Berge das Sonnenobservatorium als Ausflugsziel anpries. Ein kurzer Blick auf Google verriet mir dann, das ich von Weißenfels rund 16 Minuten unterwegs bin. Und dass dieses Sonnenobservatorium rund um die Uhr frei zugänglich ist. Es vergingen keine fünf Minuten, da reifte in mir eine Idee. Ein kurzer Check der Wetterapp und eine kleine Planänderung – schon war der Wecker auf 04:25 gestellt.
Sonnenaufgang an solch einem besonderen Ort?
Einen Sonnenaufgang am Sonnenobservatorium in Goseck konnte ich mir nicht entgehen lassen. Damit ihr versteht, was für mich den Reiz eines Besuches ausgemacht hat, sollte ich euch vielleicht kurz erklären, was ein Sonnenobservatorium ist. Warum wurde dieser Ort in Goseck schon vor 7000 Jahren bevölkert? Lohnt es sich an diesem Ort vor allem zur Winter- und Sommersonnenwende mal vorbei zu schauen?
Wie sieht das Sonneobservatorium aus?
Mitten im Feld befindet sich ein kreisrundes Gebilde. Aus Holz (2005 nachgebaut) befindet sich zwei Palisaden aus Baumstämmen (Zäune), die umgeben von einem Ringgraben sind. Die Ausmaße sind großzügig. Der innere Ring hat einen Durchmesser von 49 Meter, zwischen dem inneren und dem äußeren Palisadenring sind 7 Meter Platz. Hin zum Graben, der das ganze Gebilde umgibt, wächst auf gut 12 Metern das eine oder andere Blümchen.
Es gibt Zugangswege, die in das innere der Kreisgrabenanlage führen. Drei an der Zahl – diese führen nach Norden, Südwesten und Südosten. Auch die Palisaden haben Durchgänge – die zu eben diesen Zugängen führen.
Heute befindet sich in der Mitte des Observatoriums eine Steinplatte. Diese zeigt an in welche Richtung man schaut und beschreibt wo die Sonne auf- und untergeht und wo man die Sommer und Wintersonnenwende beobachten kann.
Warum wurde dieser Ringraben errichtet?
Ganz genau weiß die Forschung nicht, warum vor über 7000 Jahren diese Plätze errichtet wurden. Man vermutet das es sich um zentrale Plätze für Zusammenkünfte und Handel oder um Verteidigungsanlagen oder Tiergehege handeln könnte. Was jedoch recht schnell festgestellt wurde, waren die besonderen Ausrichtungen der Tore hin zur Sommer und Wintersonnenwende. Man vermutet deshalb, das es sich um Kalenderbauten, Beobachtungszentren für Astronomie oder um Sonnentempel handelt, die auch durchaus rituell genutzt wurden. Neben Goseck gibt es noch mehrere dieser Ringgräben in Mitteleuropa, die Anfang der 90er Jahre durch Luftbildarchäologie entdeckt wurden.
Interessant ist auch die Akustik, welche der Person in der Mitte des Kreises stehend ermöglicht, verständlich für alle im inneren Kreis befindlichen Leute in gleicher Lautstärke etwas zu sagen. Wer mehr dazu wissen will kann sich den einmal wöchentlich angebotenen Führungen (meist am Wochenende) anschließen.
Goseck und seine über 7000 Jahre alte Geschichte
Von Goseck selbst habe ich an diesem frühen Morgen nicht allzu viel sehen können. Klar ist nur, das hier schon zu Zeiten der Jungsteinzeit Menschen gesiedelt haben müssen. Damit ist das Sonnenobservatorium von Goseck rund 2000 Jahre älter als das bekannte Stonehenge in England, welches durch seine Steinbauten Aufmerksamkeit erreicht hat. Dank zahlreicher Informationen bei den Ausgrabungen von 2002 bis 2004 konnte dieser besondere Ort rekonstruiert werden.
Der Kraftort Sonnenobservatorium Goseck
Esoteriker behaupten ja auch, das sich im inneren des Sonnenobservatorium ein Kraftort befindet. Und ja, irgendwas besonderes habe ich auch gespürt, als ich an diesem Morgen im Zentrum dieses Ortes gestanden habe. Eine gewisse Ruhe. Etwas Erdung. Und vor allem den Wind, der an diesem doch recht frischen Morgen durch meine Kleidung zog. Die Magie der Sonne tauchte das Holz in ein ganz besonderes Licht. Die Welt, die um mich herum langsam erwachte und diese Erdung führten dazu, das ich länger als nötig hier verweilte. Eine ganz besondere Stimmung!
Sommer und Wintersonnenwende in Goseck
Grundsätzlich lohnt sich auch bei schlechten Wetter oder an ganz normalen „Sonnentagen“ ein Besuch in Goseck. Das Gebilde ist beeindruckend und wirkt gerade in dem warmen Licht bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang einfach magisch. Bei einer Sonnenwende leuchtet die Sonne durch die Tore hinein. Zu besonderen Ereignissen gibt es im Sonnenobservatorium auch immer Veranstaltungen mit Führungen, Aktionen und Himmelsbeobachtungen.
Meine Zeitreise
Meine Müdigkeit war an diesem magischen Morgen schnell vergessen. Es war frisch, es war wunderschön und ich war weit und breit die einzige Person, die unterwegs war. Ein paar Vögel begleiteten mich auf meinem Weg; die Luft war so herrlich klar; gerne hätte ich mir ein paar Wanderstiefel angezogen und von hier die Gegend erforscht. So lief ich um die Palisaden herum – spähte durch die „Tore“ und stellte mich in die Mitte – sang Lieder und begrüßte den wunderschönen Tag. Das Sonnenobservatorium hielt mich gefangen und wird mich wiedersehen – denn das Infocenter am Schloss Goseck hat leider um 5 Uhr morgens noch nicht geöffnet.
Die wichtigsten Hinweise rund um das Sonnenobservatorium in Goseck
- Das Sonnenobservatorium an sich ist rund um die Uhr zugänglich und geöffnet.
- Auf drei Infotafeln vor dem Observatorium erfahrt ihr einiges über die Ausgrabungen und den Ort an sich. Wenn ihr jedoch mehr erfahren wollt fahrt zum Schloss Goseck. Von 11 bis 17 Uhr ist das Infozentrum zur Geschichte des magischen Ortes geöffnet. Es werden auch häufiger Führungen angeboten (Eintritt 2 – 10 Euro), die euch mehr über die Geschichte der Junsteinzeit berichten.
- Magische Zeit zum Fotografieren: Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
- Mehr Infos über das Sonnenobservatorium Goseck
- Ein weiteres besonderes Ausflugsziel in der Nähe ist die Himmelscheibe von Nebra.
- Der Eintritt ins Observatorium ist frei.
- Der Zugang ist eingeschränkt barrierefrei. Die Wege in und um das Observatorium sind mit Kieselsteinen und daher für Rollstuhlfahrer etwas schlechter zu erreichen.
Es empfiehlt sich eine Anreise mit dem Auto. Außerhalb von Goseck befindet sich ein Parkplatz (Burgstrasse 1, Goseck) , auf dem ihr eurer Auto kostenlos abstellen könnt. Der Fußweg (Barrierefrei) beträgt noch rund 5 Minuten bis zum Observatorium).
Eine sehr gute Ausgangsposition habt ihr vom Parkhotel Güldene Berge in Weißenfels. Die Zimmer sind sehr gemütlich und frisch renoviert und das Frühstück empfehlenswert.
- Informationen zum Sonnenobservatorium auf Wikipedia
- Florian hat zur Zeitreise nach Goseck einen wissenschaftlichen Ausflugsartikel verfasst. Spannend!
- Marc verrät euch, ob sich ein Ausflug mit Kindern nach Goseck lohnt
Offenlegung: Das Hotel hat mir die ÜN für zwei Nächte angeboten.
Hallo Ihr Lieben, wir waren heute, 21.12.2020, im Sonnenobservatorium Goseck. Erstmals gegen 14.00 Uhr. Da die Sonne zwar verhangen aber trotzdem sichtbar war und kaum Besucher da waren, habe ich mir überlegt, die eingegrabenen, kreisförmig angeordneten Pfähle vom 21.12. bis zum 21.06. (egal welches Jahr) zu zählen. Ich habe mit dem Aussenring angefangen. Das war verwirrend. Besser war im Innenkreis zu zählen. Ich kam tatsächlich auf 183 Pfähle. Nun, Zufall oder nicht, oder gar gemäss heutigem Verständnis nachgebaut? Schnell kamen wir mit anderen Besuchern (wenig dort, wegen der C-Krankheit) ins Gespräch. Ich sprach mit den jungen Leuten über das Ergebnis meiner „Zählaktion“ und vermittelte, dass wenn 183 Pfähle vorwärts (ich habe nur die Sonnenuntergangsseite untersucht) im Laufe des Jahres rückwärts betrachtet so eben halt die 366/ 365 Tage eines Jahres ergeben würden. Da fragte mich doch der junge Mann, woher konnte man vor 7000 Jahren wissen, das „DAS JAHR“ 365,(25) Tage hat?! Ja, ich gebe zu, dass ich kurz taumelte und nach der Antwort sann. Nun…ich glaubte sie nach kurzem Nachdenken gefunden zu haben. Da es sich um einen besonderen Platz schon damals handelte ist anzunehmen, dass dieser ständig besetzt war. Die Menschen dort hatten also genügend Gelegenheit jeden Abend (sofern die Sonne sichtbar war) einen Holzpflock nach Angabe des „Anweisers“ in der Mitte der Anlage genau an dem Punkt ihres Unterganges zu setzen. Es war eine Frage der Zeit, bis auffiel, dass eine gewisse Anzahl von Pfählen nötig war bis der Sonnenuntergang wieder zurück in die bereits aufgestellten Pfähle fiel. Nach mehreren „Versuchen“ hat man sicherlich festgestellt, dass es genau 183 Mal vorwärts sowie rückwärts der Fall war. Das man dies am Besten mit immer dem gleichen Abstand vom Betrachter im Mittelpunkt tuen musste war schnell klar. So entstand tatsächlich, ohne genaues Wissen der Erbauer, ein Kreis. Es hätte nie Sinn ergeben, die Pfähle in einer Reihe aufzustellen. Natürlich dürften die ersten Entwürfe nicht genau 183 Pfähle enthalten haben. In relativ kurzer Zeit hatten unsere „Ur-Ingenieure“ aber schnell herausgefunden das es eben auf einer „Strecke“ 183 Sonnenuntergänge vorwärts und danach stets wieder rückwärts ging. Irgendwann war klar, dass es 183 Mal der Fall war. Wie sie damals mit einem „Schaltjahr“ umgegangen sind ist nicht bekannt. Es gibt dort auch ein paar Pfähle, die ich nicht deuten konnte? Auch wenn die Anlage nachgebaut wurde ist es durchaus denkbar, dass die 183 Pfähle damals wirklich dort gestanden haben. Ich rede hier übrigens nur von der Sonnenuntergangsseite, die Sonnenaufgangsseite habe ich nicht verglichen. Ob die Menschen vor 7000 Jahren wussten, was „ein Jahr“ bedeutet, oder was ein Kalender mit 365,25 Tagen bedeutet mussten diese nicht unbedingt wissen. Aber es dürfte ihnen nicht schwer gefallen zu sein, an jedem Abend oder jeden Morgen bei Sonnen-auf- oder -untergang im Kreise einen Pfahl zu setzen. Somit bin ich überzeugt, dass die die Nachbildung mit 183 Pfählen richtig ist.
Der junge Mann kratze sich bedenklich am Kopf und stimmte mir zu. Das war ein schöner Tag heute am 21.12.2020 in Goseck. Wir kommen auf jeden Fall wieder. Zu empfehlen , der 1. Mai (es gibt ein Tor dort dafür, warum auch immer) oder an irgendeinen anderen Tag, dann aber bitte bei Sonnenauf- oder untergang die Pfähle zählen! LG
Spannender Beitrag. Ich muss auch noch mal hin und mir dann auch die Ausstellung dazu anschauen.
VG Janett
[…] entdeckt, dessen Besuch ich vor allem bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang empfehle – das Sonnenobservatorium von Gosseck. Ein magischer Ort mit einer 7000 Jahre alten […]