Das Münsterland ist mehr als nur die „Hauptstadt“ Münster. Das Münsterland ist kulinarisch (zum Beispiel in Warendorf), das Münsterland bietet viel Naturerlebnisse und das Münsterland hat auch abseits von schönen Schlössern und Burgen viele unentdeckte Sehenswürdigkeiten. Ich war 2020 für ein verlängertes und doch leicht verregnetes Wochenende im Westen des Münsterlandes unterwegs und verrate euch was wir dort entdeckt haben.
Inhaltsverzeichnis
Schlafen im Zug – Luxus in Stadtlohn
Auch auf die Gefahr hin das diese besondere Unterkunft wohl bis zum Sankt Nimmerleinstag reserviert sein wird – ein paar Nächte im Loko-Motel kann ich Bahnfans nur ans Herz legen. Wirklich original ist an dem umgebauten Waggon vielleicht höchstens noch das Gestell. Dennoch – mehr Luxus in einem Zugabteil geht nicht.
Das Lokomotel ist eine Einzelausführung und bietet jeden Komfort den eine Ferienwohnung braucht. Ein komfortables Bett, eine Küche zur Eigenversorgung, ein großes Bad mit Dusche und einen kleinen Balkon auf dem ihr im grünen Frühstücken könnt. Auch an eine Couch mit Fernseher wurde gedacht – den haben wir aber nicht genutzt.
Für Paare ist dieser Ort ideal – wirklich Rückzugsorte hat man hier jedoch nicht. Wer hier übernachten will sollte sich auch überlegen dies gleich mehrere Tage zu tun – der Preis wird günstiger je länger ihr hier übernachtet. Das Lokomotel befindet sich in einem Gewerbegebiet etwas abseits der Stadt. Hier ist es abends recht ruhig – unter der Woche kann es durch Anlieferungen kurz lauter werden. Das jedoch ist der einzige Punkt an dem ich einen Punkt abziehen würde. Selbst ein Parkplatz ist vorhanden und Gratis Wlan gibt es auch. Mein Tipp: An warmen Tagen unbedingt die Jalousien runter machen – hier wird es schnell recht warm!
Eine Nacht im Lokomotel kostet für bis zu zwei Personen 150 Euro. Bei Buchung von drei Nächten zahlt ihr pro Nacht nur 110 Euro. Ihr müsst euch selbst versorgen – der nächste Bäcker ist gut 1 Kilometer entfernt. Mehr Infos zur Verfügbarkeit und den Belegungsplan findet ihr unter loko-motel.de
Stadtlohn entdecken
Zugegeben – auf den ersten Blick hat Stadtlohn nur übersichtlich viel touristisches zu bieten. Aber habt ihr schon mal was von der Schlacht im Lohner Bruch gehört? Oder wusstet ihr das Sanssouci mitten in Stadtlohn liegt?
Und gut essen könnt ihr dort auch. Ich stell euch vier Dinge vor die ihr über Stadtlohn vielleicht noch nicht wusstet:
Ein Bahnhof ohne Schienen und ein Bahnmuseum
Nur ein paar Meter neben unserer Unterkunft befand sich der alte Stadtlohner Bahnhof. Schon seit 1958 fährt hier jedoch kein Personenzug mehr hin. Auch Güterzüge hat die Stadt das letzte Mal 1988 gesehen.
Seitdem ist Stadtlohn nur mit dem Bus zu erreichen – ein Großteil der Gleise wurde demontiert. Umso erstaunlicher ist es da, dass sich am Bahnhof Stadtlohn ein kleines von einem Verein geführtes Eisenbahnmuseum mit einigen Bahnen der Westfälischen Landeseisenbahn befindet. Wir hatten leider aufgrund Corona Pech das wir nicht ins Museum schauen konnten, doch auch der Außenbereich ist sehenswert.
So befinden sich eine Lokomotive mit Personenwagen, eine Signalausstellung, ein Wasserkran, eine Dampfwalze sowie eine Diesellok dort wo früher die Züge durchrauschten.
Im Museum selbst gibt es viele spannende Einzelstücke, ein erstes Bild könnt ihr euch auf der Homepage des Bahnmuseums machen. Der Eintritt kostet, sofern das Museum geöffnet hat 1 Euro. Führungen sind möglich, sollten jedoch einen Monat vorab angemeldet werden.
Die Schlacht im Lohner Bruch
Annette von Droste Hülshoff lebte und wirkte im Münsterland. Das sie jedoch über die Schlacht im Lohner Bruch geschrieben hat, das war mir nicht bekannt. Eher zufällig fanden wir auf einer Tour rund um Stadtlohn einen Gedenkstein über ihr 1838 veröffentlichtes Epos.
Wer will kann es hier nachlesen. Bisher hatte ich weder vom Gedicht über die Schlacht noch über selbige gelesen. Da ich vermute das ihr (sofern ihr nicht Stadtlohner seid) davon auch nichts wisst – hier ein kurzer geschichtlicher Einblick.
Es war der 06.August 1623. Wir befinden uns mitten im 30jährigen Krieg. Die sumpfigen Felder nordöstlich von Stadtlohn (welches auch schon damals sehr nah an der Grenze zu den Niederlanden liegt) werden an diesem Tag zum Schauplatz eines Kampfes zwischen dem Heer von Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel und Graf von Tilly mit seinen Kämpfern. Als Gewinner aus dieser Schlacht geht Graf von Tilly hervor – und beendet damit den bömisch-pfälzischen Krieg. Knapp 38.500 Personen haben hier gekämpft – am Ende des Ein-Tages-Krieges gab es über 6300 Tote, vor allem aus den Reihen des erst genannten.
Natürlich ist dieses Ereignis in die Stadtgeschichte eingegangen. Im Landhaus Eichenhof gibt es rund um das Thema „Schlacht im Lohner Bruch“ auch ein Museum. Im Landhaus kann man auch gut einkehren und nach einer Wanderung oder am Abend entspannt ein Radler trinken. Wer sich das Museum anschauen will kann sich direkt an das Gasthaus wenden – ein Besuch ist lt. Homepage nur in Gruppen möglich.
In Zusammenhang mit der Schlacht gibt es auch noch die Kriegergedächtniskapelle Almsick. Sie befindet sich dort wo die Kriegshandlung einst stattfand.
Sanssouci mitten in Stadtlohn?
Eher lustig fand ich die folgende Entdeckung die wir bei einem Spaziergang abends auf dem Weg von Stadtlohn zurück zum Lokomotel machten. Mitten in Stadtlohn befindet sich Sanssouci. Glaubt ihr nicht? Hier ist das Beweissfoto!
In Sanssouci gibt es nicht wie in Potsdam prunkvolle Schlossensembles und schöne Gärten (wobei ich jetzt auch nur an der Straße vorbeigelaufen bin). Ich glaube ja eher das der Straßennamen von dem französischen Ursprung inspiriert ist. Sans souci bedeutet übersetzt „ohne Sorge“. Auch das doch so allwissende Internet konnte mir nicht verraten wie die Straße ihren Namen bekommen hat. Aber ich hoffe das ihre Einwohner ohne Sorge hier gut leben.
Stadtlohn als Wallfahrtsort
Stadtlohn ist auch heute noch überwiegend Katholisch. Aber wusstet ihr das die Stadt an der Berkel ein Wallfahrtsort ist? Etwas abseits vom Zentrum der Stadt befindet sich die Hilgenbergkapelle „Unserer Lieben Frau“ auf einer schönen Grünanlage. Hierbei handelt es sich um eine Wallfahrtskapelle. Neben dieser doch recht schlichten Kapelle gibt es im Stadtzentrum noch die St. Otger Kirche .
Genuss aus Stadtlohn
Zugegeben – Eigenversorgung liegt uns vor allem im Kurzurlaub nicht so ganz. So haben wir an 2 von 3 Tagen vor Ort auswärts gegessen. Jedes Mal war das Essen richtig lecker – weshalb wir an dieser Stelle nicht versäumen wollen euch diese beiden Restaurants zu empfehlen. Am Ersten Abend waren wir im Gasthaus Schlüter und haben dort in urigem Ambiente klassisch deutsche Kost probiert.
Den zweiten Abend haben wir bei Regen einen Spaziergang zum „Auszeit Stadtlohn“ gemacht und dort bei guten Cocktails und richtig gutem Essen einen sehr schönen Abend verbracht. Falls ihr noch weitere Empfehlungen habt – schreibt sie in die Kommentare!
Grenzgänge auf den Spuren der Flamingos
Das es Wildpferde im Münsterland gibt sollte schon so einigen bekannt sein. Darauf werde ich gleich auch noch mal im Abschnitt über die Pferde eingehen. Das im westlichen Münsterland auch freilebende Flamingos zu beobachten sind ist eigentlich erst seit Corona so wirklich bekannt geworden.
Im April und Mai brüten hier bis zu 50 Flamingos – ein besonderes Naturschauspiel. Wir waren Anfang Juni dort und hatten das Glück auch noch einige wenige Exemplare zu entdecken. Ihr müsst jedoch auch ein wenig Glück haben, denn manchmal sind die Flamingos unterwegs in Richtung Holland, wo sie ab und an einen Abstecher in einen anderen Park machen.
Vogelbeobachtungen sind im Zwillbrocker Venn jedoch auch ohne die Flamingos möglich. Hier gibt es auch die größte Anzahl von in Binnengewässern lebenden Lachmöwen in Deutschland (wenn ihr also ausgelacht werdet – es ist nicht böse gemeint :D) – die nicht nur im Frühsommer hier zu sehen sind.
Und auch die Wanderstrecke rund um den Venn ist wirklich ein Highlight. Hier wird man nicht nur höflich gegrüßt sondern die Tour führt mitten durch die Natur und auch ein Stück auf der niederländisch – deutschen Grenze. Besonders achten solltet ihr auf die sogenannten Grenzsteine.
Hier im Zwillbrocker Venn führte ein Schmugglerpfad entlang und einen davon kann man über 18 Kilometer folgen. Ich für meinen Teil finde es immer lustig an so Grenzsteinen zu stehen und somit zwischen zwei Welten zu wandeln. Wenn das Wetter übrigens nicht so gut ist (oder auch wenn ihr euch mehr über das Zwillbrocker Venn informieren wollt) kann ich euch die Biologische Station Zwillbrock empfehlen.
Auf der Homepage der Station erfahrt ihr auch wie viele Flamingos aktuell vor Ort sein könnten. Gegenüber von der Biologischen Station gibt es übrigens auch noch eine sehr schöne und erhaltene Barockkirche aus dem Jahre 1720. Sie war einst Teil eines Klosters und ist noch hervorragend erhalten.
Wer durch die Wälder vom Zwillbrocker Venn wandert muss sich also nicht wundern wenn plötzlich ein Kreuz mit Augen, eine Statue vom heiligen Franz von Assisi oder die Barockkirche (St. Franziskus) erscheint. Ich finde das ergänzt sich ganz wunderbar.
Das westliche Münsterland von oben bestaunen!
Am Tag unserer Heimkehr wollten wir noch schauen was es in der Nähe von Stadtlohn noch so alles zu sehen gibt. Gefunden haben wir eine Aussichtsplattform auf einem Sendemast in Groß Reken. Ich wollte es erst nicht glauben: ein frei zugänglicher Sendemast? Trotz Dauerregen entschlossen wir uns zu einem Abstecher in die Gemeinde in der Nähe von Borken. Wir parkten in einem Wohngebiet, schnappten den Schirm und hofften vom herannahenden Gewitter nicht erwischt zu werden.
Dementsprechend war ich auch etwas nervös als wir den Klingelknopf am Sendemast drückten. Die Tur summte und öffnete sich und wir stiegen 168 Stufen knapp 30 Meter hinauf. Da ich etwas Respekt vor Höhe habe, musste ich ziemlich kämpfen und hörte mich oben eher wie eine Dampflok an.
Der Blick war wirklich toll. Erst (zwischendrin) auf die Baumwipfel und später dann ein Weitblick (trotz Regen) auf das gesamte Umland. Die Meter nach oben haben sich gelohnt.
Wer übrigens im Anschluss noch ein wenig Zeit hat – es gibt gleich nebenan einen Walderlebnispfad. Wir sind eine kleine Runde gelaufen und haben auf diesem kurzen Stück schon einige spannende Sachen entdeckt, die vor allem für Familien toll sind.
Ein Waldtier Memory oder einen Wald-TV zum Beispiel. Auch ein Waldfittnesstudio und einige andere Sachen gibt es vor Ort. Wir wollten noch bei einem Schloss und einer Windmühle vorbei – weshalb wir uns nur ein paar Stops angeschaut haben.
Die Windmühle von Reken
Auf unserem Weg zum Schloss kamen wir dann auch durch die Gemeinde Groß-Reken. Und wie es der Zufall so wollte fuhren wir auch mitten durch die Stadt. Und was entdeckte ich da? Auf einer Anhöhe gab es eine wunderschöne Windmühle. Ein paar Worte der Überredungskunst und schon fuhren wir den Weg hinauf zur Windmühle.
Nur um dort festzustellen das sie leider an besagtem Tag geschlossen hat. In der Mühle ist es möglich zu heiraten und auch ein kleines Museum lässt sich bestaunen. Sei es drum – die Windmühle steht definitiv auf meiner Münsterland – To Do Liste fürs nächste mal. Weiss einer von euch ob es auch eine Windmühle gibt in der man übernachten kann? Das wär noch ein Traum!
Ein Abstecher zum Wasserschloss Lembeck
Wenn ich schon im Münsterland unterwegs bin möchte ich auch ein Schloss sehen. Mein Wunsch weckte bei meinem Freund keine große Begeisterung und doch fuhren wir das Wasserschloss Lembeck an, welches quasi auf unserem Nachhauseweg lag. Es ist möglich das Schloss und auch die wunderschöne Gartenanlage (Für Fans von Rhododendron ein Muss!) gegen Eintrittsgeld zu besuchen.
Im Preis enthalten ist auch der Besuch der zwei Museen – die sich im Haupthaus befinden. Die haben wir uns aber gespart – wir waren neugierig auf den wirklich schönen Schlossgarten. Fotografieren ist nur bedingt erlaubt – aber dafür könnt ihr umso mehr genießen. Ein Spaziergang im und um das Wasserschloss lohnt sich! Wer im Münsterland Schlösser sucht dem sei der Artikel von Mathias empfohlen.
Für uns heisst es: Ab nach Hause. Bis zum nächsten Mal – Münsterland?
Das Münsterland – ein Mekka für Pferdeliebhaber
Zum Abschluss kommen wir noch zu einem Thema was ich persönlich immer mit dem Münsterland verbinde. Das Münsterland ist das Mekka für Pferdeliebhaber. Während in Warendorf Pferde gezüchtet werden und auch Turnierpferde entdeckt werden können haben die stattlichen Tiere in Dülmen etwas mehr Freiheiten. Die Wildpferde dort hätte ich gerne gesehen – aber irgendwie haben wir uns im westlichen Münsterland etwas verfahren und hatten so leider kein Glück die wilden Tiere in freier Wildbahn zu entdecken. Der Bericht von Tanja, die vor ein paar Jahren die Dülmener Wildpferde gesehen hat – macht mir auf jeden Fall Lust es noch mal versuchen.
Ein Exemplar hab ich dann jedoch noch im Wildpark Dülmen entdeckt. Der Park ist wunderschön und bietet neben breit angelegten Wanderwegen auch die Möglichkeit, Rehe ohne störende Zäune zu beobachten. Unsere knapp 7 Kilometer lange Tour mit einigen Eindrücken findet ihr aktuell auf Komoot.
Ich war vor allem überrascht wie gut sich die Menschen hier im Park verteilt haben und wie entspannt einige zwischen den Tieren ihr Picknick genossen haben. Kommen wir aber zurück zu den Pferden. Auch in Stadtlohn gibt es einen Reitstall und Ausläufe. Ein Foto aus Stadtlohn mit Pferden möchte ich euch nicht vorenthalten:
Keine Offenlegung, Selbst bezahlte Reise.
Vielen Dank für den Bericht über deine Reise ins Münsterland! Die Ferienwohnung in der Lokomotive ist mal wirklich etwas ausgefallenes. Ich möchte im Sommer auch mal ins Münsterland und habe jetzt große Neugier auf die Region.
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