Ostrava oder zu Deutsch Ostrau liegt im äußersten Osten Tschechiens und ist den meisten Reisenden sicher eher weniger bekannt. Und das, obwohl Ostrava mit seinen fast 300.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes ist.
Das Schwarze Ostrava
Dies liegt vor allem in der Geschichte der Stadt begründet, die vor allem vom Kohleabbau lebte. Daher bekam die Stadt in der Tschechischen Bevölkerung den Namen „schwarzes Ostrava“. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und der anschließende wirtschaftliche- und sektorale Wandel sollte aber auch für einstige Industriezentrum Tschechiens nicht ohne Folgen bleiben. Viele der Gruben wurden bis Ende der 1990er Jahre geschlossen, andere konnten sich durch Privatisierungen noch länger halten, verloren aber immer mehr an Bedeutung.
Die Folge war eine hohe Arbeitslosigkeit und eine Region die Gefahr lief, ihre Identität zu verlieren. Wer jetzt an das Ruhrgebiet erinnert wird, liegt dabei gar nicht so falsch und die Parallelen sind kaum von der Hand zu weisen. Warum lohnt sich trotz oder gerade wegen der Geschichte der Stadt ein Besuch in Ostrava? Das kann man gut bei einem Wochenendtrip nach Ostrava entdecken.
Eine Kanutour auf der Ostravice
Unser erster Tag begann mit einem kurzen Wanderausflug und einer Kanutour auf den Ostravice, einem Nebenfluss der Oder. Unterwegs zeigte sich bereits ein gänzlich neues Bild der Stadt, die nicht mehr (nur) Industriezentrum sein will, sondern sich auch als eine Sport- und Kulturstadt versteht. Am Ufer des Flusses wurden kleine Sandstrände angelegt, die im Zuge der vorstehenden Olympischen Spiele zum Verweilen einladen und eine Hommage an die Copacabana darstellen sollen.
Aber nicht nur hier sieht man die Neuorientierung der Stadt. Überall in der Stadt findet man kleinere Sportplätze, direkt auf dem Marktplatz befindet sich ein Beachvolleyballfeld, die Radwege sind überdurchschnittlich gut ausgebaut und als neues Wahrzeichen der Stadt dient der Bolt-Tower, benannt nach dem Sprintstar Usain Bolt, der immer wieder an Wettkämpfen in Ostrava teilnimmt und bei der Eröffnung des beeindruckenden Bauwerks zugegen war.
Der Tower – ein ganz besonderes Wahrzeichen der Stadt
Der „Tower“ ist ein Cafe mit Außengelände und das Highlight der ehemaligen Kohlefabrik. Die Einwohner sind sehr stolz auf dieses moderne Gebäude. Mit recht! Allein die Fahrt in einem langsamen Lastenaufzug und der anschließende Aufstieg durch das Industriegebäude lohnen sich. Von oben gibt es dann einen tollen Blick über die Stadt und das Industriegelände „Dolní oblast Vítkovice“. Wem der Blick nicht reicht, kann im Bolt-Café leckere Kuchen und Getränke zu sich nehmen.
Zu dem Industriegelände gehört außerdem das „World of Technic“ Museum. Das Museum begeistert durch eine sehr interaktive Ausstellung, in der man viel entdecken und ausprobieren kann. Und obwohl der Name zunächst suggeriert, dass es hier vorwiegend um Technik geht, werden auf verschiedenen Etagen alle Naturwissenschaften aufgegriffen.
Das Gelände selbst ist übrigens auch Gastgeber des Musikfestivals, es lohnt sich allerdings allein wegen der unglaublichen Atmosphäre des Towers und des Museums ein Besuch noch vor dem Festival.
Modern oder Klassisch – hier könnt ihr in Ostrava gut essen und feiern
Ist man dann nach einem langen Tag in der „schwarzen Stadt“ hungrig, bietet Ostrava für jeden Geldbeutel und jeden Geschmack das richtige. Vor allem zu empfehlen sind hier das HogoFogo und das Scansen. Das HogoFogo ist eher ein kleines aber sehr gemütliches Bistro, in dem man sehr leckere Burger, Nudelgerichte und Dessert bekommt. Gerichte gibt es hier bereits ab umgerechnet 4€. Das Scansen orientiert sich an den lokalen Zutaten und nutzt diese für teilweise recht klassische Gerichte, die aber Geschmacklich auf dem Punkt sind. Neben dem absolut hervorragenden Essen überzeugte das Scansen mit einem sehr guten Service und einer wirklich schönen Atmosphäre.
Eine Hauptspeise gibt es hier ab 15€, was im Anblick der Qualität der Gerichte wirklich günstig ist. Nach unserem Besuch im Scansen war mir und meinen beiden Begleitern klar, dass dieses Restaurant auf einer ToDo-Liste in Ostrava ganz oben stehen muss. Bilder gibt es zwar leider nicht aber ein Blick auf die Homepage lohnt. Das Essen dort sieht wirklich so gut aus wie auf den Bildern und schmeckt noch besser!
Hat man nun wieder Kraft getankt, lohnt sich noch ein kleiner (oder großer) Abstecher in die Stodolní-Straße, in der sich über 60 Bars, Restaurants und Clubs versammeln. Von klassisch bis modern, von leise bis laut findet hier jeder Nachtschwärmer den passenden Laden.
Industriekultur erleben – Ostravas Geschichte
Möchte man am folgenden Tag noch einmal mehr über die Geschichte der Minen in Ostrava erfahren und auch einmal selbst das Leben eines Kumpels nachvollziehen, sollte man sich auf den Weg in das Museum Landek Park und/oder die „Michal“ Kohlemine machen. Der Landek – Park beleuchtet dabei vor allem die Geschichte des Bergbaus und richtet sich vor allem an Familien. In einem kleinen Parcours kann man selbst das Leben „unter Tage“ erleben und in der anliegenden Ausstellung erfährt man mehr über die Entwicklung der Hilfsmittel, die ein Kumpel so braucht.
Die Michal Mine geht einen ganz anderen und für mich spannenderen Weg. Hier findet man eine Miene, die weitestgehend sich selbst überlassen wurde. Alles soll wirken, als ob die Arbeiter das Gelände am letzten Tag verlassen haben und danach niemand mehr etwas verändert hat. Dies führt zu fast schon gespenstischen und sehr beeindruckenden Bildern, in denen riesige Maschinen in Räumen stehen, bei denen die Farbe von den Wänden zu Blättern beginnt. In jeder Ecke fühlt man die Geschichte des Ortes. Das ist für Familien mit Kindern vielleicht nicht der perfekte Ort, da hier wenig „ausprobiert“ werden kann, lohnt sich aber für alle anderen umso mehr.
Der Zoo von Ostrava – Ein Kontrast zur Industrie
Ist man hingegen weniger an Industrie und Technik oder Sport interessiert, bietet der Zoo Ostrava eine tolle Abwechslung. Mit über 4000 Tieren gehört der Zoo zu den größten von Tschechien und wird vor allem auch von Besuchern aus Tschechien und Polen besucht.
Der Zoo ist im Vergleich zu vielen deutschen Zoos sehr weitläufig. Überall finden sich Plätze zum entspannen und abschalten und immer wieder trifft man auf das Thema „Naturschutz“. Der Zoo – so wurde uns erklärt – versteht sich als Lernort, in dem nicht nur die Tiere angeschaut werden sollen. Die Besucher sollen hier auch etwas über die Natur lernen und wie sie dieser helfen können.
Heipark & Natur: Rund um Ostrava
Neben einer Stadttour, dem Besuch einer Brauerei oder dem Wandern in naturbelassenen Wäldern und dem Erkunden der vielen alten kleinen Städte im Umland Ostravas lohnt sich sowohl im Sommer als auch im Winter ein Besuch im Heipark.
Im Winter finden Besucher hier drei künstliche Skipisten, einen Snowpark mit Sprungmöglichkeiten und Hindernissen sowie zwei Kinderbisten und „(Snow)Tubing“ (Schlittenfahren auf einem Gummireifen).
Auch im Sommer steht die Tubingbahn zur Verfügung. Außerdem können Besucher eine Sommerrodelbahn und ein Schwimmbad nutzen. Derzeit wird auch eine Golfanlage angebaut, die aktuell jedoch nur aus einem Loch besteht. Bei unserem Besuch spielte leider das liebe Wetter nicht mit, so dass wir nur die Rodelbahn nutzen konnten. Nach zwei Fahrten waren wir dann jedoch ziemlich durchnässt, so dass ich einen Besuch hier nur bei gutem Wetter empfehlen würde.
Lohnt sich also ein Besuch in Ostrava? JA! Und das ist ein großes und fettes JA. Die Region bietet unglaublich viele Möglichkeiten und befindet sich auf einem tollen Weg. Dies allein sollte belohnt werden. Wenn man dann auch noch ein Festival wie das Colours of Ostrava hat, gibt es eigentlich keinen Grund mehr nicht nach Ostrava zu fahren. Wie das Festival war und warum ihr euch Karten für kommendes Jahr organisieren solltet, dazu erfahrt ihr bald mehr.
- In Ostrava finden häufig Sportwettkämpfe statt, so waren hier schon Jugendweltmeisterschaften im Leichtathletik und der U23 Europacup.
- Jährlich finden die Ostrava die Golden Spike – Leichtatlethik Wettkämpfe statt.
- Ostrava verfügt über ein sehr gut ausgebautes Nahverkehrsnetz. Selbst zu den Festivals kommt ihr mit Bus und Bahn.
- Einen tollen Ausblick über die Stadt hat man auch vom Rathaus aus. Die Auffahrt kostet 50 Kronen.
Offenlegung: Zur Reise wurde ich von czechtourism.com und thinkostrava.cz eingeladen.
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