Wandern in Österreich – Hoch hinaus beim Bergwandern
Als wir unsere Augen öffnen, blicken wir auf die majestätischen Berge rund um Matrei in Osttirol. An den Anblick haben wir uns als Nordrhein-Westfalen noch lange nicht gewöhnt…
Wir haben gerade die zweite Nacht in unserem Hotel hinter uns, nach unserer ersten Wanderung zu den Umbalfällen am Vortag haben wir diesmal noch tiefer geschlafen. Heute steht für uns jedoch eine neue Herausforderung auf dem Programm. Hoch hinaus soll es gehen, wenn wir uns an diesem Tag in das Herz des Nationalparks Hohe Tauern begeben.
Für unsere heutige Wanderung haben wir, Gott sei Dank, fachmännische Unterstützung an unserer Seite. Emanuel Egger ist Ranger im Nationalpark und hat als solcher auch ein Spezialgebiet, wie seine Kollegen. Bei Ihm erfährt man alles, was man rund um Gletscher wissen muss. Daher ist er genau der Richtige, der uns in Richtung des ewigen Eis mitnimmt.
Früh um 08.00 Uhr morgens geht es dann los für uns, der Gletscherlehrweg Innergschlöß ist unsere Wandertour an diesem sonnigen, aber recht frischen Tag in Osttirol. Unsere Wanderung beginnt zunächst gemütlich, denn erstmal müssen wir an den Ausgangspunkt gelangen.
So werden die ersten absolvierten Höhenmeter nicht wirklich kräfteraubend, denn vom Matreier Tauernhaus auf 1.501 Meter Höhe nehmen wir erstmal das Hüttentaxi, was uns vorbei an einem Almdorf, das wie aus einer anderen Zeit für uns wirkt, zu unserem Ausgangspunkt bringt. Am Venedigerhaus ist es dann soweit, ein frischer Wind begleitet uns bei unseren ersten Schritten Richtung Gletscher.
Geh wie eine Kirchturmglocke – Entschleunigung beim Weg nach oben
Emanuel schreitet hier noch zügig voran, es ist angenehm flach und einfach zum Laufen, doch das soll sich bald ändern. Hier scheinen die Uhren jedenfalls noch anders zu ticken, einige Kühe, die hier weiden, nehmen uns nur sehr gelangweilt zur Kenntnis, als wir an ihnen vorüberziehen.
Den flachen Weg haben wir schnell hinter uns gebracht, zu unserer Linken liegt die mächtige Bergwelt, in der Ferne entdecken wir einen Wasserfall, das Gletscherwasser sucht sich hier seinen Weg nach unten. Unser Ranger kennt die Gegend wie seine Westentasche, doch zunächst sind wir doch verwundert, als er den weiteren Weg vorgibt.
„Dort hinauf“ setzt er das Ziel der kommenden Stunden fest und ziemlich ehrfürchtig blicken wir in die Berge. Ein Weg ist an dieser Stelle für uns erstmal gar nicht zu erkennen und plötzlich bekommen wir auch eine Vorstellung davon, was 500 Höhenmeter in der Natur und nicht bloß auf dem Papier wirklich bedeuten…
Doch beim Wandern in den Bergen ist es wie mit allem im Leben, man muss einfach mal anfangen. So nähern wir uns zügig dem Weg, der uns nach oben bringen soll. Hier ändert sich unsere Wanderung schlagartig. Es geht steil nach oben, teilweise sehr steil, über große Stufen und Steine, jeder Schritt muss hier mit Bedacht gewählt werden.
Emanuel kennt die Natur hier, er hat schon unzählige Touren in seiner Heimat absolviert. Wir lernen etwas über die Entstehung des Gletschers hier und seinen Verlauf, aber ebenfalls, dass der menschgemachte Klimawandel auch in dieser wunderschönen Abgeschiedenheit seine Spuren in der Natur hinterlässt. In diesem Moment bleibt jedoch wenig Zeit zum Nachdenken, denn wir müssen uns auf unsere Schritte konzentrieren, teils könnte ein Fehltritt böse enden, zumindest, als wir weiter oben angekommen sind.
Als wir uns vorher fragen, wie viel Höhenmeter wir denn jetzt „schon gemacht haben“, raubt uns Emanuel schnell den Gedanken, dass wir die Wanderung mal eben schnell absolvieren. „Vielleicht knapp 50 Meter“ ist seine Antwort. Doch seine Erfahrung macht sich bemerkbar, denn ohne ihn wären wir wahrscheinlich schon jetzt aus der Puste.
Doch Emanuel geht während des Aufstieges sehr behutsam Schritt für Schritt. Was uns zunächst langsam vorkommt, macht am Ende Sinn, denn wir müssen unsere Kräfte gut einteilen. Es ist für uns schwierig, langsamer zu werden. Trotz unseres Ausfluges am Vortag verfallen wir schnell wieder in unsere Alltagshetze. Aber nicht so beim Aufstieg. Langsam gewöhnen wir uns an die bewussten Schritte, die uns stetig unserem Ziel näherbringen.
Dabei ist die volle Konzentration notwendig, das hat aber als positiven Nebeneffekt, dass man seine Alltagssorgen im Tal lässt. Emanuel zitiert seinen Opa der mal gesagt hat: „Geh wie eine Kirchturmglocke“ – ein Satz, der bei uns auch heute noch nachhallt.
Aufstieg geglückt – Das besondere Gefühl
Die letzte Passage hat es nochmal in sich, auch wenn die Kleinigkeiten auf diesem steilen Weg ganz besonders sind. Die Vegetation, der wir ohne unseren Ranger wohl weniger Aufmerksamkeit geschenkt hätten oder andere Schönheiten des Weges, wie etwa besonders glänzende Steine, sind in dieser doch recht unberührten Natur sehenswert. Man muss dabei ja nicht unbedingt weit in die Tiefe sehen.
So entdecken wir auf unserm Weg sogenanntes Bergkristall, kurz bevor wir die letzten steilen Stufen nehmen. Und dann sind wir plötzlich oben und wir sind einfach nur froh, es geschafft zu haben und ja, auch ein wenig stolz, denn sonst wandern wir meist im Flachen.
Auf ungefähr 2.240 Höhenmetern steht die Zeit plötzlich still, niemand außer uns ist hier. Daher gönnen wir uns zunächst eine kurze Pause, um die Natur auf uns wirken zu lassen. Nicht zu lang, denn besonders warm ist hier oben nicht.
Das Auge Gottes
Wir wandern langsam weiter durch eine Natur, die fast unberührt wirkt. Wäre da nicht der Wanderweg selber, der ein oder andere Wegweiser oder eine Sitzbank, man könnte meinen, wir wäre die ersten hier, das sind wir aber natürlich bei weitem nicht.
Als erstes kommen wir hier hoch oben auf unserem Weg am Salzbodensee vorbei. Es scheint so, als wäre die Farbe des Sees in dieser Höhe nochmal ganz besonders. Der Blick auf das klare Wasser des Bergsees mit dem Großvenediger im Hintergrund ist unbeschreiblich. Es gibt Eindrücke, die lassen sich auch mit Bildern kaum darstellen, so ist es auch hier, für die besondere Stimmung und das Gefühl, hier entlang zu gehen, muss man sich schon selbst auf den Weg machen.
Bei dieser Wanderung sehen wir Zahlreiche der „Dreitausender“ aus der Ferne, zu denen auch der Großvenediger gehört mit seinen 3.666 Höhenmetern. Interessante Randnotiz: In Osttirol gibt es sage und schreibe 266 Berge über 3.000 Meter Höhe, der Großglockner ist als höchster Berg Österreichs (3.798 Meter) auch mit dabei.
Bei unserer Wanderung reicht es aber erstmal aus, am Fuße eines dieser Berge unterwegs zu sein. Am Fuße der weltalten Majestät, wie der Großvenediger auch genannt wird, zeigt uns Emanuel noch eine Besonderheit. Geschichte im Moor könnte man auch dazu sagen, als er uns einen Ast im Wasser zeigt. Wie kommt der hierhin? Bäume wachsen nun wirklich nicht mehr hier – aber vor zig tausend Jahren… Das Moor konserviert hier die Historie des Gebirges und inmitten dieser Berglandschaft fühlt man sich plötzlich ganz klein im Rad der Zeit…
Doch bevor wir uns noch näher ans ewige Eis heranwagen, steht uns ein besonderer Blick bevor. Wir folgen dem Pfad und plötzlich blicken wir in das Auge Gottes.
Des Rätsels Lösung: Beim Auge Gottes handelt es sich um einen Gebirgssee, in dessen Mitte eine kleine grüne Insel liegt. Etwas später im Sommer wirkt diese natürlich stärker, wenn hier deutlich mehr blüht. Auf 2.240 Meter Höhe liegt das Auge am Rande einer Gletschermoräne und strahlt eine besondere Kraft aus.
Innehalten beim Anblick von ewigem Eis
Die Natur ist hier einfach beeindruckend, vor allem für uns, für die solche Höhen absolutes Neuland sind. Wir nähern uns dem Gletscher und merken sofort den Temperaturunterschied, sobald wir uns in Richtung des ewigen Eises bewegen, frischt es merklich auf.
Der Ausblick auf das Gletschervorfeld lässt einen ehrfürchtig innehalten, bis auf den Wind ist kein Geräusch zu vernehmen. So langsam gilt es jedoch, uns an den Abstieg zu begeben.
Dabei kreist ein Steinadler über uns, Emanuel merkt an, dass kein Murmeltier zu hören ist – kein Wunder, denn die gehören in das Beuteschema des Herrschers der Lüfte in dieser Gegend. Dennoch zeigten sich uns die putzigen Genossen schon ganz am Anfang beim Aufstieg und unser Ranger bewies, dass er auch fernab seines Fachgebietes Gletscher die Bewohner seiner Heimat versteht, als er sie mit einem gekonnten Pfiff aus dem Unterschlupf hervorlockte.
Doch für uns heißt es nun erstmal volle Konzentration auf den Abstieg. Wir gehen sehr bedächtig Schritt für Schritt, denn bergab ist die Herausforderung nochmal eine ganz andere, für den Körper sind es ungewohnte Bewegungen und gefühlt brauchen wir dreimal so lang. Das stört uns aber nicht, denn den Zeitdruck haben wir schon früh am Morgen abgelegt. Als wir schließlich wieder im Tal ankommen, blicken wir dankbar zurück Richtung Berg, die Natur hat uns an diesem Tag viel gegeben und uns ermutigt, in der Zukunft noch mehr von der Region Osttirol zu erkunden.
Im Alpengasthof Venedigerhaus gibt es für uns eine verdiente Stärkung, Emanuel hat auch hier den richtigen Tipp parat – Die Osttiroler Kasspatzln – also Käsespätzle, sollte man gegessen haben. Auch damit behält er Recht.
Danach schlendern wir noch gemütlich ein paar Meter und machen Halt an der Felsenkapelle, eine in natürlichen Fels gehauene Kapelle, die den Schlusspunkt einer Wanderung darstellt, die uns atemberaubende Natur gezeigt hat und uns einen Einblick in den Alltag eines Nationalparkrangers in Osttirol gegeben hat. Emanuel hat uns sein Zuhause gezeigt und das ist ein ganz besonderes.
Was ihr wissen solltet!
- Die Wanderung auf dem Gletscherlehrweg wird vom Mitte Juli bis Mitte September vom Nationalpark Hohe Tauern angeboten – Info und Anmeldung unter nationalparkservice.tirol(at) hohetauern.at – Kosten pro Person 15 € bei einer Mindestteilnehmerzahl von 5 Personen bis max. 15 Personen.
- Ausrüstung: Ohne gute Schuhe geht hier gar nichts, zudem sollte man Trekkingstöcke dabeihaben, auch Regen- und Sonnenschutz sollten im Rucksack nicht fehlen, zudem bitte darauf achten, dass es in diesen Höhenlagen auch deutlich frischer sein kann.
- Der Nationalpark Hohe Tauern bietet auch noch viele andere Touren an, sogar Fotografie-Workshops in den Bergen – mehr Infos unter hohetauern.at .
- Der nächstgelegene Flughafen ist Klagenfurt, hierhin fliegt Eurowings oder Austrian Airlines. Vom Flughafen aus sind es mit dem PKW noch rund zwei Stunden nach Matrei, vom nahen Hauptbahnhof (Ein Taxi bis zum HBF kostet ca. 16 Euro) ist man mit der Bahn ebenfalls ungefähr zwei Stunden unterwegs.
- Neben der Alternative einer langen Fahrt mit dem PKW (via München über die E93 bis Kufstein uber den Pass Thurn) bietet sich auch der ICE nach München an, von hier aus geht es dann weiter Richtung Matrei über den Bahnhof Spittal-Millstätter See bis nach Lienz, wo man dann die letzten Meter mit dem PKW oder Bus absolvieren muss. Die Route München-Kitzbühel ist mit der Bahn auch möglich, hier geht es dann weiter mit dem Postbus bis in die Region.
Hotel Outside – familiär geführtes 4*-Hotel in Matrei
- Für weitere Erlebnisse in der Region bietet sich die Osttirol´s Glockner-Dolomiten Card an, damit ist zudem auch eine geführte Rangertour pro Person/Aufenthalt inklusive – weitere Infos bei osttirol.com.
- Bei schlechtem Wetter empfiehlt sich ein Besuch im Nationalparkhaus in Matrei i. Osttirol – hier gibt u.a. eine interaktive Ausstellung Einblicke in die Natur der Region.
Offenlegung: Wir wurden von Best of Wandern im Rahmen der Aktion „Unterwegs zuhause“ und der Region Osttirol zur Reise nach Matrei eingeladen. Bildnachweise/Copyright Bilder: Jens Schneider/teilzeitreisender.de & Sonja Brzuska/sba-fotografie.de
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