Es war 1997. Ich wohnte in einem noch kommunistisch anmutenden Wohnblock mit 40 Mietparteien in einer kleinen ostdeutschen Kleinstadt. Kein schönes Leben – möchte man meinen – aber doch habe ich dort eine wirklich tolle Jugend verbracht. Gemeinsam mit meiner Freundin Steffi haben wir nächtliche Streifzüge durchs Wohngebiet unternommen, haben ahnungslose Kurgäste durch die Stadt geführt und sind samstags Abends immer in die Jet-Disco gegangen. Damals noch befand die sich in einem alten Kino und war für uns „Kleinstädter“ das Highlight der ganzen Woche. In jenem Jahr jedenfalls saß ich das erste Mal am Steuer eines Fahrzeuges.
Meine ersten Fahrerfahrungen – im Trabbi
Ein grauweißer Trabbi – das Auto des damaligen Lebensabschnittsgefährten meiner Mama – und ein großer leerer Parkplatz. Während ich mir vor Angst fast in die Hosen machte – schließlich sollte ich das erste Mal im Leben selbst Auto fahren – bekam ich die ersten Instruktionen. Irgendeinen Hebel ziehen, dann irgendwo drücken und Gas geben, dann stottert der Trabbi schon irgendwie los. Nachdem ich auch nach mehreren Versuchen nicht wirklich in „Gang“ kam, wurde mir diese Arbeit abgenommen, und außer Gas geben und Bremsen musste ich auf unserer Tour nichts weiter machen. Nach knapp zwei Runden um das menschenleere Einkaufszentrum jedenfalls war ich mit den Nerven am Ende und überlegte mir, ob ich das mit dem Führerschein nicht doch lieber lassen sollte.
Von da an dauerte es noch knapp ein Jahr und mehrere Prüfungsanläufe, bis ich endlich meinen „Lappen“ hatte. Und wie der Zufall es so wollte, in einen Trabbant bin ich seit diesem Tag auch nicht mehr eingestiegen.
Mit einem Trabbi nach Nova Huta
Doch dann kam dieser graunebelige Tag in Krakau. Vor mir standen zwei Trabbis – einer in grün, einer in Schwarz und als es hieß, das wir zu viert in eines dieser kleinen Autos einsteigen sollen, schaute ich die anderen verwundert an. Die Frage „Schon ein wenig eng?“ wurde vollkommen ignoriert und so kuschelte ich kurze Zeit später mit dem Marketingchef des Radisson Blu Hotels Krakau auf der Rückbank des grünen Trabbis.
„Eine Reise in den Kommunismus“ wurde uns versprochen. Nur kurze Zeit später fuhren wir aus dem touristischen Stadtkern von Krakau nach Nova Huta. Der Stadtteil war ursprünglich als eigene Stadt geplant, relativ schnell jedoch wurde es zum größten Stadtteil von Krakau. Knapp 250000 Personen leben hier – in größtenteils noch alten im tiefsten Kommunismus erbauten „Wohnblöcken“.
In der Milchbar essen gehen.
Unser erster Stop ist die „Milchbar“. Schon auf der kleinen Allee vor der Bar fällt mir auf, das hier nicht die Elite von Krakau wohnt. Alles wirkt ein wenig „in die Jahre gekommen“ und auch die Menschen laufen hier eher mit leicht gesenkten Haupt durch die Gegend. Ich komme selbst aus einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit und finde schnell Parallelen. Nach dem „Kommunismus“ kam das Tief.
Privatisierung führten viele Personen in die Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit macht auch von Staatsgrenzen nicht halt. Und doch erinnert mich die Einrichtung und auch Speisen und Getränke sehr stark an meine Zeit „vor der Wende“. Einen Erdbeersaft mit eingelegter Erdbeere – mehr Sirup als Wasser – aber für mich auch ein Stück Erinnerung.
Typische regionale Köstlichkeiten wie Gulasch, Piroggi und Bigosz, welches günstig zu kochen und sattmachend sind landen auf unsere kleinen Plastiktisch. selbst gemachter Kartoffelsalat und Sauerkraut – was für Vegetarier ein Graus – war für mich kulinarisch eine Zeitreise.
Selbst das „Restaurant“ wenn man es als solches bezeichnen kann, wurde in den letzten 25 Jahren nicht wirklich verändert. Fliesenwände, eine Theke mit einer alten Kasse, eine kleine Durchreiche für das dreckige Geschirr; würden die modernen Poster nicht an der Tür hängen, wir hätten uns auch in 1988 befinden können.
Wieder quetschen wir uns in den Trabbi. Unser Weg führte uns durch die Straßen von Nova Huta zu einer Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Für mich sind solche Mehrfamilienhäuser jedoch kein Trend des Kommunismus. Schaut man sich Frankfurt oder bestimmte Bezirke von Düsseldorf an, so sieht man auch hier Siedlungen mit 40 Mietparteien pro Haus. Und doch bin ich überrascht als wir durch ein recht modernes Treppenhaus in die Wohnung im ersten Stock eintreten.
Die gute Stube von Nova Huta
Ich lande in einer Art „Museum“. Einer Wohnung, eingerichtet wie die typische polnische Wohnung Mitte der 80er Jahre. Eine Schrankwand – heute kaum noch in modernen Wohnzimmern zu finden, war damals überall zu finden. Fast fühle ich mich heimisch, einzig das Bild vom Papst und ein Kreuz an der Wand unterscheiden diese Einrichtung von der in der ehemaligen DDR.
Gemütlich isses – auf der knallroten Couch zu sitzen und wie das nun mal in der guten Stube so ist, da sitzt man gemeinsam beieinander, trinkt einen Schnaps und schaut im Schwarz-Weiß-Fernseher die Nachrichten. Und so auch in Nova Huta. Von der Bildqualität bekommen wir Augenschmerzen, und doch gibt unser Stop hier einen kleinen Einblick in das Leben im „Block“. Wobei ich persönlich ja sagen muss, das die besuchte Wohnung schon sehr viel Komfort hat. Es gibt Heizungen und keine Öfen, es gibt ein Bad und eine Toilette innerhalb der eigenen vier Wände – ich habe so einen Komfort in meiner Kindheit nicht immer gehabt.
Wir erforschen noch ein wenig die Wohnung und entdecken allerlei Kleinigkeiten, die zumindest ich schon längst vergessen habe. Für mich kommt die Erkenntnis – in Polen war damals so viel nicht anders als in der DDR.
Ein Panzer am Straßenrand
Noch ist unsere Tour noch nicht vorbei, und diesmal sitze ich nicht auf der Rückbank, sondern darf diesmal vorne im Trabbi platznehmen. Hier ist mehr Platz und auch die Fenster lassen sich öffnen, so das ich unterwegs auch den einen oder anderen Schnappschuss machen kann. Wir fahren vorbei am militärischen Museum von Krakau, vor dem ein russischer Panzer steht. Das Museum selbst ist nur sporadisch geöffnet, da es ehrenamtlich betreut wird. Noch weiter führt uns die kommunistische Tour durch die symmetrisch angelegten Alleen, über die geraden Straßen hin zur Huta im. T. Sendzimira – der Fabrik, in der 1977 knapp 38000 Mitarbeiter ihr tägliches Brot verdienten.
Zurück in die Realität
Die Fabrik selbst hat über 1000 km Bahnstrecke und erstreckt sich über eine Fläche, die größer als Krakau ist. Wir sehen davon nur den Eingangsbereich, der auf mich wie ein „Vergessener Ort“ wirkt. Die Häuser an beiden Seiten wirken imposant, aber verlassen, ein paar schwarze Raben kreisen über den Platz und das trübe Novemberwetter lässt alles wie in einem Gruselroman erscheinen.
Die Fabrik gibt es immer noch, inzwischen arbeitet jedoch nur noch ein Bruchteil der Einwohner von Nova Huta hier. Im Zeitalter von Automatisierung ist das eben nun mal so.
Noch einen Stop haben wir, berichtet und unser Guide. Auf der Rosenallee (aleja Róż) stand bis kurz nach der Wende ein großes Lenindenkmal, einer der wichtigsten Figuren des Kommunismus. Während dieser inzwischen in einem Erlebnispark in der Nähe von Stockholm seine letzten Tage fristet, erinnern in einem Restaurant am Platz noch ein paar Bilder vom Platz der 80er Jahre. Wir müssen noch ein Schnäpsken probieren und fahren im einsetzenden Regen zurück ins Hotel.
Die Rückkehr wirkte nach gut drei Stunden „Kommunismus“ wie ein Kulturschock. Mir wird wieder einmal bewusst, wie unterschiedlich diese beiden Welten sind. Und doch – mit dem Blick 25 Jahre danach – gab es auch viele Parallelen zur „westlichen“ Welt und viele einfache Dinge, die ich heute im Alltag vermisse.
- Ihr wollt auch ein „kommunistisches Erlebnis“ in Krakau erleben? Die Crazy Guides bieten von einer simplen Tour mit Trabbis bis zu einer kommunistischen Stadtrundfahrt durch Nova Huta bis hin zu einer Kommunistischen Disco alles an, was das zeitreisende Herz begehrt. Wobei ich persönlich einige Touren sehr „gewöhnungsbedürftig“ finde. Die Touren werden in Englisch und Polnisch geführt.
- Nova Huta könnt ihr auch selbst erleben, es gibt die Straßenbahnlinie 4, die dort hin fährt. Gerade im Sommer ist es sicherlich auch sehr interessant, tagsüber den Stadtteil zu Fuß zu erkunden. Nova Huta ist eine kleine Stadt für sich, und hat daher auch kulturell einige Angebote. Leider habe ich die bekannte Kirche nicht gesehen, sie ist jedoch lt. vielen Onlinequellen ein wirklich sehenswerter Ort. Eine Tageskarte für 24 Stunden für die Straßenbahnen kostet 24 PLN.
- Im Dezember ist es in Krakau recht „zugig“, weshalb ich warme Kleidung empfehle.
- Da in Krakau die Taxis privatisiert sind, könnt ihr mit einer größeren Gruppe schon mal schnell richtig günstig von A nach B. Fragt jedoch vorher immer nach dem Preis, in Krakau kann fast jeder auch ein paar Brocken englisch oder ggf. auch deutsch
- Von Deutschland aus erreicht man Krakau am besten via Flugzeug ab Frankfurt oder München und Berlin. Unregelmäßig wird Krakau auch von Dortmund, Stuttgart und Hamburg angeflogen. Mit der Bahn gibt es eine gute Anbindung von Berlin und von Dresden, Leipzig und Co. lohnt sich sicherlich auch eine Tour mit dem Auto
- Ich habe im Radisson Blu Krakau übernachtet, welches recht zentral in der Innenstadt von Krakau liegt. Zur royalen Burg sind es von hier nur 10 Minuten Fußweg, auch die Innenstadt ist in wenigen Minuten erreichbar. Die Zimmer zur Vorderseite oder linker Hand von der Rezeption kann ich empfehlen, dort hatte ich einen tollen Blick auf die Burg und den Sonnenaufgang. Die Zimmer haben einen hohen Standard, sind gemütlich und groß und das Frühstück bietet eine große und vor allem gesunde Auswahl!
- Maike findet, Krakau ist die perfekte Stadt für einen Mädelsurlaub
- Mandy hat gleich 10 Gründe, warum man Krakau besuchen muss
- Sehenswert, weil wirklich gut aufbereitet, ist das Museum in Schindlers Fabrik.
- Tanja präsentiert 7 sehenswerte Orte in Krakau
- Marieke gibt euch noch ein paar Kulinariktipps für Krakau mit auf den Weg
Offenlegung: Ich wurde vom Radisson Blu Krakau zu einem Wochendtrip in die polnische Stadt eingeladen.
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[…] für Krakau gibt es übrigens bei Reiseaufnahmen und Go Girl Run, und auf Teilzeitreisender kannst du eine kleine Zeitreise miterleben. Viel […]
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