Im letzten Jahr war ich ein paar Mal in der alten Heimat – dem Kyffhäuser. Froh nach der wochenlangen „Isolation“ wieder meine Familie zu sehen, gespannt darauf wie unsere erste Reise verlaufen würde. Im späten Frühling freute ich mich natürlich über viel Natur und viel Walderleben. In der Nähe des Wohnortes meiner Mutter hat eine Hängeseilbrücke mitten im Wald eröffnet. An sich eine schöne Sache – mir fielen jedoch vor allem die toten Fichten auf dem Weg durch die hohe Schrecke auf. Auch einen Tag später – auf einer Wanderung durch den Harz – immer wieder tote Bäume und kahle Flecken. Asche auf mein Haupt, aber da wurde mir zum ersten Mal das Waldsterben in Deutschland bewusst.
Ich bin wahrlich kein Umweltaktivist, weder Veganer noch großartig Plastikeinsparer. Ja, ich fahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln und ja, ich achte tunlichst darauf meinen Müll anständig zu entsorgen, aber noch immer hab ich einen zu großen CO2 Verbrauch und noch immer gibt es Dinge, die ich verbessern könnte. Und doch habe ich mehr als eindeutig gesehen: Der Wald ist krank und ich muss was tun.
Inhaltsverzeichnis
Dem Wald geht es nicht gut.
Ich begann Artikel zum Thema Waldsterben zu lesen. Ich begann Wissenschaftlern und Experten zum Thema zu folgen. Während alle Welt sich an dem Thema „Corona“ festgebissen hatte belastet mich aktuell am meisten das Waldsterben. Schnell wurde klar: Monokulturen wie große Fichtenwälder sind besonders betroffen. Nicht nur der Borkenkäfer sondern vor allem die Dürre der letzten Jahre haben dem Nadelbaum ziemlich zugesetzt.
NRW, Thüringen, Niedersachsen und Hessen sind die am schlimmsten betroffenen Länder – insgesamt sind seit 2018 rund 178 Millionen Kubikmeter Schadholz entstanden. Doch nicht nur die Kiefern leiden. Wie oft habe ich auch in Städten Bäume gesehen, die 2018 bei der Hitze erst ihre „Hüllen“ haben fallen gelassen und 2020 kaum „Grün“ produziert haben. Im Sommer habe ich Bäume entdeckt die in der großen Hitze alle grünen Blätter von sich geworfen haben.
Und jetzt im Winter laufe ich hier in NRW durch Wälder, in denen ein Großteil der Bäume abgeholzt wurde. Das ist nicht normal. Am deutlichsten macht das auch der aktuelle Waldzustandsbericht 2020 der Bundesregierung. Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen, nicht nur die Fichten sind betroffen, auch Kiefern, Eichen und Buchen leiden sehr unter Hitze, Stürmen und Wassermangel. Erschreckend ist auch das vor allem alte Wälder (60 Jahre +) unter den Veränderungen der Natur zu leiden haben. Die Absterberate der Bäume hat sich in den letzten Jahren vervierfacht.
Wo kann man sich zum Thema Wald(Sterben) informieren?
Was ich auf meiner Suche nach Informationen zum Zustand des Waldes festgestellt habe? Das Thema Wald und vor allem auch das Thema Waldsterben ist ein wahnsinnig komplexes Thema. Ich selbst bin da kein Experte und werde sicherlich auch nie einer werden. Neben dem fleißigen Mister Google habe ich natürlich auch einige andere Quellen gefunden die ausführlich und mit der nötigen Expertise über das Thema Wald informieren.
Buchvorstellung „Kapital Baum – das Buch der Bäume“von Ulrich Kronberg
Vor ein paar Wochen wurde ich durch einen Newsletter auf das Buch „Kapital Baum – das Buch der Bäume“ aufmerksam. Geschrieben wurde es von Ulrich Kronberg, Chefredakteur im Palstek Verlag. Kronberg schreibt ansonsten über das Thema Segelsport, wie kommt er zum Thema Wald? Kronberg ist nicht nur Chefredakteur und Journalist, sondern seit vielen Jahren auch als Umweltaktivist (mama-earth.de) unterwegs.
Das Thema Wald liegt ihm besonders am Herzen und das Buch „Kapital Baum“ unterstützt zudem das Projekt myTree. Mit dem Kauf des 20 Euro teuren Buches wird der Käufer Baumpate eines Narrabaums auf den Philippinen.
Worum gehts in dem Buch „Kapital Baum“?
Das klingt alles ganz nett, aber worum geht es im Buch? Nun, der Autor hat verschiedene Aspekte des Waldlebens mithilfe von vielen Forstwirten beleuchtet und hat in diesem Buch nicht nur über über die Geschichte von Urwäldern und den Wald als Sauerstofffabrik oder die Kommunikationsfähigkeit von Bäumen geschrieben. Im Kapitel „Lebensgemeinschaft im Wald“ geht es unter anderem rund um Rekorde im Wald, um die Waldbewohner und Mythen. Auch der Erholungsfaktor des Waldbadens wird besprochen.
Im Kapitel „Schutz der verbliebenen Wälder“ war ich überrascht über die wenig positiven Fakten. In Europa ist es aufgrund der relativ hohen Besiedlung nach Kronberg kaum möglich einen Urwald wachsen zu lassen. Der müsste mindestens die Größe des Saarlandes haben – aber wo bitte soll das möglich sein?
Wer sich fragt wie der Buchname „Kapital Baum“ entstanden ist, bekommt im nächsten Abschnitt des Buches Klarheit. Auch das Kapitel „Wie ist mit Holz Geld zu verdienen“ beschäftigt sich mit dem Thema und gibt einige überraschende Fakten Preis. Es gibt noch viele weitere Kapitel wie zum Beispiel „Bewohner des Waldes“ wo es um die Tierwelt im Wald geht.
Eigentlich will ich gar nicht zu viel über das Buch verraten. Obwohl es sich um ein Sachbuch handelt konnte ich es nicht mehr weglegen. Es informiert, ohne esoterisch zu sein und hat für mich so einige Fakten zum Wald offengelegt, an die ich so noch nicht gedacht habe.
Peter Wohlleben – der Baumguru
Als der „Baumguru“ schlechthin wird seit vielen Jahren Peter Wohlleben genannt. Schon seit 2007 ist er als Autor aktiv, sein wohl bekanntestes Buch ist „Das geheime Leben der Bäume“ welches 2020 auch verfilmt wurde. Das Buch hab ich selbst noch nicht gelesen, das Hörbuch wollte ich jedoch demnächst einmal anhören.
Sehr viel interessanter finde ich jedoch das Projekt Wohllebens-Waldakademie wo sich zum einen Förster fortbilden können, wo jedoch auch Kurse „Bäume in der Stadt“ oder „Wandern auf den Spuren der Wildtiere“ oder „Waldbaden“ angeboten werden. Spannend fand ich auch die einwöchige Ausbildung zum „Juniorförster“.
Rundgänge mit Rangern und Förstern
Fast in allen Natur und Nationalparks gibt es Ranger und/oder Förster, die Führungen durch Ihren Wald anbieten. Ich habe das vor allem im Nationalpark Hainich mal mitgemacht und hab mir auch für die Eifel und den Schwarzwald (Artikel von Escape from Reality) schon so eine Tour eingeplant. Auch im Harz und in anderen deutschen Waldgebieten könnt ihr solche Angebote erfragen.
Den Bäumen ganz nah: Baumkronenpfad
Auch wenn für die Baumkronen und Baumwipfelfade in Deutschland sicherlich der eine oder andere Baum sein Leben hat lassen müssen so finde ich ihre Lehraufgabe jedoch eine sehr wichtige. Sie zeigen nicht nur der jungen Generation wie so ein Baum funktioniert und warum der Wald so wichtig ist.
In ihren erhobenen Wipfeln wird auch schnell klar, wie schlecht es vielerorts dem Wald geht. Aktuell gibt es 17 Baumwipfel/Baumkronen-Pfade – diese sind mittlerweile in fast jedem Bundesland zu finden. Viele der Wege sind barrierefrei – somit auch ganz gut mit Kinderwagen oder Rollator zur besuchen.
Weitere spannende Quellen zum Wald(sterben)
- Erschreckend fand ich den Artikel zum Waldzustand NRW
- Auf Waldinfo.nrw.de gibt es nicht nur zahlreiche Infos zum Wald und dessen Bedrohung sondern auch Wiederaufforstungskonzepte.
Was wird aktiv gegen Waldsterben getan?
Im September 2019 gab es von der Bundesregierung einen sogenannten „Waldgipfel“, bei dem Finanzhilfen durch den Staat für die Wiederaufforstung der deutschen Wälder zugesagt wurden. Insgesamt 700 Millionen Euro für private und kommunale Waldeigentümer.
Es soll „nachhaltiger“ angebaut werden und dafür werden auch Prämien gezahlt. Die Fichte wächst schnell und hat einen hohen Holzertrag – wirklich nachhaltig waren die Monokulturen in den Wäldern aber sicherlich nicht.
In Quedlinburg wird ein Fachinstitut für Waldschutz errichtet. Dort sollen Schadensursachen analysiert werden, wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet und so ein widerstandsfähiger Wald entstehen.
Des Weiteren gibt es sogenannte Testwälder. Und das nicht erst seit ein paar Jahren. Schon in den 60er Jahren wurden nicht heimische Baumarten gepflanzt um ihre Tauglichkeit als Nutzwald auszutesten. So gibt es in Deutschland mehrfach Wälder mit Mammutbäumen.
Wie nachhaltig fremde Baumarten auf deutschem Boden sind ist natürlich auch eine Frage die wir uns stellen müssten – im letzten Jahr habe ich gelernt, dass einige aktuell im Wald befindlichen Baumarten nicht wirklich heimisch in Mitteleuropa sind.
Durch viele Kälteperioden sind die ältesten mitteleuropäischen Bäume Kiefern und Birken. Später kamen Eichen und Ulmen dazu und noch später dann die Buchen. Die Walnuss und die Kastanie sind keine ursprünglich einheimischen Bäume, sie wurden von den Römern ins Land gebracht. Auch die Fichte gibt es vergleichsweise lange, sie ist mittlerweile überall auf der Nordhalbkugel heimisch.
Ein sehr spannendes Projekt in Bezug auf eine mögliche Aufforstung in Deutschland befindet sich quasi vor meiner Haustür: Das Waldlabor Köln.
Welche Bäume auf deutschen Böden? Das Waldlabor Köln
Ein sehr spannendes Projekt wurde im Jahr 2010 in Köln-Marsdorf gestartet. Das Waldlabor Köln ist jedoch kein klassisches Wiederaufforstungsprojekt sondern eher eine Art Experimentierfeld. „Im Rahmen des Klimawaldes werden Baumarten getestet, die zum Aufbau klimastabiler Wälder verwendet werden können, um heimische Waldökosysteme zu stabilisieren“ wird auf der Homepage berichtet. Es gibt dort verschiedene „Waldgebiete“. Den Energiewald, den Klimawald, den Wandelwald und den Wildniswald.
Im Energiewald werden Baumsorten angepflanzt die besonders schnell wachsen und sich somit hervorragend als Energielieferant eignen und so zur Wärme und Stromerzeugung hilfreich sind. Die Wälder sollen hierbei nicht den natürlichen Wald ersetzen sondern können alternativ auf Feldern angebaut werden.
Ebenfalls Teil des Anbaugebietes ist der Klimawald. Hier werden 6 Baumarten den aktuellen Klimabedingungen ausgesetzt. Auf einer Fläche von 50×50 Meter sind kleine Wälder der jeweiligen Baumarten gepflanzt. Ein Baum der mir im letzten Jahr häufiger aufgefallen ist und der auch hier zu finden ist: Der Blauglockenbaum. Ein Spaziergang hier durch war wirklich besonders – auch wenn der Baum hier eigentlich nicht heimisch ist.
Der Wandelwald soll ein wenig das Bild eines zukünftigen Mischwaldes abgeben. Hier wurden insgesamt 8 Baumsorten angepflanzt welche nicht unter Aspekten der Forstwirtschaft errichtet wurden. Die 3,7 Hektar große Fläche kann durch einen schmalen Rundweg erforscht werden.
Sehr spannend ist auch der Wildniswald. Hier wird seit einigen Jahren der Wald komplett sich selbst überlassen. Keinerlei Forstwirtschaft, keinerlei Pflanzung – alles muss der Wald alleine regeln. Es wird spannend zu sehen sein, was mit diesem Wald passiert. Nicht nur das Waldlabor ist sehenswert – ich empfehle auch die Wälder rund um das Projekt Waldlabor zu besuchen.
Was können wir gegen Waldsterben tun?
Natürlich hab ich mir auch darüber Gedanken gemacht, was wir für den Wald tun können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten von Naturschutz. Alles fängt jedoch beim informieren an:
Sich über den Wald und seine Lage zu informieren.
Informiere dich über das Thema Wald, konsultiere mehrere Quellen und bilde dir bei Vorträgen oder durch Bücher dein eigenes Bild. Geh in den Wald um die Ecke und schau dir den Zustand ganz bewusst an. Vor ein paar Wochen war ich im Winter in einem grünen „Efeu“ Wald. Sieht nicht schlecht aus, aber Efeu befällt nur kaputte und schwache Bäume. Auch Mistelzweige in den Bäumen (sieht man derzeit in den Rheinauen häufig) und Pilzbefall deuten darauf hin das der Baum sehr schwach ist.
Redet über das Waldsterben
Rede nicht nur über die Pandemie bei uns Menschen, rede auch über den Todeskampf des Waldes. Tausch dich mit Freunden, Familie und auch mit Experten aus. Schreibe darüber oder poste Bilder von deinem Wald.
Seid achtsam in der Natur!
Auf Wanderungen solltet ihr darauf verzichten abseits der Wanderwege zu laufen. Nicht nur weil ihr euch gefährden könnt, hier stört ihr auch die empfindliche Flora und Fauna. Ausnahme? Wenn ihr mit erfahrenen Förstern und Rangern unterwegs seid. Und übrigens – Pilze sammeln geht auch ohne den Weg zu verlassen. Ein weiterer Punkt: Nehmt bitte euren Müll immer wieder mit nach Hause! Selbst ein verlorenes Tempotaschentuch brauch ewig um zu verotten und nimmt Germanys Next Superbaum vielleicht das Licht zum wachsen.
Werdet Baumpaten!
Als ich mich über das Thema Waldsterben informiert habe wurden mir viele Spendenmöglichkeiten offeriert. Ob WWF, ob Nabu ob BUND, viele Unternehmen unterstützen den Waldaufbau und fördern verschiedene Projekte.
Es muss jedoch nicht immer nur Geld sein was ihr geben könnt. So könnt ihr in Düsseldorf und in einigen anderen Städten eine Baumpatenschaft übernehmen bei dem ihr für euren Baum Sorge tragt. Das heisst ab und an mal gießen wenn es kein Wasser von oben gibt – darauf achten ob der Baum gesund ist und bescheid geben wenn sich Äste lösen. Mehr dazu findest du auf der Stadtgrün-Seite der Stadt Düsseldorf.
Bei dem Projekt e2share kannst du für konkrete Projekte in NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen spenden. Das geht nicht nur durch direkte Spenden, du kannst auch einfach deine nächste Amazon oder Tchibo-Bestellung über die Seite von e2Share machen und damit helfen. Das Projekt ist erst 2019 gestartet – die Idee find ich aber gut.
Sehr spannend finde ich übrigens das Projekt Steinzeitwald von der Arbeitsgemeinschaft Kluterhöhle. Vielleicht gibt es ähnliche regionale Aufforstungsprojekte auch bei dir in der Nähe. Nenn sie uns gerne, wir nehmen sie wenn passend in diese Liste auf!
Danke für diesen schönen Beitrag. Ich finde es wirklich bedauerlich, dass anscheinend immer so wenig Geld für eine qualitativ hochwertige Baumpflege da ist. Schließlich gibt es eigentlich genügend Unternehmen, die diverse Leistungen in dieser Branche anbieten.
Wälder sind ein spannendes Thema! Als kleines Mädchen war ich jeden Tag im Wald hinter meinem Elternhaus. Auf Bäume klettern, Lager bauen, Abenteuer erleben… wie so viele andere habe ich als Erwachsene mit all diesen schönen Sachen aufgehört. Und den Wald viele Jahre lang komplett aus den Augen verloren. Mittlerweile gehe ich wieder mehrmals wöchentlich in den Wald. Er ist nur 5 Minuten von meiner Haustür entfernt. Da ist zwar leider keine komplette Stille – Ein Grundrauschen der Autobahn ist im Hintergrund immer zu hören. Aber diese besondere Atmosphäre im Wald, ganz ohne andere Menschen, ist einfach toll.
[…] ich schon ein paar Mal hier vorgestellt. In diesem Artikel macht sie sich ernsthafte Sorgen um den Zustand des deutschen Waldes und ich kann ihre Beobachtungen leider nur bestätigen. Übrigens wandert Janett nun auch in ihrer […]
Die Buchhändlerin in mir empfiehlt noch Bücher von Erwin Thoma und Stefano Mancuso. Bei Mancuso geht es zwar mehr um das Thema Pflanzen, bildet aber die Grundlage zu so ziemlich allen Büchern, die in der letzten Zeit zum Thema erschienen sind. Auch Wohlleben zitiert Mancuso… Und jetzt bedanke ich mich noch für den wichtigen Artikel! Danke!
Liebe Janett,
vielen Dank für diesen wunderbaren (und ausführlichen) Artikeln. Ich kann so schlechte Nachrichten eher schlecht lesen, aber durch deine positive Formulierungen, hab ich es geschafft. Ich denke mir ist, ich allein kann daran eh nichts ändern. Deshalb vielen Dank für deine Handlungsempfehlungen.
Liebe Grüße
Valerie