Eine Rundreise im Gedenken an den Bauernkrieg von 1525 durch das Allgäu hat viel zu bieten. Neben den einmaligen hügeligen Landschaftspanoramen entdecken Gäste auch die kulinarischen Highlights der Region.

Und vor 500 Jahren prägte ein weltgeschichtliches Ereignis die Region zwischen Bodensee und Lech. 1525 kam es zum kriegerischen Aufstand der Bauern. Auch wenn sich diese Auseinandersetzung vom Schwarzwald bis nach Mitteldeutschland zogen, passieren die entscheidenden Dinge im Allgäu.
Inhaltsverzeichnis
Die historische Situation: Wandel in der Frühen Neuzeit
Bauern und Handwerker stellten damals etwa 90 Prozent der Bevölkerung. Sie litten an Unterdrückung, zu hohen Abgaben, unbezahlten Frondiensten, Gesetzesreformen und damit an Hunger. Adel und Klerus hingegen genießen den Wohlstand früherer Tage weiter und setzen ihre Interessen innerhalb der damaligen Ständegesellschaft notfalls mit Gewalt durch. Im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit beeinflussen weitere wichtige Entwicklungen das Leben dieser Zeit.

Die Erfindung des Schießpulvers löst das Burgensterben aus, denn die meisten Burgen sind gegen Kanonen nicht mehr wehrhaft und verlieren ihre Kraft als Herrschaftssymbol verlieren. Luthers 99 Thesen sorgen für Zweifel an Glaubenstraditionen, die nicht mehr bibelgerecht scheinen. Dieser Prozess führt in vielen Ländern und freie Reichsstädte zur Reformation. Und mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg kommt es zur Umwälzung der öffentlichen Kommunikation. Schriften sind reproduzierbar und erreichen mehr Menschen. Die bildende Kunst verliert ihre Rolle (in den Kirchen) als „Zeitung der Analphabeten“. Das Erwachen des Ichs erhebt den Künstler zum kreativen Individuum, das sich selbst als Schöpfender wahrnimmt.

Eine Rundreise durch das Allgäu zu den Schauplätzen des Bauernkriegs von 1525
Was verspricht eine Rundreise durch das Allgäu, um dem Bauernkrieg von 1525 auf die Spur zu kommen? Es zeigt sich immer wieder, dass der Aufstand der Bauern das Resultat aus Not und emotionaler Anspannung ist. Dennoch: alle Parteien ringen immer und immer wieder um Entscheidungen zwischen Gewalt und Waffenfreiheit. An manchen Orten gibt es deshalb viele Opfer, an anderen können kriegerische Auseinandersetzungen verhindert werden.
Eine Reise durch die hügelige Landschaft der Voralpen bietet einmalige Panoramen. Auch kulinarisch ist das Allgäu eine Reise wert. Die berühmte Käseregion hat dabei weit mehr zu bieten als es Klischees vermuten lassen. Einer vielfältigen Reise durch das Allgäu steht also nichts im Wege. Der Routenvorschlag in der Übersicht:
Memmingen, die Christliche Vereinigung und die Zwölf Artikel
Die alte Reichsstadt Memmingen ist der Dreh- und Angelpunkt des Volksaufstandes. Nachdem seit 1524 die Proteste immer lauter und Forderungen formuliert werden, wird Memmingen der erste überregionale Ort, an dem sich die gewählten Vertreter der Bauernhaufen treffen und ihre Forderungen zusammenführen. Diese Ereignisse tragen Memmingen den Titel „Stadt der Freiheitsrechte“ ein.

Historischer Versammlungsort wird die Kramerzunft. Hier wird zunächst am 7. März 1525 die Christliche Vereinigung gegründet. Sie markiert den herrschaftsübergreifenden Zusammenschluss der Bauern und des Dritten Standes. Im wesentlichen waren dabei der Allgäuer Haufen, der Baltringer Haufen und der Seehaufen beteiligt. In dieser Bundesordnung berufen sich die Volksvertreter auf göttliches Recht und den biblischen Hintergrund ihrer Forderungen. Programmatisch wird aber nicht an eine Änderung des Gesellschaftssystems gedacht, eher im Gegenteil. Die Bauern bekenn sich, „was man geistlicher oder weltlicher Oberkeit von Göttlichem Rechten zu tun schuldig, demselben in keinen Weg widerwertig sein, sonder gehorsamlich halten“.
In der Folge werden auf den nächsten zwei Treffen bis 20. März die berühmten Zwölf Artikel verfasst, die heute als Grundlage der Freiheitsrechte gelten. Später eskaliert die Situation und es kommt zu ersten Gewaltausbrüchen, die dann in einen organisierten Kampf münden, den man heute Bürgerkrieg nennt. Dir Bauern standen den Truppen des Schwäbischen Bundes gegenüber.

Neben dem Besuch in der Kramerzunft, in der die sprechende historische Holzdecke von den Ereignissen berichtet, gehört auch die Ausstellung im Dietrich Bonhoeffer-Haus zur Bayernausstellung 2025: Projekt Freiheit – Memmingen 1525. Sehr empfehlenswert ist immer auch ein Spaziergang durchs schöne Memmingen.
Neben dem Stadtbild begegnen Gäste immer wieder Figuren aus der Zeit um 1525, die aus ihrer Perspektive diese Zeit beschreiben.
Mehr über die Stadt der Freiheitsrechte.
Wangen: die schöne Stadt in der frühen Neuzeit

Wangen im Allgäu ist vom Bauernaufstand nicht stark betroffen. Dennoch bietet die schöne Allgäu-Stadt Einblicke in diese Zeit. Vor allem die bekannte Badstube atmet den Geist dieser Zeit bis heute. Der nahezu original aus dem 16. Jahrhundert erhaltene steinerne und hölzerne Zeitzeuge steht für ein Stück Lebenskultur in der frühen Neuzeit und der Zeit des Bauernkriegs.

In Wangen im Allgäu sind alle richtig, die ein Faible für historische Altstädte haben. Die ehemalige Reichsstadt bietet eine sehr gut erhaltene und gepflegte Innenstadt, die durch die Landesgartenschau 2024 weiter aufgewertet wurden. Entlang der Stadttore, Mauern und Fachwerkhäuser stehen zahlreiche Brunnen. Und es gibt hier einen der wenigen originalen Milchpilze aus den 1960er Jahren mit milchbasierten Imbissen und Getränken. Das Hotel Mohren-Post steht hier auch seit der frühen Neuzeit.
Immenstadt: Menschen machen Geschichte
In Immenstadt wartet auf Gäste ein umfangreiches Rahmenprogramm rund um die Sonderausstellung Menschen machen Geschichte – Meilensteine der Demokratisierung im Städtle. Das Ganze findet das ganze Jahr im Museum Hofmühle statt.

Das Museum legt dabei einen Fokus auf die Medienentwicklung dieser Zeit und zur Demokratieentwicklung. Immenstadt hat durch seine besondere landschaftliche Lage am Alpsee viel Natur und Kultur zu bieten. Mehr über das „Städtle“ im Allgäu.
Füssen: Schutz durch vorübergehenden Machtwechsel
Auf einer Städtereise durchs Allgäu darf Füssen nicht fehlen. Zwar denkt man meist an das Schloss Neuschwanstein, doch im Kontext des Bauernkriegs hat das Hohe Schloss oberhalb der schönen Altstadt das stärkere Wort.

Füssen kam damals in eine prekäre Lage, als die Aufständischen die Stadtsicherheit bedrohten. Der Bischof von Augsburg konnte keinen ausreichenden Schutz gewähren. Die Füssener griffen deswegen zu einem strategischen Kniff. Sie huldigten Erzherzog Ferdinand und wurden kurzerhand österreichisch. Die Bauern ließen daraufhin von der Stadt ab. Nach dem Krieg verlangte der Bischof von Augsburg Füssen zurück, was nach zähen Verhandlungen gelang.

Marktoberdorf: 8000 wütende Bauern versammeln sich
Bereits im Februar 1525 stellen 8000 Bauern in Marktoberdorf Forderungen nach mehr Ausgleich an den Augsburger Bischof Christoph von Stadion. Inhaltlich decken sie sich im Wesentlichen mit den Zwölf Artikeln, die am 20. März in Memmingen verfasst wurden. Ein wichtiger Schauplatz in Marktoberdorf ist der Ettwieser Weiher. Hier steht der Hof des unglücklichen Paulin Probst, der zum Bauernanführer gewählt wurde. Die Verhandlungen mit dem persönlich erschienenen Bischof scheitern.

Marktoberdorf gilt heute als erster Ort der Gewaltausbrüche, bei denen die Martinskirche und das Schloss geplündert wurden. Am Ettwieser Weiher erinnert eine Stele an die Ereignisse.
Die Sehenswürdigkeiten Marktoberdorfs.
Kaufbeuren und die elf Artikel
Kaufbeuren ist im Vorfeld des Bauernkriegs einer der Orte, an dem Forderungen formuliert werden. Hier entstehen elf Artikel, deren Inhalt später in die Zwölf Artikel von Memmingen eingehen.

Zum Besuchsprogramm sollte auch die Blasiuskirche gehören. Sie ist die einzige erhaltene Wehrkirche Bayerns. Die gotischen Tafelbilder geben Einblick in das Leben im 15. Jahrhundert. Am Spitalhof und in Kemnat gibt es ebenfalls Stelen, die im Courage-Projekt entstanden sind.
Mehr zur Stadtkultur in Kaufbeuren.
Kempten: Ende des Bauernkriegs in der doppelten Stadt
Auf dem Weg von Kaufbeuren nach Kempten liegt Leubas. Hier fand die letzte große Schlacht im Bauernkrieg statt, der mit der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes endete. In Kempten gibt es im Stadtmuseum Zumsteinhaus eine Ausstellung, in der die Situation in der Stadt beleuchtet wird. Die Zeit um den Bauernkrieg spiegelt sich aber bis heute in der sogenannten Doppelstadt. Es gibt einen bürgerlichen Stadtteil, der zur Reichsstadt wurde und den fürstabtlichen Bereich der Residenzstadt – Spiegel der Entwicklungen in der frühen Neuzeit.

Bezeichnend für den Konflikt zwischen erstarkendem Bürgertum und alter Ständegesellschaft ist ein bekanntes Zitat, das die gesellschaftlichen Verschiebungen zulasten der Bauern ausdrückt. Es stammt vom wenig beliebten Kemptener Fürstabt Sebastian von Breitenstein: „Du musst Weib und Kind zu aigen geben, oder du musst verfaulen im Gefängnis.“

Ein Fazit zur Reise zum Bauernkrieg von 1525
Eine Städtereise durch das Allgäu zeigt auf vielfältige Weise die Konflikte der Zeit im 16. Jahrhundert. Die Forderungen, insbesondere nach Abschaffung der Leibeigenschaft, gelten heute als Grundstein der modernen Freiheitsrechte, auch wenn sich die Bauern damals nicht durchsetzen können. Die beteiligten Anführer der Bauern werden hart bestraft, die Bauern werden entwaffnet und zur Huldigung der amtierenden Herrscher gezwungen, wodurch die alten Untertänigkeitsverhältnisse wieder hergestellt werden. Sie blieben weitere fast 300 Jahre bestehen, ehe republikanische Verfassungen sich durchzusetzen beginnen.

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