Bulgarien hat mich überrascht. Habe ich bisher über Bulgarien im Sommer nachgedacht, kamen mir Orte wie der Goldstrand und der Sonnenstrand in den Sinn. Den Balkanstaat jedoch ausschließlich als günstige Urlaubsdestination oder Partyalternative zu verkennen, wirft ein völlig falsches Bild auf dieses wunderschöne und natürliche Land. Bulgarien kann mehr.
Inhaltsverzeichnis
Bulgarien für Wanderer und Naturliebhaber
Als Jäger der verlorenen Schätze habe ich mich mit einem Mietwagen auf die Suche nach Natur, Kultur und Geschichte gemacht und bin fündig geworden. Als erstes entführe ich euch in die Natur und stelle euch sechs wirklich beeindruckende Erlebnisse vor.
1. Vazova Trail mit Skaklya
Mein erster kleiner Ausflug startete von Sofia aus. Etwa 55km nördlich von Sofia befindet sich das kleine Örtchen Zasele. Bereits auf der Fahrt nach Zasele könnt ihr eine der Wahrzeichen von Bulgarien sehen. Sonnenblumen. Überall finden sich riesige Felder meiner Lieblingsblumen, so dass ich am liebsten immer wieder anhalten möchte, um noch ein Foto zu machen. Das Wetter will an diesem Tag jedoch nicht so richtig mitspielen und so geht es nach Zasele.
Hier startet der „Vazova Trail“, ein zweistündiger Wanderweg durch die Iskar-Schlucht. Vom Startpunkt in Zasele habe ich einen unglaublich schönen Blick über das Tal und die Schlucht. Auch den Wasserfall kann ich bereits von oben sehen.
Zunächst geht es aber über eine kleine Treppe abwärts in den Wald und nach etwa 50 Minuten erreiche ich den „Skaklya“. Der Wasserfall ist mit einer Höhe von 80 Metern einer der höchsten Wasserfälle in Bulgarien und führt je nach Jahreszeit mehr oder weniger Wasser. Nun würde der Pfad eigentlich weiter nach Bov führen. Da der Regen allerdings immer wieder durchkommt und ich nicht im Dunkeln den Weg durch den Wald zurück zum Auto gehen möchte, drehe ich hier um und gehe zurück. Neben dem Wasserfall ist natürlich auch die Schlucht selbst und die Flora und Fauna den Besuch wert. Überall kreucht und fleucht es.
- Wer nicht mit dem Auto, sondern mit der Bahn unterwegs ist kann übrigens auch in Bov am Bahnhof starten und den Weg nach oben gehen.
- Generell ist der Wanderweg zwar nicht ausgeschildert aber eindeutig, so dass ihr euch nicht wirklich verlaufen könnt.
- Der Weg ist an manchen Stellen uneben und rutschig. Festes Schuhwerk ist also ein Muss.
2. Ecopath Samokovishteto
Am zweiten Tag meiner Reise ging es von Sofia aus etwa 70km Richtung Süden. Auch heute sollte sich das Wetter zunächst von seiner hässlichen Seite zeigen und so begrüßt mich das Rila-Gebirge in Nebel und Wolken gekleidet. Mein Ziel ist der kleine Ort Bistritsa. Von dort aus führt uns ein Wanderweg zum Wasserfall „Samokovishteto“. Vom Parkplatz aus gibt es die Option nach rechts entlang eines kleinen Bachs oder eine Schotterstraße geradeaus zu gehen. Ich entscheide mich für den Weg nach rechts und finde eine Kirche, die sich wohl gerade noch im Bau befindet oder niemals vollendet werden wird. Nach einem kleinen Marsch durch kniehohes Gras wird mir allmählich klar: der Weg geradeaus wäre der richtige gewesen. Und während ich umdrehe, regnet es plötzlich Hunde und Katzen.
Recht nass komme ich also wieder an der Kreuzung an und neben mir hält ein Kombi mit einem jungen Pärchen mitsamt Kleinkind. Es stellt sich heraus, dass die drei auch den Wasserfall besuchen möchten. So bieten sie mir an ins Auto zu steigen und den Weg gemeinsam zu fahren. Da es immer noch in Strömen regnet, freue ich mich über das Angebot und unsere Fahrt geht los… Und endet etwa 300m später wieder, denn der Weg ist mit einem Kombi nicht zu schaffen.
Da der Regen aber nachlässt, entscheide ich mich meinen Weg weiter zu gehen. Und es lohnt sich. Nach etwa 40 Minuten erreiche ich eine kleine Hütte mit Ofen und Aussichtsplattform. Nach ein paar Fotos wechsel ich noch schnell mein nasses T-Shirt und möchte meinen Weg fortsetzten als plötzlich ein Jeep neben mir stehen bleibt und ein älterer Herr und sein Sohn mich auf Bulgarisch ansprechen. Obwohl wir uns gegenseitig nicht verständigen können wird klar: auch sie bieten mir an, mich etwas mitzunehmen. Ich steige also in den Laderaum und es geht entlang der sehr schmalen Straße. Und während der Vater seinen Sohn immer wieder auf Bulgarisch ermahnt vorsichtiger zu fahren (oder doch etwa schneller?) blicke ich mit Respekt aus meinem kleinen Fenster in Richtung steilem Abhang.
ABER: wir kommen an und ich lebe noch! Nachdem wir kurz Namen und Freundlichkeiten austauschen (ich in Englisch und die beiden in Bulgarisch und Italienisch) gibt es noch ein Erinnerungsfoto direkt vorm Samokovishteto Wasserfall. Danach fahren meine Begleiter weiter und ich genieße das Ambiente. Das Rauschen von Wasser und Wind faszinieren und ich kann mich kaum von diesem wunderschönen Ort losreißen. Aber es muss sein. Und so geht es wieder zurück. Ohne meine kurze Fahrt würde die Strecke hin und zurück etwa 4 bis 5 Stunden dauern. Dabei gibt es immer wieder atemberaubende Blicke auf Gebirge und Tiefland.
- Auch hier gibt es viele Pflanzen und Tiere zu beobachten. Vom Schmetterling über Eidechsen bis zu Pferden gibt es einiges zu sehen.
- Der Ecopath wurde mit Unterstützung der EU 2013 eröffnet und so finden sich entlang des Wanderwegs einige Rastmöglichkeiten.
- Der Wanderweg ist, bis auf ein kurzes etwas steileres Stück am Anfang, sehr gut zu gehen und eignet sich auch für Wanderanfänger.
- Eine besondere Ausstattung ist nicht notwendig.
3. Die Sieben Rila
Gar nicht so weit weg Bistrista befindet sich Panichishte. Etwas oberhalb des Ortes, der vor allem im Winter von Touristen besucht wird, befindet sich ein Lift zu den sieben Rila Seen. Für etwa 9€ (18 Leva) kaufe ich mir eine Karte für eine Hin- und Rückfahrt und fahre mit dem Lift nach oben. Die Fahrt dauert etwa 10 – 15 Minuten und ist an sich schon ein Erlebnis.
Oben angekommen bietet sich eine wunderschöne Landschaft, die mich leicht an Island erinnert. Immer der Nase nach führt mich dann meine Wanderung zum ersten der Sieben Seen. Selbst etwas Eis kann ich hier oben (2.100m) entdecken. Hier gibt es Wanderwege in jeder Länge und Schwierigkeiten und mir blutet das Herz, als ich feststelle, dass ich nach 90 Minuten schon wieder den Rückweg antreten muss. Denn der letzte Lift geht um 19:00 Uhr.
- Hier würde ich beim nächsten Besuch einen ganzen Tag einplanen, um tatsächlich alle sieben Seen zu entdecken.
- Wer etwas mehr Zeit hat kann, sogar in einer Berghütte direkt an einem der Seen übernachten.
4. Stone-Forest
In einer komplett anderen Region, nämlich im Osten Bulgariens unweit von Warna befindet sich der „Stone-Forest“. Nachdem ich meine 5 Lewa (2,50€) für Parkplatz und Eintritt bezahlt habe, befinde ich mich in einer Wüstenartigen Landschaft umgeben von großen Steinbäumen. Dabei kann ich unterschiedlichste Formen entdecken und natürlich gibt bei solch einem Ort auch genug Legenden. Zwischen Geschichten über Götter und Riesen hin zu natürlichen Energiequellen ist auch bis heute nicht vollständig geklärt, wie es zu diesen Formationen kam. So erinnern die Felsen durch ihre Struktur stark an Korallen. Auch gibt es Vermutungen, dass dies Reste größerer Felsen sind, die durch die Erosion abgetragen wurden. Wahrscheinlich ist auch ein chemischer Prozess in Verbindung mit Methan, Quarzsand und Mikroorganismen. Zwischen den Säulen entdecke ich immer wieder Eidechsen, Mäuse und andere Kleintiere.
Nach etwas mehr als einer Stunde verlasse ich den Ort wieder und tatsächlich fühle ich mich ein wenig energiereicher.
- Wenn ihr hier auch Energie tanken wollt, solltet ihr aber unbedingt feste Schuhe tragen, denn obwohl der Boden mit Sand bedeckt ist, kann es einzelne scharfe Steine geben, auf die ihr aufpassen müsst.
5. Magura und Venetsa Magura Höhle
Wenn ihr meinen Bericht über den Mallorca Pass gelesen habt, wisst ihr vielleicht schon, dass ich eine kleine Schwäche für Höhlen habe. Und nachdem ich bereits die „Devil’s Throat Cave“ besucht hatte (siehe unten), zieht es mich ins Balkangebirge im nordwestlichsten Zipfel von Bulgarien. Hier befinden sich sehr viele kleine und große Höhlen, welche auf unterschiedlichste Weise für die Besucher präpariert wurden.
Die bekannteste dieser Höhlen ist die „Magura“.
Mit einer Länge von 2,5km und einer Größe von 28.600 m² ist die Höhle allein durch ihre Maße eindrucksvoll. Noch beeindruckender wird die Höhle aber, wenn ihr euch mit ihrer Geschichte beschäftigt. So wurde die Höhle bereits vor über 50.000 Jahren von Menschen genutzt und in der so genannten Galerie finden sich Höhlenmalereien, die über 15.000 Jahre alt sind. Leider ist die Galerie zu meinem Besuch gesperrt, da die Zeichnungen Vandalismus zum Opfer gefallen sind und derzeit restauriert werden.
Aber auch ohne die Galerie ist die Höhle mit ihren riesigen Stalagmiten und Stalaktiten ein Besuch wert.
- Bei einer Temperatur von 12°C und teilweise sehr rutschigen Boden solltet ihr aber unbedingt etwas dickere Kleidung und feste Schuhe tragen.
- Der Eintritt kostet 5 Lewa (2,50€).
- Wer nach der etwa einstündigen Führung geschafft ist, kann einen kleinen „Shuttle-Zug“ zurück zum Parkplatz nehmen. Ich entscheide mich allerdings für den schönen Spaziergang.
Ein Besuch in der Venetsa-Höhle
Zurück am Parkplatz geht es direkt weiter zur „Venetsa“ Höhle. Nach etwa 30 Minuten erreiche ich die zweite Höhle des Tages und das Timing könnte kaum besser sein. Schnell zahle ich meine 5 Lewa Eintritt, bekomme einen Helm aufgesetzt und schon geht es los. Die Führung ist leider nur in Bulgarisch, aber schon vorher habe ich erfahren, dass die Höhle erst 1970 entdeckt wurde und seit 2015 den Besuchern offen steht. Dabei ist die Höhle im Vergleich zur Magura deutlich kleiner. Fünf Räume mit einer gesamten Länge von 300m sind kaum ein Vergleich zur Magura.
Dennoch ist diese Höhle ein absolutes Must See und ist (neben der Eisriesenwelt) wohl die schönste Höhle, die ich bisher gesehen habe. Die Tropfsteine sind mit einer beeindruckenden Lichtshow in Szene gesetzt. Hier fühlt man sich wie in einer außerirdischen Tiefsee tauchend und immer wieder erwische ich mich mit einem „WOW“ auf den Lippen.
- Da man bei der Höhle an drei vier Stellen etwas „klettern“ muss sollte man zumindest etwas gelenkig sein und natürlich ist auch in dieser Höhle festes Schuhwerk empfehlenswert.
6. Belogradtschik
Unweit der beiden Höhlen befindet sich die Festung Belogradtschik. Die Festung ist allerdings nicht nur für Historiker ein Highlight, sondern auch für Naturliebhaber.
Im ersten Jahrhundert nach Christus bauten die Römer eine Festung in den roten Sandstein. Zwar wurde die Festung immer wieder zerstört und aufgebaut, von ihrem Charme hat sie aber nichts verloren. Von der Festung aus blickt man auf die eindrucksvolle Felslandschaft. Besonders großartig ist, dass die Festung natürlich belassen wurde. Innerhalb der Burgmauern wurde ich nicht von Infotafeln und ähnlichem abgelenkt, sondern konnte mich komplett auf das Bauwerk und die Umgebung einlassen.
- Der Eintritt beträgt für Erwachsene 4 Lewa. Eine Führung kostet zusätzlich einmalig 5 Lewa.
- In der Festung finden gelegentlich auch Freilichtkonzerte und Aufführungen statt.
- Wer frei von Höhenangst und in Besitz von festem Schuhwerk ist, sollte die Festung in jedem Fall erklimmen. Die Aussicht ist einmalig.
Weitere Ausflugstipps für Naturliebhaber!
Wie bereits erwähnt habe ich auch die „Devil’s Throat Cave“ besucht. Um diese Höhle im Süden von Bulgarien ranken sich verschiedenste Geschichten. Die Führung ist allerdings sehr kurz. Die Höhle besteht nur aus einem, dafür sehr großen Raum und man hat leider nicht genug Zeit die Höhle auf sich wirken zu lassen.
Ein weiterer Ausflugstyp sind die „Wonder Bridges“. Dabei handelt es sich um zwei natürlich entstandene Löcher in riesigen Felsen, die das Gefühl einer Brücke geben. Obwohl die Brücken sehr beeindruckend sind, ist ein Besuch leider nicht durchweg zu empfehlen. Dies liegt vor allem an den sehr schlechten Straßenverhältnissen mit riesigen Schlaglöchern.
Wenn ihr in der Nähe der Devil’s Throat Cave viel Zeit habt, lohnt sich ein Besuch im Canyon of Waterfalls. Der Rundweg dauert etwa 4 bis 5 Stunden. Im „Canyon“ finden sich über 40 Wasserfälle. Wer es romantisch mag, kann direkt am Parkplatz auch eine Reit- oder Kutschentour buchen. Leider wollte das Wetter bei mir nicht mitspielen, so dass ich nach etwa 30 Minuten abbrechen musste.
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