Das Emsland - zwischen unendlichen Weiten und riesengroßen Schiffen

Das Emsland – zwischen unendlichen Weiten und riesengroßen Schiffen

Elke von Travelelk.de durfte für uns an einer Reise durchs Emsland teilnehmen. Was sie dort erlebte könnt ihr jetzt hier nachlesen!

Das Emsland – unendliche Weiten.

Wir schreiben das Jahr 2016 und ich betrete zum ersten Mal bewusst eine Region, die für mich bis dato ein weißer Fleck auf der Deutschlandkarte war. Dieser Landkreis, der sich zwischen Nordseeküste, den Niederlanden und NRW erstreckt, ist mit rund 100 km Länge und 50 km Breite erstaunlich groß, und doch wusste ich bisher nicht viel mehr darüber, als dass man in Papenburg die Meyer Werft findet und in Haselünne Korn gebrannt wird.

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Dabei hat diese Region wirklich viel für aktive Besucher zu bieten und ist ein tolles Ziel für eine Wochenend-Radtour. Das Radwegnetz ist wirklich gut ausgebaut, und durch das topfebene Gelände sind Tagestouren auch für weniger trainierte Radler wie mich ohne große Anstrengung zu bewältigen.

01-radwegWährend ich mit meiner Gruppe also fröhlich vor mich hin radle, fühle ich mich plötzlich nach Texas versetzt, denn inmitten grüner Wiesen und Äcker tauchen Ölförderpumpen vor uns auf.

Ölpumpen im Emsland?

In der Tat wird hier seit Jahren Erdöl gefördert. Die kleinen Pumpstationen wirken auf mich ein wenig wie vergessene Aufzieh-Spielzeuge eines Riesenkindes, während ihre unermüdlich auf- und abschwingenden Bohrpumpen Liter um Liter des begehrten braunen Stoffes aus dem Boden pressen.

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Man hört nur ein leichtes Summen, ansonsten ist die Ruhe der umgebenden Natur ungestört. Und so radeln wir weiter zwischen Maisfeldern, riesigen, von Zuchtgänsen bewohnten Freilandflächen und schattigen Wäldern.

Auf nach Geeste

Nach einiger Zeit erreichen wir das Ziel unserer Radtour, das Emsland-Moormuseum in Geeste. Hier gibt es nicht nur Ausstellungsstücke hinter Glas, sondern auch Geschichte zum Anfassen.

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Neben einem riesigen Kipppflug, der den Boden bis zu 2,20 Meter tief aufwühlen konnte, komme ich mir vor wie eine Ameise. In einem alten Siedlerhof auf dem Museumsgelände treffe ich dann auf unerwartete Museums-„Mitarbeiter“: Hier werden alte Nutztierarten wie die Bunten Bentheimer Schweine in Freilandhaltung gezüchtet.

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Die Ferkel sind einfach zu niedlich, und ich mag gar nicht darüber nachdenken, dass sie irgendwann auf dem Teller landen werden. Die Tiere des Museums sind Teil des slow-food-Projektes „Arche des Geschmacks“, in dem sie unter artgerechten Bedingungen in kleinen Gruppen aufgezogen und gehalten werden.

Kulinarische Highlights aus dem Emsland

Daher schmecken mir die Buchweizen-Pfannkuchen beim anschließenden Essen auch deutlich besser als die ebenfalls angebotene Bratwurst. Überhaupt sind Buchweizen-Pfannkuchen in dieser Region eine Spezialität, die man unbedingt einmal probiert haben sollte. Das frühere Arme-Leute-Essen findet sich in verschiedenen Variationen selbst auf den Speisekarten der gehobenen Gastronomie.

Es gibt sie mit und ohne Speck, als „Speckendicken“ mit Salami, pur werden sie wahlweise mit Zuckerrüben-Sirup oder Marmelade bestrichen – wirklich lecker und auch sättigend. Wo ich gerade bei kulinarischen Köstlichkeiten des Emslandes bin – unbedingt probieren sollte man die aus 100% biologischen Zutaten handgefertigte Schokolade der Harener Manufaktur „Schokolaa“. Immer wieder lässt sich Chocolatier Andre Kleimann neue, köstliche Variationen einfallen. Mir hat es besonders die „Vollmilch Salzkaramell“ angetan – nix für die schlanke Linie, aber ein echter Hochgenuss!

Die Korn-Academie

Wer zu viel geschlemmt hat, kann bei einem Ausflug nach Haselünne dem drückenden Magen mit einem Schnaps Abhilfe schaffen. Bei einer Werksbesichtigung des großen Korn-Produzenten Berentzen stelle ich fest, dass hier gar kein Korn mehr gebrannt, sondern nur noch abgefüllt wird. Dabei war gerade das der Teil, den ich als Nicht-Schnapstrinkerin interessant fand! Doch nur ein paar Straßen weiter werde ich fündig. Über einer kleinen, hübschen Haustür prangt ein Schild „Korn-Academie“.

Der Inhaber Josef Rosche ist auch der Betreiber des alten Haselünner Familien-Unternehmens, das hier schon seit 1792 feinsten Edelkorn braut. Da Herr Rosche gerade ein paar Minuten Zeit erübrigen kann, gibt er meiner Gruppe und mir eine kurze Einführung in die Welt des Korns, und tapfer probiere ich auch ein Glas des doppelt gebrannten Edelkorns. Es schüttelt mich nicht ganz so heftig, wie es das normalerweise bei diesem Getränk tut, sondern ist erstaunlich mild. Und wo wir gerade so schön zusammen sind, führt uns Herr Rosche auch noch kurz durch seine gegenüber der Akademie gelegene Kornbrennerei. Viel ist nicht zu sehen, das Meiste findet in hoch aufragenden Metallkesseln statt, aber zumindest haben wir einen Einblick bekommen in die Herstellung eines Produktes, dass letztlich nach seit Jahrhunderten gleicher Rezeptur hergestellt wird.

Eine haselünner Zeitreise ins Mittelalter

Der Ort Haselünne wartet im Übrigen einmal jährlich mit einem ganz besonderen Event auf, dem historischen Korn- und Hansemarkt. Das Besondere daran ist, dass hier nicht nur die Aussteller in passende Kleider gewandet sind, sondern auch viele der Besucher. Die Haselünner lieben ihr mittelalterliches Spektakel und haben sichtlich Freude daran, mit passenden Kostümen ganz in diese Veranstaltung einzutauchen.

Während eine Horde Gänse von einem leicht zerrissen aussehenden Gänsehirten an mir vorbeigetrieben wird, rumpelt hinter mir ein von einer Magd gezogener Bollerwagen vobei, in dem ein Kleinkind gut eingepackt in Schaffellen und mit leinenem Mützchen fröhlich quietschend versucht, nach den weißen Schnattertieren zu greifen. Die Illusion ist nahezu perfekt, vor allem, weil auch an den Verkaufsständen Handwerkskunst statt Plastik made in China angeboten wird. Ein wirklich lohnendes Ziel für einen schönen Tagesausflug!

Ozeanriesen zum Anfassen

Ein weiteres, ganzjährig lohnendes Ausflugsziel bietet die Meyer Werft in Papenburg. Hier werden die Ozeanriesen gebaut, die später mit tausenden von Kreuzfahrtgästen an Bord die Weltmeere durchkreuzen. Besonderer Andrang herrscht hier, wenn gerade wieder ein Schiff fertiggestellt wurde und vor der Werft liegt, um von hier aus auf die Reise durch den schmalen Emsland-Kanal bis hin zum offenen Meer zu gehen. Ein Blick in die Werkshalle ist wirklich beeindruckend. Wir hatten das große Glück, an diesem Tag ausnahmsweise die Werkhalle nicht nur durch die Fenster betrachten zu können, sondern eine Führung hinein zu bekommen. Das ist selten, und für mich definitiv eine der spannendsten Besichtigungen, an denen ich je teilgenommen habe.

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Aus nächster Nähe zu beobachten, wie aus einzelnen Modulen aus Kabinen, Gängen, Rohren und Leitungen langsam Stück für Stück ein riesiges Kreuzfahrtschiff zusammengesetzt wird, ist mehr als beeindruckend. Aus der Nähe betrachtet hat es etwas von einem überdimensionalen Baukasten: Während rechts und links in der riesigen Halle die einzelnen Teile Stück für Stück zusammengesetzt werden, entsteht in einem Becken in der Mitte langsam aber sicher aus diesen Einzelteilen ein komplettes Schiff.

Überdimensionale Kräne hieven die Einzelteile millimetergenau zum immer weiter wachsenden Schiffsbau, wo sie von unzähligen Mitarbeitern verschweißt werden. Man kann sich kaum vorstellen, dass so ein Koloss aus Stahl irgendwann einmal elegant durch die Meere zieht. Besonders beeindruckend fand ich das Tempo, in dem so ein riesiges Schiff gefertigt wird. Möglich ist das nur durch ein perfektes Zusammenspiel aller Beteiligten. Während wir in der Halle die „Norwegian Joy“ in ihrer Entstehung bewunderten, lag draußen vor der Werft die kurz zuvor fertiggestellte „Genting Dream“ und wartete auf ihre Jungfernfahrt.

Verkehrschaos durch Kreuzfahrtspotter?

Ein paar Tage später sorgte dieses Schiff dann für Verkehrschaos entlang des Emskanals, denn zehntausende Schaulustige wollten die beeindruckende Fahrt entlang des Kanals beobachten. Wer also plant, bei einer zukünftigen Ausschiffung zuzusehen, sollte sich möglichst früh auf den Weg machen!

„Zur Ems“ – Ein Whisky Eldorado

Wir ließen unsere Emsland-Tour ausklingen in Location der besonderen Art. Auf den ersten Blick wirkt das Restaurant „Zur Ems“ in Haren nicht besonders außergewöhnlich. Ein Restaurant mit Terrasse am Ufer der Ems, so weit, so normal. Doch neben einer wirklich hervorragenden Küche hat dieses Restaurant etwas wirklich Einzigartiges zu bieten.

Der Inhaber Hermann Held ist leidenschaftlicher Wein- und Whisky-Sammler. So finden sich hier nicht nur wunderbare Weinkeller, sondern auch geheime Kammern und Räume, in denen zum Teil Jahrhunderte alte Spirituosen unter perfekten klimatischen Bedingungen darauf waren, irgendwann verkostet zu werden.

Und genau das tut Held – er schaut seine gesammelten Schätze nicht nur an, sondern öffnet und genießt sie. Doch er tut das nicht allein, sondern lässt seine Gäste an diesen raren Genüssen teilhaben, und das auch noch zu einem wirklich moderaten Preis. Wo sonst kann man einen 200 Jahre alten Whisky oder Armagnac für 20 Euro trinken? Und mehr als 20 bis 25 Euro verlangt Held aus Prinzip nicht für ein Glas seiner Kostbarkeiten. Er möchte, dass seine Schätze von allen seinen Gästen genossen werden können.

Eine seltene Einstellung, die diesen großen, gemütlich wirkenden Mann gleich noch viel sympathischer macht. Das Emsland ist für mich nun kein weißer Fleck mehr auf der Karte, und ich werde hier sicherlich noch einige weitere schöne Tage verbringen, denn es gibt noch viel mehr zu entdecken in dieser sympathischen Region!

Wichtige HinweiseAnreiseÜbernachtungsempfehlungWeitere Inspirationen?

Man kann sich in der Region recht gut mit dem Zug von A nach B bewegen, das Busnetz ist eher semi-gut. Wenn man nicht mit dem eigenen Pkw anreist und radwandern möchte, muss man hier teilweise wohl auf ein Taxi zurückgreifen.

Ich habe im Hotel zum Märchenwald übernachtet. Das Hotel ist einfach, aber sehr sauber, das Frühstück war auch für die Preiskategorie gut. Es liegt sehr ruhig in einem Wohngebiet. Als Startpunkt für Ausflüge und Radtouren ist es ideal

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Offenlegung: Wir wurden vom Emsland auf eine Radtour eingeladen.

Gastblogger Teilzeitreisender

Eine Vielzahl von ausgesuchten Gastautoren hat für Teilzeitreisender.de geschrieben. Wer geschrieben habt erfahrt ihr in den jeweiligen Artikeln. Danke vor allen an Bianka, Ewa, Jana, Elena und Ulrike!

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