Im Jahr 1999 war ich mit knapp 1,2 Millionen Technofans auf der Loveparade in Berlin unterwegs. Es ist also ziemlich verwunderlich, das genau die selbe Person 20 Jahre später über Einsamkeit im Urlaub berichtet. Ich bin wahrlich kein menschenscheuer Mensch – ich rede gerne mit wildfremden Leuten und ich bekomm keine Panikattacken, wenn ich in einer übervollen Bahn auf dem Weg zur Arbeit bin. Aber lass es das Alter oder das Benehmen anderer Menschen sein – ich mag „einsamen“ Urlaub.
Inhaltsverzeichnis
Abstandsregeln – für mich eine Frage der Höflichkeit
Dank der aktuellen Pandemie gibt es sogenannte Abstandsregeln. 1,50 Meter. Und soll ich euch was verraten? Genau das ist auch der Abstand, den ich angenehm finde, wenn ich Menschen das erste mal begegne. Ich hasse es wie die Pest wenn mir im Supermarkt jemand in den Nacken atmet oder wenn ich angerempelt werde, weil sich irgendjemand noch an mir vorbei drängeln will um ja noch die Straßenbahn zu erreichen (Pendler kennen das ;)). Auch jetzt passiert mir das gelegentlich. Klar würde ich auch gerne wieder meine Freunde umarmen und klar wäre es schön nicht halb über den Tisch zu schreien oder via Teams Konferenzen auf der Arbeit zu halten.
Auch die Masken nerven aktuell gewaltig – aber wenn es eine Sache gibt, die ich gerne im „After-Corona-Leben“ hätte, dann wäre es die Etablierung der Abstandsregel von 1,50 – 2 Meter. Klar, auf nem Konzert oder im Fußballstadion geht das nicht, auch im Flieger und Zug muss ich „Nähe“ in Kauf nehmen – aber da stell ich mich ja bewusst all den Menschen um mich herum.
Warum suche ich die Einsamkeit?
Nun kommt sicher die Frage, warum ich in Urlauben bewusst Ruhe und Einsamkeit suche. Und das hat etwas mit dem Ort selbst zu tun. Ich möchte, egal ob ich privat oder für den Blog unterwegs bin, gerne die Eindrücke eines jeden Ortes in mich aufsaugen. Das gelingt mir jedoch nicht, wenn eine Menschentraube um mich herumsteht.
Ganz einsam muss es für mich natürlich auch nicht sein, aber so ein angenehmes Mittelding liegt mir schon am nächsten. Das fängt bei mir schon damit an, das ich beim Wandern nervös werde, wenn hinter mir Menschen laufen und immer näher kommen. Ich fühle mich dann ein wenig wie im Schulsport, wo ich das erste Mal umrundet werde (kennt ihr das Gefühl? Nicht schön oder!).
Was tue ich gegen Menschenmassen?
Gleich vorab, ich hab leicht reden. Ich habe keine Kinder und bin auch sonst nicht darauf angewiesen, in den Ferienzeiten in den Urlaub zu fahren. Das reduziert die Ansammlungen von Personen schon gewaltig. Aber auch zur Hauptreisezeit, so habe ich letztes Jahr in Liechtenstein gelernt, gibt es Orte, die längst nicht so überlaufen sind. Wie besagtes Liechtenstein, wie viele deutsche Städte, wie auch unbekannte Orte zwischen Nordsee und Alpenrand.
Aber selbst wenn ich in Gegenden unterwegs bin, welche gerne und oft von vielen Menschen besucht werden, gibt es Möglichkeiten der Masse aus dem Weg zu gehen.
- Ich schaue mir beliebte Orte möglichst nie am Wochenende oder an Feiertagen zwischen 10 und 15 Uhr an.
- Museen besuche ich gerne wenn es draußen richtig warm ist (die meisten verfügen nämlich über hervorragende Klimaanlagen) und oft genug habe ich selbige dann für mich allein.
- Spazierengehen macht auch mal im Regen oder in der Dämmerung Spaß oder in aller Herrgottsfrühe (wenn ich es schaffe so früh aufzustehen)
- Ich besuche echte Geheimtipps. Und ja – einige davon werden niemals den Weg auf diesen Blog finden. Übrigens – die meisten Geheimtipps finde ich, in dem ich einfach ohne Plan Orte entdecke.
Einsam heisst nicht allein
Immer mal wieder bin ich alleine gereist. Das ist „mal“ ganz nett, auf Dauer jedoch ist es nichts für mich. Eine Reise kann bei mir gerne in die Einsamkeit führen – aber dann gerne in Gesellschaft. Meine bessere Hälfte begleitet mich auf vielen meiner Reisen, ab und an freu ich mich auf Touren mit Freunden oder auf Ausflüge mit meiner Familie. Ich liebe es Reiseerinnerungen zu teilen.
Wo ich die Einsamkeit auf Reisen genieße
Viele Orte, die ich noch vor zwei-drei Jahren als absolute Geheimtipps angepriesen habe, sind heute gut besucht. Euch also hier Orte empfehlen, wo ihr Einsamkeit erleben könnt, ist recht schwierig. Es hängt von der Jahreszeit ab, von der Nachfrage (in Zeiten von Corona sind selbst einige unserer Wanderstrecken ziemlich überfüllt) und natürlich auch von den eigenen Bedürfnissen.
- Ruhe und Einsamkeit finde ich am ehesten in der Natur. Am wenigsten los ist dort, wo es keine besondere Attraktion gibt, wo der nächste Wanderparkplatz doch ein wenig weiter ist und die Wege quer durch den Wald nicht für jedermann erreichbar sind.
- Städte wie Hannover, Braunschweig, Magdeburg oder auch Frankfurt am Main scheinen auf den ersten Blick wenig reizvoll, bieten jedoch tolle Hotels und viele Attraktionen, die wirklich sehenswert sind (und oft gar nicht überlaufen sind)
- Alle wollen ans Meer oder in die Berge. Und ja, da isses nett – aber Wasser und Berge gibts auch abseits von Alpen und Nord- sowie Ostsee. Die Mecklenburgische Seenplatte bietet viel Wasser, kleine Mittelgebirge wie zum Beispiel der Kyffhäuser, das Kraichgau oder auch das Bergische Land bietet bemerkenswerte Höhenunterschiede.
- Ich mag kleine Hotels und Ferienwohnungen. Vor allem dann wenn ich auf der Suche nach Ruhe unterwegs bin.
Und ihr? Fans von Trubel und Nähe (durch Fremde) oder eher auch Einsamkeits-Freunde?
„Wenn es eine Sache gibt, die ich gerne im “After-Corona-Leben” hätte, dann wäre es die Etablierung der Abstandsregel von 1,50 – 2 Meter.“
Haha, dann musst du wohl in den hohen Norden ziehen. Habe letztens irgendwo gelesen, dass im Baltikum folgender Witz die Runde macht: „Mann, bin ich froh, dass die Abstandsregel von 2 Metern bald zuende geht… dann können wir wieder zu unseren 5 Metern zurück“. :D
Hallo Janett,
du schreibst mir aus der Seele. Ich finde es gerade auch so angenehm, wenn mir die Kunden bei der Arbeit nicht so nah kommen. Ich hasse es einfach, wenn ich mich an ihnen vorbeiquetschen muss oder wenn einige meinen mich kumpelhaft anfassen zu müssen.
Auch im Urlaub habe ich es lieber einsam und die Nervosität beim Wandern kenne ich nur zu gut. Ich komme dann meist total aus meinem Takt und kann dadurch nach ein paar Schritten nicht mehr.
Ich hoffe wir finden auch in Zukunft noch schöne Plätze ohne großen Rummel.
Liebe Grüße Anja