Eher durch Zufall landete ich in Landsberg am Lech.
Ich nahm an einer Pressereise in Oberbayern teil, um die neu gestalteten Wasserradlwege zu testen. Treffpunkt war der Münchener Hauptbahnhof, letzte Station der Tour war Landsberg. Da ich vorher mit dem Auto am Bodensee unterwegs war, bot es sich an das Auto in Landsberg zu parken und dann mit dem Zug nach München zu fahren. Wir wollten uns am Vormittag dort treffen, darum fuhr ich ganz entspannt schon am Abend vorher nach Landsberg. Eigentlich wollte ich mich im gleichen Hotel einquartieren, in dem auch der Tourismusverband Oberbayern zwei Tage später Zimmer für uns gebucht hatte, aber es war alles ausgebucht und bei meinem Anruf (am Tag zuvor) wurde mir versichert, dass es in ganz Landsberg kein freies Zimmer geben würde. Erstaunlich für einen Dienstag mitten im September, aber der Rezeptionist hatte wohl nicht das Gästehaus Vortanz auf der Rechnung, vielleicht weil es unterhalb einer für ihn angemessenen Preisklasse liegt. Hier konnte ich noch ein Zimmer ergattern, ich rechnete mit einer ziemlich heruntergekommenen Kaschemme, war dann aber umso überraschter, dass alles neu und sehr sauber war. Das Badezimmer hätte sich auch in einem guten Mittelklassehotel befinden können. Die Lage ist ebenfalls gut, quasi um die Ecke befindet sich das Bayertor, von dort ist es nicht weit bis zum Hauptplatz.
Abends in der Altstadt
Ich aß in der Gaststätte Vogelhäusl am Bayertor gut und reichhaltig zu Abend und schlenderte dann noch durch die Gassen der Altstadt, die komplett unter Denkmalschutz steht. Schon an diesem Abend verliebte ich mich ein bisschen in die Stadt mit ihren hübschen Hausfassaden mit den unterschiedlichsten Giebeln besonders auf dem dreieckigen Hauptplatz, erst am nächsten Morgen sah ich dann die ganze Pracht.
Auch der Lech mit seinem über mehrere Stufen hinabfließenden, weiß schäumenden Wasser ist ein toller Anblick, die Ufer sind mit Kastanien gesäumt und Cafés laden zur Einkehr ein. Dann wurde es aber Zeit nach München zu fahren. Nicht für lange nahm ich Abschied, schon am nächsten Abend erreichte ich mit der Gruppe wieder Landsberg. Diesmal fand der Check-In im Landhotel Endhart statt, anschließend gingen wir im Wirtshaus am Spitalplatz in der Altstadt essen. Es schmeckte wirklich gut, nur die Vegetarier unter uns hatten Schwierigkeiten überhaupt was auf der Karte zu finden. Ergänzt wird das vorzügliche Essen durch eine umfangreiche Weinkarte, wir blieben an diesem Abend aber beim Bier und probierten uns durch das Angebot der (bayrischen) Craft-Biere vom Wuida Hund über die Wuidsau bis zum Fuchsteufelswuid, letzteres mit erstaunlichen 8,2 % Alkohol (dafür aber im Gegensatz zu den anderen leckeren Bieren schwer genießbar). Es wurde ein lustiger Abend.
Stadtrechte seit 1280
Am nächsten Morgen gab es ein üppiges und hervorragendes Frühstücksbüffet, danach erhielten wir durch die in alte Gewänder gehüllte „Hildegard“ eine Stadtführung. Schon vor dem Erhalt der Stadtrechte am Ende des 13. Jahrhunderts gab es eine Brücke über den Lech, über die Salz aus Bad Reichenhall und Umgebung in den Westen- zum Bodensee und weiter in die Schweiz- transportiert wurde, nun konnte die Stadt aber auch Zölle erheben, später musste das Salz sogar in Landsberg zwischengelagert werden.
Nach und nach wurden drei große Salzstadel gebaut, zwei davon gibt es heute noch, umgebaut für die Nutzung als Wohnungen und kleine Läden bzw. Stadtbibliothek. Landsberg wurde im Mittelalter immer wohlhabender, auch das ertragreiche Textilhandwerk trug dazu bei. Im 15. Jahrhundert wurde die gotische Stadtpfarrkirche gebaut, später durch barocke Elemente im Innenraum und außen durch den weithin sichtbaren Zwiebelturm erweitert. Bedeutende Kunstwerke und Glasgemälde, der goldglänzende, 20 Meter hohe Altar und die imposante Orgel beeindrucken ebenso wie die Größe der Kirche. Bis zu 3000 Personen fänden hier Platz.
Weitere sehenswerte Kirchen gibt es in Landsberg.Etwas höher gelegen ist die von den Jesuiten gebaute Heilig-Kreuz Kirche, von dem bedeutenden Landsberger Bauherren Dominikus Zimmermann (1685-1766), der auch mehrmals Bürgermeister von Landsberg war, wurde die im Rokokostil gehaltene Johanniskirche errichtet. Zimmermann schuf auch die prächtige Fassade des Rathauses am Hauptplatz, in dem schönen Festsaal finden auch heute Konzerte statt. Der barocke Marienbrunnen aus Marmor vor dem Rathaus wurde kurz zuvor gebaut.
Schönes und Historisches am Lech
Es ging zum schönen Lechwehr, der Lech war früher die Grenze zwischen Bayern und Schwaben, heute liegt sie weiter westlich. Ein Stück unterhalb liegt am Lechufer das Inselbad, ein Stück dahinter die Justizvollzugsanstalt. Diese steht für das dunkelste Kapitel der Landsberger Stadtgeschichte.
1923/24 saß Adolf Hitler nach einem Putschversuch in München in der JVA ein, hier schrieb er „Mein Kampf“, nach 1933 wurde die „Hitlerzelle“ zum Kultort, viele Großveranstaltungen der Hitlerjugend wurden in Landsberg abgehalten. Im Krieg mussten KZ-Häftlinge aus dem nahegelegenen Dachau unter unmenschlichen Bedingungen hier arbeiten.
Auf der anderen Seite des Lech sieht man den Mutterturm, der von dem Künstler Hubert von Herkomer in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts zu Ehren seiner Mutter gebaut wurde, aber auch als Atelier genutzt wurde. Heute befindet sich hier ein Museum mit Kunstwerken aus der Herkomerstiftung. Der Künstler förderte auch den aufkommenden Automobilsport und rief die Herkomer-Konkurrenz ins Leben. Als Oldtimer-Rennen findet diese noch heute alle zwei Jahre statt, das nächste Mal vom 9.-12. Juli 2020.
Das größte Fest der Stadt ist das Ruethenfest, Kinder in historischen Kostümen spielen die Geschichte der Stadt nach, auf dem Hauptplatz wird musiziert und getanzt wie damals und auch der prachtvolle Festzug durch die geschmückte Altstadt steht im Zeichen der Historie. Es findet allerdings nur alle vier Jahre statt, das nächste Mal im Juli 2023
Wir gingen weiter zum Jungfernsprungturm. Um die Grenze zu Schwaben zu sichern, war Landsberg immer mit einer Stadtmauer umgeben, wegen der zunehmenden Größe der Stadt wurde eine zweite und im 15. Jahrhundert eine dritte Mauer errichtet. Diese ist heute mit allen Toren und Türmen quasi vollständig erhalten, der Jungfernsprungturm ist ein Turm davon, das in der Nähe stehende Bayertor gilt als das schönste gotische Tor Süddeutschlands.
Es kann zu bestimmten Zeiten bestiegen und besichtigt werden, der Jungfernsprungturm nur im Rahmen einer Stadtführung. Dies machten wir nun und genossen den Anblick von oben auf die Stadt.
Wildpark und Teufelsküche
Nach der Stadtführung machten wir noch eine kleine Radtour. Es gibt viele Möglichkeiten zwischen Landsberg und dem Ammersee zu radeln oder zu wandern , 16 Radtouren sowie 19 Rundwanderungen werden in zwei Broschüren, die man im Touristen- Info im Rathaus kostenlos erhalten kann, vorgestellt.
Wir begnügten uns damit am Lechufer entlang ein Stück nach Süden zu fahren. Zuerst ging es in den Wildpark, auch Lechpark genannt, da es nicht nur Damwild und Wildschweine gibt, sondern darüber hinaus ein Kneippbecken, einen Barfußweg, einen Wasserspielplatz und Freiflächen zum Sonnen, Spielen sowie zum Verweilen und Essen an rustikalen Tischen und Bänken. Neben Wald und Wiesen gibt es Auflächen mit Flutmulden, Altwassern und Quellen, die mit ihrem eiskalten Wasser auch das Wassertretbecken speisen.
Ein Stück dahinter geht es in die Teufelsküchenschlucht, das erste Stück ist noch mit dem Rad befahrbar, dann geht es nur zu Fuß weiter, schließlich stehen wir über dem Teufelsloch mit seinem türkisfarbenen Wasser. Oberhalb der Schlucht liefen wir auf einem Naturlehrpfad und kamen zu einem Aussichtspunkt, von dem wir einen schönen Blick über den Lech hatten. Die Teufelsküche soll ein mystischer Ort sein, es heißt, dass es bei Nacht hier spukt und man Geistern begegnen kann.
Wir ließen uns aber von der Teufelsküche bekochen, denn am Eingang zur Schlucht, direkt am Lech, befindet sich das gleichnamige Restaurant. Es ist ein wunderbarer Ort für ein leckeres Mittagessen.
Sonne in Landsberg
Wer möchte kann noch ein kleines Stück weiterfahren und gelangt dann in das kleine Dorf Pitzing, ein Ortsteil von Landsberg. Hier befindet sich das Schloss Pöring mit der Schlosskirche, dessen Stuckarbeiten auch von Dominik Zimmermann übernommen wurden. Wir radelten zurück in die Stadt und für die anderen Teilnehmer der Pressereise ging es dann nach München. Ich blieb noch bis zum Abend in Landsberg um das schöne Wetter auszunutzen.
Um im Lech zu baden wurde mir die westliche Seite flussaufwärts, also gegenüber des Lechparks, empfohlen. Ich fand eine Einstiegsstelle am bewaldeten Ufer und eine ordentliche Abkühlung im Wasser. Ganz schön kalt, der Lech! Ein bisschen weiter flussaufwärts befand sich aber die eigentliche Badestelle, das Wasser ist hier gestaut und wärmer und macht eher den Eindruck eines Sees. Ich konnte auf der Wiese in der Sonne aalen, im Wasser gibt es sogar eine Badeinsel. Abgerundet wurde mein Aufenthalt in Landsberg mit einem Eis an den Lechstufen in der Stadt.
Dass andere Besucher Landsberg bei Sonnenschein erleben, ist laut dem deutschen Wetterdienst wahrscheinlich, denn Landsberg am Lech soll zu den sonnigsten Städten Deutschlands gehören.
In der Umgebung gibt es viele reizvolle Ziele:
- Ammersee, mit dem Rad fährt man eine gute Stunde (ca. 20 km)
- Es gibt viele weitere Rad- und Wanderwege zwischen Lech und Ammersee, Broschüren und Infos im Touristenbüro im Rathaus
- München, knapp 60 km entfernt, mit der Bahn ca. 45 min.
- Augsburg, 42 km entfernt, der Zug braucht knapp 1 Std.
- Pfaffenwinkel, südlich von Landsberg, wegen der vielen Kirchen und Klöster so genannt, z.B. Kloster Andechs (mit Brauerei) nah beim Ammersee oder das Kloster Ettal. Die Wieskirche in Steingaden, eine der berühmtesten Rokokokirchen weltweit, ist rund 50 km entfernt. Auch der einzigartige Paterzeller Eibenwald oder der Hohenpeißenberg mit seiner grandiosen Aussicht auf das Alpenvorland liegen im Pfaffenwinkel, rund 40 km von Landsberg entfernt.
- Schloss Neuschwanstein und Füssen erreicht man nach ca. 65 km
Landsberg liegt direkt an der A 96 Memmingen- München, die Entfernung beträgt zu beiden Städten rund 60 km.
Mit dem Zug benötigt man von München Hbf. ca. 45 min.
- Landhotel Endhart, ca. 2 km vom Zentrum entfernt, EZ 70 €, DZ 99 € incl. sehr gutem Frühstücksbüffet
- Augsburger Hof, mitten in der Altstadt, EZ 45-55 €, DZ 90 € incl. Frühstück
- Gästehaus Vortanz, gut 1 km vom Zentrum entfernt, EZ 30 €, DZ 49 € incl. dem Preis angemessenem Frühstück
- Campingplatz Landsberg am Lech, am Lechpark, ca. 3 km vom Zentrum entfernt
Den Bericht über die Wasserradlwege, die auch an Landsberg vorbeilaufen, seht ihr hier:
Offenlegung: Wir wurden für eine Übernachtung und eine Radtour nach Oberbayern eingeladen.
[…] Landsberg am Lech habe ich noch einen gesonderten Artikel […]