Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Bild von Inka @blickgewinkelt

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?

Gleich vorab. Ich mag mich – wie ich bin. Mein Körper, meine Figur, meine Größe – Irgendwie passt das alles zu mir. Und ich fühl mich auch nicht fett. Manchmal (vor allem beim Shoppen) komme ich mir etwas moppelig vor und gerade beim Treppensteigen merk ich meine Zusatzkilos doch das eine oder andere mal. Und wer ist dafür verantwortlich? Süßigkeiten. Und das schlimme? Ich bin vor allem in meinen Schreibphasen süchtig danach.  Aber das ist ein anderes Thema.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?

Viel schwieriger ist für mich tatsächlich die Tatsache, das viel zu viel in Bezug auf das Reisen auf schlanke Menschen ausgerichtet ist. Ganz extrem ist mir dies bei meinen Reisen in den USA aufgefallen. Sowohl im Greyhoundbus als auch im Amtrakzug durch Florida und von Vancouver nach Seattle und auch auf den inneramerikanischen Flügen hatte ich unglaublich Platz. Aktivkleidung für XL? Kein Problem. Mag sein, das der Amerikaner schon deshalb mehr Platz hat, weil das Land einfach größer ist. Und das in Sachen Aktivkleidung für Übergewichtige die Amerikaner doch einen Schritt weiter sind.  Aber dennoch.

Warum ich darüber schreibe und mich das Thema so nervt?

Nun – da kann ich eine längere Geschichte zu erzählen. Ich bin zwar etwas über Norm, aber genau die paar Zentimeter Körperfülle haben mich in meinem Leben schon einige Nerven gekostet. Fangen wir also von vorne an.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Bild von Inka @blickgewinkelt – Die Jacke hab ich übrigens nach dem Besuch von 5 Geschäften gefunden.

Die Suche nach Sport- und Aktivkleidung

Wenn ich mir Bekleidung oder einen Badeanzug kaufen will, die für Sport oder Aktivreisen geeignet ist, bekomme ich regelmäßig Weinkrämpfe. Oder ich verlasse die Läden, natürlich ohne irgendwas gekauft zu haben. Ich bin 161 Zentimeter groß, habe nicht unwesentliche Oberweite und – wie eine Bekleidungsfachangestellte einmal netterweise mitgeteilt hat – zu kurze Beine. Dazu kommen ein paar Kilo zuviel, die sich an Po, an Bauch und an den Oberschenkel sehr gut und gleichmäßig verteilt haben.

In Düsseldorf habe ich an einem Tag 5!! Geschäfte besucht, um eine Jacke zu finden, die Winddicht ist, die nicht für Männer ist, die über meinen Brüsten „zugeht“ (ja das ist bei Regen durchaus wichtig ist) und die in Größe 44/46 erhältlich ist. Selbst die „Profis“ haben mich wieder davon geschickt – weil es von den bekannten Outdoormarken Frauensachen scheinbar nur bis Größe 46 produziert werden.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Bild von Inka @blickgewinkelt – Bei Wanderhosen und Sweatjacken hab ich oftmals noch Glück

Und die Damen mit dieser Größe müssen möglichst noch flachbrüstig sein. Alles was darüber hinausgeht hat Ärmel, in denen ich meine Arme zweifach verstecken könnte oder ist in der Farbe Schwarz, was ich gerade bei Outdoorsachen nun mal so gar nicht tragen wollte. Nach wochenlanger Suche bin ich im Sale bei Sack & Pack durch Zufall noch an einer passenden Jacke hängengeblieben. Rotorange. Und von 220 auf 160 Euro reduziert. Leider hab ich die in diesem Jahr in der Bahn verloren.

Und wisst ihr wo ich einen Nachfolger gefunden habe? Bei Decathlon. Aber auch da hab ich wirklich lange gesucht.

Ihr glaubt, das dies ein Einzelproblem ist? Beiweiten nicht. Vor einigen Jahren wollte ich eine Skihose. Die gab es zwar – so das mein Pöppes reinpasste, aber dafür war sie „untenrum“ so lang, das ich ständig auf der Hose herumtreten musste. Immerhin hatte ich vor kurzem bei einer Wanderhose Glück. Die gab es sogar in Kurzgröße und bis Kleidergröße 46.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Badeanzugfotos von mir sind die Seltenheit. Aber meine sind auch nicht wirklich sehenswert ;)

Und dann ist da noch die Sache mit dem Badeanzug. Das Thema bringt mich sogar online regelmäßig zur Verzweiflung. Badeanzüge und Bikinis gibt es ganz sicher in großen Größen – wenn man dann aber auch noch einen Aktivbadeanzug mit meinem Brustumfang abseits von DoppelD sucht, erntet man in zahlreichen Fachgeschäften und auch online nur ein entschuldigendes „Haben wir für die leider nicht“.  Und auch hier wieder – Schwarz oder Omalike will ich einfach nicht. Wenn ihr also noch einen guten Tipp habt – ich freue mich über Empfehlungen!

Wie auch immer. Ich hoffe, das sich in Sachen Aktivkleidung für große Größen und kleine Menschen in den nächsten Jahren was tut. Schließlich bin ich doch nicht die einzige meines Kalibers, die sich bewegen will, oder?

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Übergewicht beim Gepäck? Passiert mir nicht!

Vorurteile in Sachen Fitness

An eine Geschichte kann ich mich ganz besonders erinnern. Es war vor zwei Jahren bei meinem geplanten Fallschirmsprung, für den ich sogar ein paar Kilo abgenommen hatte – um ja auch der Norm zu entsprechen.

Als ich auf dem Sprungplatz ankam, wurde ich von den meisten der Springer erst einmal argwöhnisch angeschaut. Max (mit dem ich später auch gesprungen bin) kam zu mir und teilte mir sogleich mit, das er nicht sicher ist, ob ich springen dürfte. Der Grund? Nun ich wirkte zu behäbig und schwer-fällig. „Mach erst mal die Sicherheitsübungen mit, dann schauen wir weiter“ war damals die Ansage. Bei den Übungen konnte ich recht schnell beweisen, dass ich trotz meiner Kilos keinesfalls zwei Linke Beine habe und mich durchaus wie eine Banane durchbiegen kann. Ich durfte springen und hatte dabei auch richtig viel Spaß.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?

Natürlich sind diese Vorsichtsmaßnahmen beim Fallschirmsprung wichtig – schließlich geht es um die eigene Sicherheit. Dennoch ist dies kein Einzelfall. Schon häufig wurde ich und meine Körperfülle unterschätzt. Ich unterschätze mich ja oftmals sogar selbst. Früher haben mich diese Dinge noch belastet – Sprüche, Kommentare oder komische Blicke.  Mittlerweile spornen mich Meinungen an. Und das Gefühl – Vorurteile wiederlegen zu können – ist wirklich genial.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Auf diese Bank bin ich ganz alleine hochgeklettert. :)

Deshalb kann ich allen mit ein paar Kilo zu viel auf den Rippen einfach nur empfehlen, seit mutig. Traut euch was. Und beweisst der Welt – dass ihr durchaus in der Lage seit euch zu bewegen, aktiv zu sein und genau die gleichen Abenteuer zu bestehen, wie Schlanke das auch können (auch wenn es vielleicht mal länger dauert).

Und klar, ich will nicht von der Hand weissen, das ich mit gut 20 Kilo weniger auch automatisch aktiver wäre. Aber wenn ich eines auf keinen Fall bin, dann behäbig. Beweisen konnte ich mir das auch schon zwei mal beim Womens Run, bei dem ich die 5 km Walking Strecke in einer recht guten Zeit absolviert habe und dabei sogar noch die einen oder anderen überholt habe ;)

Öffentliche Verkehrsmittel

Gerade sitze ich wieder in einem Flugzeugsitz. Und ja, die Schnalle geht ohne Probleme zu und auch mein Pöppes passt mit zwei drei Zentimeter an beiden Seiten noch gut in den Sitz. Auch in Sachen Platz für Beine muss ich mir selten Sorgen machen. Eingeengt fühle ich mich dennoch, was natürlich auch an der Tatsache liegen kann, dass ich einfach nicht so gerne fliege.

Teilzeitreisender Janett bei Fliegen
Vorne ist dann doch was mehr Platz :D

Aber gerade beim Fensterplatz hab ich auch manchmal den Eindruck, nicht schmal genug zu sein und durch meine Fülle noch mehr eingepfercht zu sein. Auch in der deutschen Bahn werden die Sitze gefühlt immer schmaler. Letztens noch hatte ich das Gefühl, mich da gar nicht mehr frei bewegen zu können. Das war doch früher einmal anders oder?

Nur Autositze werden meiner Meinung nach in den letzten Jahren immer gemütlicher. Ansonsten kommt wohl für die großen Unternehmen an allererster Stelle Effizienz anstatt Platz.

Übergewicht: Eine Herausforderung beim Reisen?
Die Sitze in den ICEs (2te Klasse) sind recht schmal, oder was meint ihr?

Das ist übrigens etwas, was ich in den USA sehr mag. Auf längeren Strecken gibt es zum Teil sogar in der Economyklasse Sitze, auf denen man gemütlich schlafen und relaxen kann. Auch wenn die Amtrak-Züge nicht wirklich modern sind – angenehmes Reisen ist das schon.

Die öffentliche Wirkung

In meiner Timeline auf Facebook und Instagram werden sie immer wieder nach oben gespült. Die Blogger(innen), die mit langen glänzenden Haaren, einer schlanken Figur oder mit einem meganiedlichen Outfit an einem beeindruckenden Ort posieren. Doch ist das die Wirklichkeit? In New York hab ich viele dieser Hipstermädels gesehen, die an teilweise gefährlichen Orten ihre Selfies machen mussten und ganz nebenbei auch Mädels meines Kalibers, die irgendwelche Verrenkungen gemacht haben, damit sie auch ja den megaschlanken Hals machen können.

Ja – auch ich habe eine zeitlang versucht, diesen Trend nachzumachen. Aber? Damit es die Masse geil findet – muss man halt nun mal schlank sein. Meine Bilder sind – bis auf wenige Ausnahmen – oft einfach ich. Ungestellt, in meinen Alltagssachen. Und nein,  ich habe keine speziellen Kleider und Hüte, Sonnenbrillen oder Tücher für meine Reisen. Höchstens mal einen Pinguin. Oder den kleinen Reformator.

Janett

Hallo, ich bin Janett, die Gründerin des Blogs Teilzeitreisender.de
Schon immer war ich ein sehr großer Fan von Kurzreisen. Neben einer Teilzeitstelle an der Uni Düsseldorf pflege und hege ich deshalb dieses Projekt - und habe dafür schon das eine oder andere Abenteuer erlebt.

Mehr über mich erfahrt ihr unter der Rubrik Persönliches

Alle Blogposts des Autors

Schreib uns einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare

Cookie Consent mit Real Cookie Banner