Gerade eben lese ich von der Sturmflut, die in den kommenden Tagen an zahlreichen Ostseeküsten erwartet wird. Eine Flut mit mehr als 1,50 als normal ist gefährlich, jedes Jahr aufs Neue werden vor allem in den Seebädern durch diese Stürme viele Dinge zerstört. Der Sturm an sich jedoch zieht immer wieder und vor allem in den Wintermonaten die „Bernsteinfischer“ hinaus. Warum setzen sie sich für ein wenig Bernstein der Gefahr aus? Und warum sollte man als Laie besser im Warmen bleiben?
Inhaltsverzeichnis
Zu Besuch beim Bernsteinfischer
In Binz habe ich mich Ende Oktober mit dem wohl bekanntesten Rügener Bernstein-Experten getroffen: Finbarr Corrigan. Vor über 20 Jahren kam er von der britischen Insel nach Rügen und fand dort auch seine Liebe. Zu einer Frau und zum Bernstein. Inzwischen ist das Bernsteinfischen und das Geschäft „Der Bernsteinfischer und Sin Fru“ ein Familienunternehmen und in dem Geschäft der Familie Corrigan kann sich jeder Besucher sicher sein, auch echten Bernstein zu kaufen.
Bernstein? Kein Schönwetterstein
Ich bin sicherlich kein Profi, aber dank eines kleinen „Bernstein-Crash-Kurses“ in Litauen wusste ich, das Bernstein kein „Schönwetterstein“ ist. Nur Stürme in der kalten Jahreszeit können die Ostsee so aufwirbeln, dass Jahrmillionen alte fossile Harzteile an die Oberfläche und vor allem an die Strände der Ostsee treten.
Die meisten Stürme besuchen die baltische See vom Oktober bis März – eine ungemütliche Zeit und nicht weniger gefährlich.
Schon vor Jahren habe ich mich auf Hiddensee über Menschen gewundert, die in Seetang herumwühlten. Schöne Muscheln sind hier Mangelware und ich brauchte ein paar Tage bis mir eine Dame in einem Restaurant hoch oben am Leuchtturm von Hiddensee das Geheimnis verriet. „Die Menschen suchen nach Bernstein!“.
Damals hatte ich kein Handy dabei und so konnte ich erst später herausfinden – wie dieser Bernstein aussieht und vor allem wie wertvoll er ist. Mittlerweile weiß ich, das ein Bernstein in der passenden Größe und Qualität ein Vermögen wert ist.
Kein Glück bei der Bernsteinsuche
Fortan bückte auch ich mich bei meinen Spaziergängen an der langen Strandzunge von Hiddensee. Glück hatte ich nie. Natürlich wollte ich von Finnbar wissen, woran das liegt: „Falsche Zeit und falscher Ort“.
Nicht jeder Sturm sorge auch für Bernstein und wenn ich einen Tag nach dem Sturm am Strand entlanglaufe, werde ich nur selten etwas finden, weil sowohl die Fischer als auch die Sammler schon alles „abgegrast“ haben.
Woher kommt Bernstein?
Ich erfahre von dem Urwald, der vor 40 Millionen Jahren an Stelle der jetzigen Ostsee gestanden haben muss. Das Harz der zahlreichen Tannenartigen Gewächse ist der heutige Bernstein. Und besonders wertvoll ist der Bernstein mit Einschlüssen (Tiere und Pflanzen) aus der damaligen Zeit.
Bernstein richtig zu erkennen ist gar nicht so einfach. In den letzten Jahrzehnten wurde der Markt mit zahlreichen Fälschungen überschwemmt. Bernstein ist sehr leicht, riecht harzig und schwimmt im salzigen Wasser. Aber das kriegt man alles auch mittlerweile synthetisch hin.
Bernsteinfischer ist man nicht einfach so.
Seit 10 Jahren ist Finnbar nun schon der Bernsteinfischer von Binz. Gelernt hat er auf Hiddensee – die Insel bietet häufiger als das Rügener Festland gute Voraussetzungen für die Bernsteinsuche. „Der Wind macht’s! In Binz ist die Chance bei Nordostwind gut, auf Hiddensee Südwestwind“ verrät mir der Bernsteinfischer in einem charmanten Denglisch.
Kein Job wie jeder andere
Das Fischen selbst ist jedoch sehr gefährlich. Die Ostsee und ihre Wellen sind unberechenbar und für „ungeübte“ lebensbedrohend. Noch dazu dauert eine „Fischung“ oft mehrere Stunden und das bei eiskalten Wasser. Wer da nicht passend gekleidet und ausgerüstet ist, holt sich schnell eine ziemlich böse Lungenentzündung. Schnell merke ich, Bernsteinfischer werde ich in diesem Leben nicht mehr. Vielleicht versuche ich nach dem Sturm mal mein Glück?
Dafür zeig ich Finnbar meinen gefundenen Stein vom Vormittag. „Das ist kein Bernstein, auch wenn er eine schöne Farbe hat.“ Fragen wie diese bekommt die Familie fast jeden Tag. Gäste der Insel können beim Bernsteinfischer vorbeikommen und nicht nur die Echtheit eines Steins begutachten lassen. Wer kein Glück beim Suchen hat, kann sich das Gold der Ostsee auch vor Ort kaufen. Oder sich aus seinem Stein ein Schmuckstück anfertigen lassen.
Mir schenkt die Familie Corrigan einen Hosentaschen-Bernstein. „Der bringt Glück und ein ewig volles Portemonnaie.“ wird mir gesagt. Und irgendwie stimmt es. Mein Geldbeutel ist seitdem nicht mehr leer.
- Wenn ihr selbst sammeln wollt, nicht im größten Sturm und bei Flut hinaus. Ihr gefährdet euer Leben. Nutzt Gummistiefel, denn oft findet sich der Bernstein im seichten Wasser.
- Der Bernsteinfischer ist in der Paulstraße 1 in der Innenstadt von Binz zu finden. Während der Öffnungszeiten könnt ihr hier Bernstein kaufen, auf Echtheit prüfen oder in ein Schmuckstück verwandeln lassen. Auch gibt’s hier jede Menge Dekorationsartikel, die wirklich sehenswert sind
- Bitte sammelt Bernstein in einem Glas. Falls es sich, wie gelegentlich passiert – um Phosphor handelt, droht so keine Gefahr.
- Monika und Peter haben den Bernsteinfischer von Binz ebenfalls besucht
- Ein paar wichtige Tipps zum Bernsteinsammeln findet ihr hier.
Offenlegung: Ich wurde von Binz anlässlich des Wanderherbstes zu einer Kurzreise eingeladen.
[…] Auf Rügen gibt es viel Bernstein. […]
„Wenn der Wintersturm das Bernstein bringt“ ? Sorry. Bernstein – Substantiv, maskulin.
Klugscheissermodus aus.
Ansonsten toller Bericht!