Ein alter Bus steht vor einer halb zerfallenen Scheune. Seine besten Jahre sind schon längst vorbei, längst rostet er inmitten von altehrwürdigen Nadelbäumen dahin. Wir sind in Schweden, unweit der Stadt Ryd – die mir bisher mal so gänzlich unbekannt war. Auf unserem Roadtrip durch Süd-Südschweden erfuhren wir von diesem faszinierenden Ort – einem Autofriedhof im schwedischen Moor Kyrkö Mosse, der, weil er unentgeltlich zu besuchen ist, regelmäßig zahlreiche Besucher anzieht. Und das alles wegen ein paar verrosteten Autos.
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte vom Autofriedhof in Kyrkö Mösse.
Die Zeitreise beginnt in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Åke Danielsson , der einst als Torfstecher tätig war, besitzt ein kleines Waldstück im Moor Kyrkö Mosse westlich von Ryd. Als das Geschäft mit Torf nicht mehr so gut läuf, beschließt er, ein Fachwissen in Sachen Autos zur Leidenschaft zu machen. Er kauft alte Schönheiten auf und sammelt sie auf seinem Grundstück – dem heutigen Autofriedhof.
Die Zeit jedoch machte auch vor dem Betreiber der Autowerkstadt nicht halt. Schon in den 80er Jahren war Åke zu alt für die aufwendigen Reparatur-Arbeiten. Anfang der 90er ging er ins Altersheim und die alten Autos wurden der Natur überlassen.
Das Politikum Kyrkö Mosse
Als Åke Danielsson 1999 starb, war lange Zeit unklar was mit dem Grundstück im Wald passieren soll. Das eskalierte soweit, dass in Schweden erst auf lokaler Ebene, dann auch auf nationaler Ebene eine Diskussion darüber entstand, was mit all diesen Schrottautos im Wald passieren sollte.
Wie hat die Politik entschieden? Nach jahrelangen Diskussionen wurde der „Bilkyrkogården på Kyrkö mosse“ unter Schutz in seiner jetzigen Form gestellt. Erst einmal bis 2050 – bis dahin, so glaubt man, seien die Autos gänzlich vom schwedischen Moor verschluckt. Schon jetzt verändert sich das Aussehen dieses besonderen Ortes fast jährlich. Meine Bilder stammen aus 2015 – inzwischen ist zum Beispiel die Scheune nicht mehr zu finden.
Automobile Schönheiten im Kiefernwald von Ryd
Wer jetzt glaubt, das der Autofriedhof voller Volvos und europäischer Automobile ist, der irrt. Auch die eine oder andere amerikanische Schönheit rostet hier vor sich hin. Aber zurück zum Politikum Kyrkö Mosse.
Neugierig auf das Abenteuer Autofriedhof.
In der Classic Remise hatte ich ein paar tolle Bilder von Autofriedhöfen gesehen und nun wollte ich mir selbst ein Bild machen. Was würde mich erwarten ? Und vor allem, wie findet man den Friedhof ? Wie bei vielen „Lost Places“ gibt es auch hier keine genauen Angaben, jedoch standen in einem lokalen Prospekt die ungefähren Koordinaten.
Mit denen fütterten wir unser Navigationssystem und landeten prompt auf einem Feldweg außerhalb der Stadt. Als es für Autos nicht mehr weiterging, drehten wir mitten im Wald und kehrten um. Immerhin, der Unterboden war jetzt sauber ;). Den Friefhof für Autos hatten wir immer noch nicht gefunden.
Wieder zurück auf der Hauptstraße fuhren wir weiter Richtung Westen. Ich hatte etwas von einem Parkplatz gelesen und tatsächlich, ein altes, amerikanisch anmutendes Schild zeigte einen Autofriedhof an.
Achtsamkeit auf dem schwedischen Autofriedhof!
Auf einem Schild lese ich kurz die Regeln durch, die dort in drei Sprachen angepinnt stehen. Diese sind relativ simpel!
- Lasst die alten Autos an ihrem Platz!
- Seid vorsichtig wegen den scharfkantigen Gegenständen!
- Beschmiert oder beschädigt bitte nix!
Für mich ist das ja irgendwie Ehrensache, aber in vielen Foren habe ich gelesen, dass die Autos leider sehr viel mehr durch Menschenhand beschädigt wurden, als die Natur dazu je in der Lage gewesen wäre. Und so sieht man auf dem gesamten Autofriedhof keine intakte Glasscheibe mehr, das Innenfutter der Fahrzeuge ist teilweise herausgerissen und zerstört und auch diverse Schrottteile liegen wild herum.
Eine Zeitreise auf einem alten Schrottplatz?
Doch kommen wir zurück in die 70er, als Åke Danielsson noch hier seine Autos reparierte. Die alte Scheune und kleine Fabrik, die etwas weiter hinten zu finden ist, sehen aus, als würden sie die kommenden 5 Jahre nicht mehr überstehen. Und doch wirken sie, als würde jederzeit Ake um die Ecke biegen und hier mal für Ordnung sorgen. Dennoch wird aufgrund des sumpfigen Untergrundes davon ausgegangen, das irgendwann in gut 30 Jahren dieser Wald wie jeder andere sein wird.
Sterbende Autos in Kyrkö Mosse
Ich war nicht gefasst auf die Eindrücke und Gefühle die auf mich einströmten. Da war zum einen dieser Gedanke an Vergänglichkeit, der mich melancholisch werden ließ. So schöne Autos, denen man hier beim Sterben zuschaut. Man denkt an die Geschichten, die jedes von Ihnen einmal erlebt hat. Zum anderen ist da aber auch der Gedanke an Nachhaltigkeit. Das Wasser zwischen den Autos wirkt ölig, überall finden sich Fässer und das ganze Metall und alte Reifen sind sicherlich nicht gut für die Umwelt. Und dann war da noch die Überraschung, denn die Natur hat sich an vielen Orten durchgesetzt. Auf einer Dachablage wachsen kleine Bäume, ein anderer Baum schwingt sich um eine Motorhaube und einige Teile verschwinden schon im Boden.
Vergänglichkeit. Und Perspektive. Mitten im schwedischen Wald.
Ein paar Informationen über die Geschichte vorab oder eine Führung muss schon sein. Und vor allem sollte man hier keinesfalls mit Pumps oder offenen Schuhen umherlaufen. Wenn man durch die spinnenwebenverhangenen Wälder streunt, dann bleibt man schon mal gerne wo hängen und das versumpfte Gelände ist in einigen Monaten sicherlich nur mit festen Schuhwerk begehbar.
Wer sich eingehend mit den Fahrzeugen beschäftigen will, kann hier schon gut zwei Stunden verbringen. Auch wenn die Autos recht zerfallen sind, lassen sich hier sehr gute Fotos machen und auch wenn der Ort nicht leicht begehbar ist, so kann man hier doch recht viel entdecken. Einen alten VW Bulli, einen großen Bus, einen Traktor, verschiedene Autos der 60er… und jede Menge Schrott.
Eindrücke aus dem Schrott-Wald in Kyrkö Mosse.
So kommt ihr zum Autofriedhof Kyrkö Mosse
Der „Bilkyrkogården på Kyrkö mosse“ befindet sich an der Landstrasse 119, Adresse fürs Navi ist Värendsgatan, 360 10 Ryd, Schweden. Vor dem Eingang sind jedoch nur wenige Parkplätze, es empfiehlt sich deshalb auch eine kleine Wanderung aus Ryd durch den Nyatorp-Wald.
Tipps für den Besuch des Bilkyrkogården (Autofriedhof) in Kyrkö Mosse
- Der Besuch auf dem Autofriedhof ist jederzeit möglich und kostenfrei.
- Erhaltet den Platz für die kommenden Gäste. Das heißt, nichts mitnehmen und keinesfalls etwas ändern oder zerstören
- Eine gute Kamera ist hier ein Muss. Selbst mit meinem einfachen Equipment entstehen fast von selbst tolle Bilder
- Zieht euch anständige Schuhe für einen Spaziergang an!
- Seid achtsam, an einigen Stellen besteht Verletzungsgefahr.
- Wenn ihr mit Kindern unterwegs seit, gilt besondere Sorgfalt, das Gelände wirkt an einigen Stellen wie ein Spielplatz. (isses aber nicht)
- Beste Zeit für einen Besuch ist frühmorgens – dann sind noch nicht so viele Menschen unterwegs
- Anreiseempfehlung: Für all diejenigen, die sich so etwas auch mal gerne anschauen wollen, sei empfohlen, von Ryd aus sich auf der Bundestraße Richtung Westen zu halten.
- Auch rund um den Autofriedhof gibt es tolle Orte zu entdecken!
- Die Region Smaland (nicht die bei Ikea) hat noch viel mehr zu bieten. Schaut gerne auch bei Visit Schweden vorbei, dort gibt es einige hilfreiche Tipps!
Mein Onkel ist Schrotthändler. Er würde im schwedischen Wald zwischen den Autos sicherlich etwas finden. Gut zu wissen, dass jemand, der sich eingehend mit den Fahrzeugen beschäftigt, hier schon gut zwei Stunden verbringen kann.
[…] dieser Eindrücke. Und doch gab es einen besonderen Ort, den ich wohl nie wieder vergessen werde. Der Autofriedhof (Bilkyrkogården) im schwedischen Moor Kyrkö Mosse. Ein Ort, der unreal und gleichzeitig besonders […]
Hallo,
auch wir waren im Sommer 2016 zuBesuch in Schweden und in Ryd. Mein Mann hat diesen besonderen Ort entdeckt und mir, als Autofahrerin von eher sauberen, komfortablen Autos hat dieser Ort auf eine Phantasiereise geschickt, wie hat dieser Ake gelebt, wie sah es zu seiner Zeit aus….aber das müssen wir uns selbst vorstellen!
Aber als wir wieder zu unserem Auto zurückkamen, trafen wir unsere Parkplatznachbarn, die total sauer waren, weil ihnen irgendjemand in kurzer Zeit den Scheinwerfer ihres Autos kaputt gemacht hat, die Scherben lagen davor und paar Tage davor wurde das Auto aufgebrochen. Die beiden waren echt fertig und das im ordentlichen Schweden.
Wir hatten eine super Zeit dort und der Friedhof war ein interessanter PLatz neben den vielen idyllischen roten Häuschen.
Hey da!!!
Hey Janett,
coole Fotos! Ich war vor kurzem erst noch während meines Auslandssemesters in Karlstad auf so einem Autofriedhof in Bästnas an der Grenze zu Norwegen. Echt magisch der Ort. Und freue mich immer wieder zu sehen, wie so Orte in Schweden aussehen. Ohne Müll, Graffitti etc. Definitiv einen Besuch wert.
Har det bra
Lennart
[…] Also umdrehen und der Straße noch ein wenig folgen, und tatsächlich, da stand ein Schild “Autofriedhof” Nun, was soll man über Kyrkö Mosse sagen… Es wird sicherlich nicht jedermanns “Lieblings-Ausflugsziel” sein, aber während ich das ganze eher ein wenig seltsam fand, konnte Janett mit ihrer Begeisterung nicht hinterm Zaun halten. Auf dem Rückweg von Schweden nach Deutschland hat sie sogar über den schwedischen Autofriedhof gebloggt. […]
Ich bin neidisch :-)
Sicherlich für einige befremdlich. Ich mag allerdings solche Plätze. Wenn man ganz still ist, hört man an solchen vergessenen Orten noch die Geschichten atmen… Genau wie Du beschrieben hast, ziehen mich solche Orte magisch an und ich stelle mir vor, welcher Mensch dieses Auto gefahren hat, wer auf dem Beifahrersitz gesessen haben mag, wer vielleicht hinter auf dem Rücksitz durch die Scheibe geschaut hat…..
Danke für den tollen Artikel!
Und ich bin dafür, wir erkunden den Düsseldorfer „Lost Place“ gemeinsam ;-))
Wow, das hört sich super an! Muss wohl doch irgendwann mal wieder nach Schweden ;)
Viele Grüße
Fiona von worldwildfood
Interessanter Platz, aber andere Länder andere Sitten. In Deutschland hätte schon das zweite Auto die Regulierungs-/Umweltschutzbehörden auf den Plan gerufen und dem Treiben Einhalt geboten :-).
LG
Michael
Hallo Michael,
Als ich Kind war, kann ich mich daran erinnern, das es sowas im „Osten“ durchaus gab. Dort stand lange Zeit in der Nähe meines Heimatortes ein Bus im Wald und vermoderte… Was damit geworden ist… Ich sollte glatt mal schauen.
Was für ein wunderbarer Ort! Sicher sind die Flüssigkeiten der Autos, das Metall an sich und die Reifen und alles nicht wirklich gut für die Natur…. Aber solch ein Ort hat was… Magisches oder so. Da würde ich auch gerne mal hinfahren, aber das kann dauern ;) Bis dahin erfreue ich mich an den Bildern hier, lieben Dank!
Beste Grüße,
Kivi
Hallo Kivi. So teuer ist ein Ausflug nach Schweden nicht. Wenn du vier Freunde findest, kannst du mit der Fähre schon für knapp 60 Euro von Rostock übersetzen. Vor Ort kann man an vielen Stellen zelten und gerade die Region um Ryd ist mit den vielen Seen einfach traumhaft !