Osten. Das ist dort wo die Sonne aufgeht. Osten – die Aurora – die Morgenröte. Und oje. Ich werde poetisch. Und weil der Osten so viel schönes zu bieten hat, will ich euch mitnehmen auf einen Wochenendtrip nach Görlitz.
Der Ort an der Neiße ist das östliche Ende von Deutschland. Und an genau jener Spitze, einer Brücke nach Polen über besagten Fluss, beginnt meine Reise. Nun ja, nicht wirklich, denn eigentlich beginnt sie am Bahnhof. Um 21 Uhr. Endhaltestelle. Und ich bin müde vom Tag. Mit einem Zug in diesen Ort zu fahren ist eine wahre Herausforderung. Von Berlin muss ich zweimal umsteigen, aus Richtung Dresden sogar dreimal. Regionalzüge – die an jedem größeren Ort einen Zwischenstopp einlegen. Und mich schwören lassen – das nächste mal besuche ich Görlitz mit dem Auto.
In jener Nacht jedenfalls weckte ich die halbe Südstadt. Das lag wirklich nicht an mir, sondern an dem Pflaster der Straßen! Kopfsteinpflaster säumte hier die Gehwege und ich war nach einem solch langen Tag nicht mehr in der Lage, meinen Trolley auch nur einen Meter zu tragen. Und weil es das Navi so gut mit mir meinte, führte es mich natürlich gleich einmal um den gesamten Häuserblogck. Falls das gerade ein Görlitzer liest – 1000 mal sorry!
Meine Heimat für die kommenden zwei Tage führte mich ins Best Western Hotel Via Regia , welches sich in der Südstadt mit unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum befindet. Über drei Etagen hat das Hotel 43 Zimmer, welche alle nach Orten entlang der Via Regia benannt wurden. Verrückt, das es mich mitten in Görlitz in ein Zimmer aus meiner alten Heimat Thüringen – Weimar – verschlug.
Ich bewohnte ein Zimmer, in dem ich hätte wohl auch einen Ball hätte feiern können – und eigentlich hätte ich mich am liebsten sofort ins Bett fallen lassen können, doch irgendwie hatte mein knurrender Magen etwas dagegen. Im Hotel selbst gibt es ein kleines Restaurant und eine Bar, so das ich es mir am Abend mit einem Federweißer und einem Rostbrätl auf Görlitzer Art gut gehen lassen konnte. Für alle Thüringer einen kleinen Hinweis: das Rostbrätl hier schmeckt ein klein wenig anders als in der Heimat, aber nicht minder lecker.
Als ich die Augen öffne steht die Sonne schon recht hoch. War es der Federweißer von gestern Abend oder ist das Bett einfach so unglaublich gemütlich? Egal – ich muss mich spurten, um noch Frühstück zu bekommen – und so bin ich wenige Minuten später frisch geduscht und fertig für den Tag im Frühstücksbereich. Das Angebot ist vielfältig – und ich schnappe mir mein Handy – um ein wenig den Tag zu planen. Es gibt so viel cooles hier – und eigentlich hätte ich ein paar Tage länger in der Stadt bleiben müssen. In der Infobox unten könnt ihr bei ein paar Links noch coole Tipps in der Umgebung nachlesen.
Ich jedenfalls hab mich entschlossen, heute den Tag relaxed anzugehen. Das Hotel hat einen kleinen Wellnessbereich mit Ruheliegen und Sauna – und so ist es früher nachmittag, als ich mich in Richtung Innenstadt auf den Weg mache.
Görlitz hat eine Straßenbahn und Bus-Netz, was gut von A nach B bringt, und so starte ich in Richtung Innenstadt. Mein erster Stop ist die Stadtinfo – und nur wenige Minuten später befinde ich mich in einer interessanten Stadtführung zu Filmkulissen – doch das will ich ein anderes mal erzählen. Als ich nach der Führung auf die Uhr schaue, bin ich etwas überrascht – so spät schon? Ich befürchte fast, das hier in Görlitz die Uhren schneller gehen – und so entschließe ich mich für einen kleinen Rundgang mit ein paar kulinarischen Highlights durch die Stadt.
Flüstern will gelernt sein!
Mein erster Stopp ist eigentlich ein besonderer Ort für Paare, die in der Stadt heiraten wollen. Der Flüsterbogen ist ein akustisches Highlight, weil die Person am anderen Ende des Bogens auch die leisesten Worte verstehen kann. So kann man sich nach der Eheschließung ein ganz besonderes Versprechen geben, was wohl lt. der Sage auch Glück bringt!
Ein Kaffee im Paradies
Ein kleines Cafe entdeckte ich auf dem Weg zur deutsch-polnischen Grenze. Im Caffè Kränzel gibt es gefühlt 1000 Kaffee- und Teevarianten und leckeren Kuchen, mich jedoch hat der Innenhof besonders beeindruckt. Während die Tische und Stühle recht einfach gehalten wurden, bietet sich im Sommer ein besonderer Blick auf einen kleinen Hinterhofdschungel. Unmengen von Pflanzen verwandeln den Hinterhof in ein kleines Paradies und irgendwie hab ich auch hier wieder sehr viel Zeit verloren….
Mal schnell vom Görlitz nach Polen laufen
Eine Brücke über die Neiße verbindet hier in Görlitz die beiden Staaten. Einen Grenzposten gibt es nicht, hinter der Grenze selbst gibt es soviel jedoch nicht zu sehen. Ein paar Händler verkaufen billige Zigaretten, sonst jedoch sehe ich kaum Menschen auf den Straßen.
Ein Restaurant mit typischen Spezialitäten oder tolle Sehenswürdigkeiten suche ich hier vergebens , weshalb ich nach 15 Minuten in Polen auch wieder zurück ins deutsche Görlitz laufe und dort im östlichsten Restaurant Deutschlands einen frisch gepressten Orangensaft genieße, während ich der Neiße beim Fließen zuschaute.
Anm.: Bitte den Kommentar von Chris beachten!
Eine Zeitreise durch die Innenstadt
Görlitz bietet unglaublich viele Parks und Grünflächen von denen ich ehrlich gesagt so gar nicht viel mitbekommen habe. Die Nebenstraßen der Innenstadt bieten viele restaurierte Gebäude, an einigen Stellen entdeckt man jedoch noch das Görlitz der Wendezeit – leicht verfallene Gebäude, die jedoch eine unglaubliche Faszination zwischen all denn „Schönheiten“ ausüben. Ihnen sehe ich die Zeit an, ihre Geschichte will ich unbedingt erfahren und doch bin ich gespannt, was mit ihnen in den kommenden Jahren passiert.
Doch auch die restaurierten Gebäude strahlen einen unglaublichen Charme aus. Besonders beeindruckt hat mich die Post, die mal nicht das Schick der 70er Jahre, sondern den Charme der wilden 20er wiederspiegelt.
Nur ein paar Meter weiter beginnt die „Shoppingmeile“ mit den gängigen Marken, die man so leider in jeder Stadt findet. Ein paar Sachen brauche ich jedoch und ein wenig schick für den Abend will ich mich auch machen. Für eine Frau ungewöhnlich habe ich 20 Minuten alle wichtigen Sachen und laufe zurück in die Innenstadt. Es wartet ein ganz besonderes Restaurant auf mich!
Essen wie die Prominenten
Ich laufe wieder zurück zum Flüsterbogen, dahinter befindet sich das Restaurant des Abends. Wenn gleich „Lucie Schulte“ ein wenig höherpreisig und daher nicht für jeden Abend geeignet ist, lohnt sich ein Besuch. Vor allem das „Gängemenü“ bietet so viele Überraschungen, das man nicht nur satt sondern auch extrem inspiriert nach Hause geht.
Das Restaurant hat aber nicht nur eine hervorragende Küche, sondern versteckt auf dem Weg zu den Toiletten auch noch ein ganz gewaltiges Stück Görlitzer Geschichte. Ein Bunker wird als Lager des Restaurants genutzt und erinnert daran, das auch vor der östlichsten Stadt Deutschlands der zweite Weltkrieg nicht halt gemacht hat.
Und dann ist der Abend schon wieder vorbei. Und meine Füße tragen mich nicht mal mehr die paar Schritte bis zur Straßenbahn. Ich beschließe mir ein Taxi zu nehmen – und erlebe unterwegs noch mehr Geschichte. Das Viertel rund um den Bahnhof hab ich so gar nicht auf dem Schirm gehabt – das ist wohl das Zeichen „Hey – du musst noch mal wiederkommen!“. Am nächsten Tag hab ich es eilig. Knapp 5 Stunden Fahrt ins thüringische Saalfeld stehen auf dem Plan – gut das mir im Hotel schnell noch ein „To Go Frühstücks-Package“ gemacht wird.
Ich nehme auf dem Bahnhof Abschied von einer Stadt, die mich nicht nur einmal fasziniert hat. In der Hoffnung, das ich bei meiner nächsten Reise nicht allzu lange brauche, verlass ich Görlitz.
- Die Innenstadt von Görlitz kann man sehr gut zu Fuß erforschen, im Stadtkern fahren auch keine Busse und Bahnen.
- Görlitz hat einen sehr hohen Naturanteil – die Stadtteile mit mehr „Grün“ befinden sich jedoch eher in den Außenbezirken. In der Innenstadt gibt es zwar ein paar Alleen und kleinere Parkanlagen, sonst charakterisiert die Stadt jedoch die zahlreichen Häuser aus verschiedenen Zeit-epochen.
- Von Görlitz-Tourismus werden zahlreiche Führungen angeboten, die Filmkulissenführung kann ich euch persönlich ans Herz legen.
- Taxis sollten rechtzeitig bestellt werden, ich habe schon knapp 20 Minuten gewartet. In der Nacht fahren leider auch nur sporadisch Bahnen und Busse
- Wer ein großer Freund des kleinen Maulwurfs ist, sollte im Shop des Schlesischen Museums vorbeischauen.
- Auf jeden Fall sollte man in Görlitz auch mal um die Ecke, in Seitengassen oder in Hinterhöfe (sofern erlaubt) schauen oder sich durch eine der Galerien wagen. Es lohnt sich!
Die Anreise nach Görlitz ist gut mit Fernbus und Bahn möglich, von Berlin ist der Weg etwas schneller als von Dresden. Mindestens 3 Stunden sollte man von beiden Metropolen jedoch einplanen. Eine weitere Möglichkeit ist eine Anreise per Auto, Görlitz liegt am deutschen Ende der A9 A4 und ist daher recht gut zu erreichen.
Als Hotel kann ich das Best Western Hotel ViaRegia nur empfehlen, man sollte sich vom Namen nicht täuschen lassen, das 2014 renovierte Hotel kann sich wirklich sehen lassen. Neben recht großen Zimmern, einem guten Frühstück, Gratis Wlan und 24 Parkplätzen auf dem Hinterhof bietet das Hotel auch ein barrierefreies Zimmer an, auch Räder und E-bikes können hier verwahrt und aufgeladen werden. Ein Tipp noch von mir – achtet mal auf die Leihgabe links neben dem Check Inn/Out – Tresen!
- Mein Bericht über „Görliwood„
- Meike hat mit Görlitz die zweite Zipfelstadt erobert.
- Christian zeigt auch einen Einblick in das grüne Görlitz
- Auch Marco hat einige besondere Orte und Dinge in Görlitz gefunden
- In Görlitz kann man den Europa-Marathon bestreiten, wie Manu berichtet.
Offenlegung: Ich wurde vom Best Western Hotel Via Regia und der Stadt Görlitz zum einer individuellen Recherchereise zum Thema „Hollywood in Görlitz“ eingeladen.
[…] gibt noch mehr in Görlitz zu […]
Auch ich war schon einige Male in Görlitz und morgen geht es wieder dorthin. Ich bin dort immer zum Laufen, so wie letztes Jahr auch. Durch Deinen Bericht habe ich jedoch noch ein paar tolle Tipps erhalten.
Vielen Dank für die Erwähnung. :-)
Görlitz ist in der Tat sehr schön, aber wirklich auch ein Stückchen weg. Kein Wunder, dass die Fahrt mit der Bahn so lange dauert. Immerhin gibt das genug Zeit, die Füße nach dem Stadtrundgang auszuruhen.
Wenn ich noch kurz drei Sachen anmerken darf:
– Görlitz befindet sich am Ende der A4
– auf polnischer Seite gibt es eigentlich direkt nach der Brücke rechts eine kleine Restaurantmeile mit Blick auf die Neiße, wo es viele polnische Spezialitäten gibt
– dieser Typo hier ist schon wieder so cool, dass man denken könnte, es war Absicht (vielleicht war es das ja :-) ): „einmal um den gesamten Häuserblog.“
Aber schöner Bericht, macht mal wieder Lust auf ein wenig regionale Heimat.
LG, Chris
Hallo Chris,
danke für die Anmerkung und für die Hinweise! Übrigens heisst die A4 auch in Polen weiter A4, weshalb es dann nur das deutsche Ende ist. Und mit der polnischen Seite das werde ich gleich mal ergänzen. Ich bin lustigerweise links gelaufen und hab das gar nicht gesehen. :D
Und du hast recht, es soll natürlich Block heißen. ;) – werde die Sachen gleich mal anpassen!