Ein Wochenende in den Vogesen

Ein Wochenende in den Vogesen

Same same, but different

Wer ein Wochenende in den Vogesen verbringt, sieht in der Ferne oft den Schwarzwald auf der anderen Rheinseite. Beides sind Mittelgebirge entlang der deutsch-französischen Grenze, die größtenteils aus Granit und Sandstein bestehen.

Ein Wochenende in den Vogesen

In den Vogesen ist die Landschaft offener, die Gipfel (sogenannte „Ballons“) sind abgerundeter, während der Schwarzwald dichtere Wälder und steilere Hänge hat und wegen seiner dunklen Tannenwälder seinen Namen erhielt. Die höchsten Gipfel sind in den Vogesen der Grand Ballon (1.424 Meter), im Schwarzwald der Feldberg (1.493 Meter).

Zentrum der Textilgeschichte: Parc de Wesserling

Beginnen wir den Wochenendtrip im Herzen der Vogesen, 40 Kilometer südwestlich von Colmar, wo die Thur ihre sanften Wellen durch das Saint-Amarin-Tal schickt.

Ein Wochenende in den Vogesen

Hier erhebt sich der Parc de Wesserling wie ein lebendiges Geschichtsbuch. Einst eine königliche Textilmanufaktur, atmet jeder Winkel dieses 42 Hektar großen Anwesens die Geschichte des 18. Jahrhunderts. Die fünf Gärten, als „Jardin Remarquable“ ausgezeichnet, locken mit einem Kaleidoskop aus Farben: vom geometrisch angelegten französischen Garten bis zu den wilden Wiesen des ländlichen Parks.

Ein Wochenende in den Vogesen

Das restaurierte Château des Manufacturiers erstrahlt wie in alten, besseren Zeiten, seine Säle sind gefüllt mit modernen Kunstinstallationen.

In der Grande Chaufferie, einem Relikt der industriellen Blütezeit, hallt das Dröhnen alter Maschinen nach, während Besucher durch die labyrinthartigen Gänge der Textilgeschichte wandeln. Im Textilmuseum des Parks surren historische Webstühle, die den Besuchern zeigen, wie feine Stoffe einst mit kunstvoller Präzision gefertigt wurden. Die alten Färbebottiche, gefüllt mit leuchtenden Farben, erzählen von der alchemistischen Kunst, Baumwolle und Leinen in lebendige Muster zu verwandeln. Arbeiter demonstrieren mit schwieligen Händen, wie die Spindeln die rohen Fasern zu festen Garnen spannen, ein Prozess, der Geduld und Geschick verlangt.

Ein Wochenende in den Vogesen

Die Ausstellung zeigt prächtige Stoffmuster, die einst Könige und Adelige kleideten, und verbindet die industrielle Vergangenheit mit der Kreativität der Gegenwart. Jede Maschine, jedes Werkzeug im Parc de Wesserling flüstert Geschichten von Handwerkern, die die Region zum Zentrum der Textilherstellung machten mit Ruhm weit über Frankreich hinaus.

Gut zu wissen!

Mehr Informationen zum Park gibt es hier. Der Park ist nur in den Sommermonaten geöffnet.

Wandern am Elsässer Belchen

Das Elsass ist ein Wanderparadies. Die gesamte Region ist durchzogen mit Rund- und Fernwanderwegen, die gut ausgeschildert sind. Der Elsässer Belchen, auch Ballon d’Alsace genannt, erhebt sich mit 1.247 Metern majestätisch in den südlichen Vogesen und lockt Wanderer mit seiner rauen Schönheit. Von Saint-Maurice-sur-Moselle aus schlängelt sich der Pfad durch dichte Wälder, wo der Duft von Kiefern die klare Bergluft durchzieht.

Ein Wochenende in den Vogesen

Auf dem Gipfel eröffnet sich ein atemberaubendes Panorama über die Vogesen und das Rheintal. Die Rundtour am Elsässer Belchen, etwa 8,5 Kilometer lang, fordert mit mittlerem Anspruch und bietet idyllische Weideflächen, wo im Sommer Kühe grasen. Im Regionalen Naturpark Ballons des Vosges gelegen, verbindet der Berg die Regionen Elsass, Lothringen und Franche-Comté, was ihn zu einem kulturellen Knotenpunkt macht. Entlang des GR 5, einem der bekanntesten Fernwanderwege, erleben Geübte mit genügend Puste die Herausforderung steiler Anstiege und die Belohnung grandioser Ausblicke.

Die Zitadelle von Belfort – Bollwerk der Geschichte

Grandiose Ausblicke bietet auch der nächste Halt in Belfort, 20 Kilometer südlich vom Belchen. Hoch über der Stadt Belfort thront die Zitadelle. Sie ist ein steinerner Wächter, der seit Jahrhunderten die Landschaft zwischen Vogesen und Jura überblickt. Erbaut im 17. Jahrhundert unter der Leitung von Vauban, dem legendären Militäringenieur Ludwigs XIV., ist die Festung ein Meisterwerk der Verteidigungsarchitektur. Ihre massiven Mauern, aus rosafarbenem Sandstein gehauen, schmiegen sich an den Hügel und widerstanden jahrhundertelang feindlichen Angriffen.

Ein Wochenende in den Vogesen

Während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 wurde Belfort zum Symbol des Widerstands, als Colonel Pierre Denfert-Rochereau die Stadt 103 Tage lang gegen die preußische Belagerung verteidigte. Die Zitadelle, mit ihren labyrinthartigen Gängen und Bastionen, bot Schutz und strategischen Vorteil, was Belfort zur uneinnehmbaren Bastion machte.

Noch heute zeugen die Kanonenstellungen und Schießscharten von der militärischen Bedeutung, die die Region im 19. Jahrhundert hatte. Der „Löwe von Belfort“, die monumentale Skulptur von Frédéric Bartholdi, bewacht den Fuß der Zitadelle und verkörpert den unbezwingbaren Geist der Verteidiger.

Ein Wochenende in den Vogesen

Die strategische Lage Belforts, am „Trouée de Belfort“ zwischen zwei Gebirgen, machte die Zitadelle zum Schlüssel für die Kontrolle des Zugangs nach Frankreich. Während des Ersten Weltkriegs diente sie als Stützpunkt für französische Truppen, die die Grenze sicherten.

Heute ist die Zitadelle nicht nur ein militärisches Denkmal, sondern auch ein kultureller Treffpunkt, wo Sommerfestivals die alten Mauern mit Musik und Licht erfüllen. Von den Wehrgängen aus bietet sich ein atemberaubender Blick über die Stadt und die umliegenden Hügel, die einst das Schlachtfeld waren.

Abschalten in Murbach und der Abteikirche

Keinen Handyempfang gibt es im malerischen Tal der Lauch im kleinen Dorf Murbach, einem versteckten Juwel des Elsass. Deshalb steht hier die einzige noch funktionierende Telefonzelle von ganz Frankreich.

Ein Wochenende in den Vogesen

Die Abteikirche Saint-Léger ist ein romanisches Meisterwerk aus dem 12. Jahrhundert. Mit ihren markanten Sandsteintürmen erhebt sie sich wie ein stiller Wächter über das Dorf. Ihre schlichte, doch kraftvolle Fassade, geschmückt mit feinen Ornamenten, erzählt von der einstigen Macht der Benediktinerabtei, die das Tal prägte.

Ein Wochenende in den Vogesen

Im Inneren der Kirche umfängt Besucher eine kühle, spirituelle Ruhe, unterstrichen durch das Spiel des Lichts auf den alten Steinwänden.

Der Bergbau in Les Hautes-Mynes

Von den Lichtspiegelungen in der Kirche geht es in die Unterwelt in den Tiefen der südlichen Vogesen, nahe Le Thillot. Hier öffnen die Les Hautes-Mynes ein faszinierendes Fenster in die Bergbaugeschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts.

Ein Wochenende in den Vogesen

Zwischen 1560 und 1761 gruben die Bergleute der Herzöge von Lothringen hier nach Kupfer, ihre Spuren sind in den Granitfelsen verewigt. Mit Helm und Stirnlampe ausgestattet, tauchen Besucher in die kühlen, teilweise wirklich engen Gänge der Rouge-Montagne-Mine ein, wo die Luft nach feuchtem Stein riecht. Klaustrophobische Menschen warten definitiv vor der Höhle oder besuchen derweil das Bergbaumuseum im Ort.

Drei oder doch vier Gänge?

Übernachtet haben wir 30 Kilometer südlich von Colmar im kleinen Örtchen Rimbach im Hotel LÁigle dÓr. Es ist liebe- und stilvoll renoviert, bietet ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis und zumindest an einem Abend sollten Gäste das Menü im Restaurant probieren. Zur Wahl stehen ein Drei- oder Viergangmenü für 45 respektive 55 Euro und wird zu diesem Preis richtig verwöhnt.

Unterwegs auf dieser Rundtour finden sich überall Restaurants oder auch Bergbauernhöfe, die einfache und herzhafte Gerichte anbieten mit allem, was der Hof an Gemüse, Obst, Käse und Fleisch hergibt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bergbauernhof Felsach mit seinem Melkereiessen auf einer Alm.

Gut zu wissen!
Die Bergbauernhöfe, die Essen und teilweise auch Übernachtungsmöglichkeiten anbieten, sind hier aufgelistet: fermeaubergealsace.fr

Anreise ins Elsass

Für den Wochenendtrip im Elsass empfiehlt sich das Auto oder für Zugreisende ab Straßburg, Comar, Freiburg oder Basel ein Mietauto, da sonst zu viel Zeit verloren geht, um von einem sehenswerten Ort zum nächsten zu gelangen.

Gut zu wissen!
Hilfreich für die weitere Planung des Wochenendtrips in den Vogesen ist die Website vogesenmassiv.de

Offenlegung: Diese Reise wurde unterstützt von der Destination Vogesenmassiv.

Ein Wochenende in den Vogesen

Thomas Rentschler

Ausflugstipps für Rheinhessen. Seit rund 20 Jahren bin ich Wahlmainzer nach mehr als 20 Umzügen im In- und Ausland (Schweiz, Südkorea, Spanien). An meiner Wahlheimat gefällt mir, wie entspannt und gelassen die Menschen (in der Regel) sind. Liegt es am Wein? Dem hohen Freizeitwert in der Region? Vermutlich beides.

Alle Blogposts des Autors

Schreib uns einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert