Ich kann mich noch erinnern – wie als 10jährige meine Herbstferien aussahen. Mehr als einmal ging es mit der gesamten Familie auf Pilzwanderung. Ich fand das damals teilweise richtig langweilig – heute jedoch ärgere ich mich, nicht mehr aufgepasst zu haben. Wie oft habe ich schon wirklich tolle Pilze gesehen und mir gedacht – kann ich die jetzt überhaupt mitnehmen?
Inhaltsverzeichnis
Binz – das Eldorado für Pilze
Nun war ich also in Binz auf Rügen. Immer im Herbst und im Frühjahr finden hier „Wandertage“ statt. Das Angebot richtet sich an alle Wanderfreunde – ob Touristen, Kurgäste oder Einheimische und wird kostenfrei angeboten. Anfangs haben mich 14 km Strecke ein wenig abgeschreckt, sonst laufe ich doch eher kleinere Distanzen. Und doch lockten die Pilze. Die gibt es in den Wäldern um Binz in Hülle und Fülle – selbst in einem schlechten Pilzjahr wie 2016 sind so einige zu finden.
Auf in den Wald
Im Haus des Gastes werden wir von Herrn Berger empfangen. „Haben sie alle ein Messer und einen Korb mit?“. Schnell erfahren wir auch – warum man nicht mit einer Plastiktüte in den Wald ziehen soll. Pilze ziehen Feuchtigkeit, bei einigen Exemplaren kann das schnell dazu führen, dass diese in einer Tüte zerdrückt oder gar matschig werden. Unser Guide hat natürlich vorgesorgt und ein paar Körbchen mitgebracht.
An den Waldrand werden wir gebracht – doch bevor wir loslaufen, gibt es von unserem Pilzexperten ein paar wichtige Hinweise. Das Messer, welches wir in unseren Körben finden, dient nur bedingt zur „Ernte“. Vielmehr ist es so, dass die Pilze gesäubert werden sollen, bevor sie in den Korb landen. Schon vorab wurden wir informiert, das festes Schuhwerk bei solch einer Wanderung unabdingbar ist. Und tatsächlich – während der Tour verlieren wir zwei Teilnehmer, die wegen nassen Füßen abbrechen müssen. Von Herrn Berger erfahren wir in einer kurzen Einführung von ein paar Pilzen, die wir bedenkenlos einsammeln können. Meine Unsicherheit bleibt – denn bei Pilzen kann man auch recht viel falsch machen.
2016 – kein Pilzjahr?
Viel habe ich gelesen über die schlechten Pilzprognosen für 2016. Durch einen zu kalten Oktober, einen zu heiß und trockenen September ist das Pilze suchen in diesem Jahr ziemlich schwierig. Das ist nicht jedes Jahr so. Die Region um Binz und Prora bietet eine ideale Umgebung für alle Arten von Pilzen, so das Herr Berger zweimal pro Woche eine Pilzberatung anbietet. Vom Naturerbezentrum werden im Herbst ständig Pilzwanderungen angeboten – bis in den frühen November können sich interessierte hier Expertenrat holen.
Ich habe also keine großen Erwartungen, als unsere Wanderung startet. Umso erstaunter bin ich dann im Wald, doch einige Exemplare zu entdecken. Meine Gruppe ist schnell, sodass ich das eine oder andere Mal beinahe den Anschluss verliere. Ich frage unseren Pilzexperten bei fast jedem Pilz – er steht mir jedes Mal Rede und Antwort und überzeugt mich mit viel Fachwissen. Meine Lieblingspilze? Bovisten, so kleine weiße Knäuel oder Schirmpilze, an die ich mich aus meiner Kindheit auch noch erinnere.
Woran erkennt man, ob der Pilz ungiftig ist?
Natürlich brennt mir diese Frage unter den Nägeln. Wie finde ich heraus, ob ein Pilz ungiftig ist? Unser Experte berichtet mir, das dies für einen „Neuling“ fast nahezu unmöglich ist. Denn – zahlreiche Speisepilze sind im unerhitzten Zustand ebenfalls giftig, da sie dann Hämolysine und andere für Menschen giftige Stoffe enthalten. In fast allen „Pilzregionen“ gibt es deshalb Wanderungen mit Experten – die er mir als Pilzneuling ans Herz legt.
Wir erfahren auch, dass die Röhren/Rillen die Geschmacksträger des Pilzes sind und dass einige Pilze giftig werden, wenn sie ein gewisses Stadium überschritten haben. So wusste ich zum Beispiel nicht, das Stinkmorcheln in einem frühen Stadium (als Hexenei) sogar gekocht essbar und das innere des „Hexeneis“ sogar Potenz und Libidofördend ist. Dazu muss man sich jedoch erst durch eine Art Glibber durcharbeiten. Der wiederum macht, auf Gesicht und Arme geschmiert, ganz weiche Haut.
Zehn Kilometer quer durch den Wald
Wer Pilze sammelt – sollte sie abseits des Weges suchen. Nur in seltenen Fällen gibt es Pilze, die direkt am Wegesrand stehen, häufig gefunden habe ich dort nur Spargelpilze und Schirmpilze. Einige Pilzsorten wachsen nur unter bestimmten Bäumen, auch erfahre ich von vielen Bauernregeln – mit denen man die Pilze finden kann.
Dort wo Fliegenpilze stehen – sind Steinpilze nicht weit – zum Beispiel. Und obwohl ich nicht der enthusiastische Wanderer bin – mit der Suche nach Pilzen vergeht die Zeit wie im Flug. Auch der Nieselregen und das herbstliche Wetter bleiben unbemerkt, als mich das Pilzfieber packt. Ich lerne – dass man Pilze nicht herausreißt, sondern herausdreht. Ach ja, und das mit dem Säubern habe ich am Ende der Tour dann auch so grob raus.
Gemeinsam Pilze suchen
Habt ihr schon mal erlebt – wie Pilzfreunde reagieren, wenn sie an einen Ort kommen, an dem ganz viele essbare Steinpilze versteckt sind? Ein Jubeln und Jauchzen, ein „oooaar darf ich von dem ein Foto machen“ bis hin zu „achte auf jeden Schritt und pass auf die Pilze auf“ und „Hier! Ich habe auch noch eine Marone gefunden“
Das allein ist schon lustig mitzuerleben und fühlt sich fast so ein wenig wie eine erfolgreiche Schatzsuche an. Auf unserer Wanderung sind einige Pilzkenner dabei – die mir jedoch berichten, das auch sie auf unserer Tour immer noch etwas dazulernten.
Pilze zubereiten
Nach 3 1/2 Stunden müssen wir uns beeilen – denn unsere Pilze werden im Rahmen des Binzer Wanderherbst´s für uns im Restaurant Lennox noch zubereitet. Auch hier lernen wir von unserem Experten noch einiges. Pilze sollten nicht gewaschen, sondern mit einem trockenen Tuch vorsichtig abgerieben werden. Usselige Stellen (abgebrochen, unansehnlich) schneidet Herr Berger großzügig weg.
Zum Reinigen sollte man auf dem Tisch eine Zeitung oder Papier unterlegen, da sich doch immer wieder einige Tierchen und Feuchtigkeit sammeln kann. Als dann der Chefkoch mit den Töpfen in die Küche eilt – würde ich am liebsten hinterherlaufen. Ich liebe Pilzgerichte! Und ich verschätze mich bei Pilzen vor allem Oft in der Menge. Denn beim Zubereiten verliert der Pilz Wasser und wird kleiner – daher mussten wir vorher auch viel mehr sammeln. Und ich kann euch beruhigen – selbst in einem Pilzjahr wie diesem haben wir noch einiges gefunden. Und lecker war es nachher dann auch!
Essbare Pilze
Ein wichtiger Hinweis vorab! Viele Pilze haben „giftige Zwillinge“. Wenn ihr also unsicher seit oder das erste Mal in „die Pilze“ geht, schließt euch einem Experten an. Bei den folgenden Pilzen wurde mir jedenfalls gesagt, dass sie essbar waren. Da es in Deutschland über 5000 Pilze gibt, von denen nur ca. 10 % essbar sind, solltet ihr vorsichtig sein.
Giftige Pilze
Einigen Pilzen sieht man schon an, dass sie giftig sind. Beim Fliegenpilz und einer Stinkemorchel ist es irgendwie klar, aber auch zahlreiche schön aussehende Pilze sind nicht ungefährlich. Erdsterne jedoch kann man gut trocknen und als „Dekopilz“ mitnehmen. Grundsätzlich jedoch gilt – Pilze nicht herausreißen, es gibt zahlreiche Tiere, die davon leben.
Ihr habt auch Lust auf eine Pilzwanderung in Binz?
- Der Wanderherbst und der Wanderfrühling sind Angebote der Insel Rügen und der einzelnen Gemeinden, die jeder Gast kostenfrei nutzen kann. Termine und Infos zu den Wanderungen findet ihr unter anderem auch auf der Wander-Homepage der Stadt Binz
- Die Pilzwanderung mit anschließender Zubereitung der Pilze hat dieses Jahr das erste Mal stattgefunden.
- Pilzwanderungen in Prora ohne Zubereitung werden noch bis Anfang November vom Naturerbezentrum Rügen durchgeführt. Diese starten dann jedoch nicht in Binz, sondern am Naturerbezentrum direkt.
- Auch beim Pilze sammeln sollte man auf Schilder achtet. Wenn ihr also „Querfeldein“ wandert, achtet darauf, dass dies gestattet ist. Jetzt im Herbst gibt es zwar nicht mehr so viele Nester, aber dennoch ist es ein Eingriff in Flora und Fauna.
- Wer wissen will, ob seine Pilze giftig oder genießbar sind, kann die Pilzberatung von Herrn Berger in der Nähe von Binz in Anspruch nehmen. Sie findet zwei Mal pro Woche in der Nähe von Binz statt, mehr Informationen hierzu bekommt ihr auf der Infoseite des Lagus (Landesamt für Gesundheit und Soziales). Die Pilzberatung ist übrigens auch kostenfrei.
- Pilze sollten nach dem Sammeln kühl und schattig gelagert werden und möglichst schnell verspeist werden.
- Pilze sollten beim Sammeln niemals aus dem Boden gerissen, sondern entweder mit einem Messer vorsichtig entfernt oder wenn größer, herausgedreht werden. Nur so kann schnell ein neuer Pilz (manchmal innerhalb von 24 Stunden) nachwachsen.
- Für Wanderungen im Oktober immer das passende Outfit mitnehmen (Feste Schuhe und Regenjacke)
- Binz ist ebenso spannend für Bernsteinsucher.
Nach Binz könnt ihr entspannt mit dem IC von Hamburg, Düsseldorf oder Berlin anreisen. Von Düsseldorf dauert die Fahrt rund 8 Stunden. Eine Anreise mit dem Auto ist ebenfalls möglich. Parkplätze findet ihr in ganz Binz.
In Binz gibt es ein großes Angebot an Villen und Hotels, ich habe sehr zentral in der Villa Osada genächtigt. Mein Zimmer verfügte über eine kleine Küche und ausreichend Platz für 3 Personen.
- Gerne wäre ich noch mit dem „Rasenden Roland“ gefahren, von dem Gerhard berichtet hat
- Binz ist auch bekannt für Wellness und Gesundheit – Tanja hat eine sogenannte FX Mayr Kur ausprobiert
- Maike hat noch 11 weitere tolle Tipps für Rügen in Petto
Offenlegung: Ich wurde von Binz anlässlich des Wanderherbstes zu einer Kurzreise eingeladen.
[…] ein paar Jahren durfte ich an einer geführten Pilzwanderung teilnehmen – für mich ein wirklich tolles Event. Manche Sachen beginnt man ja doch erst zu […]
[…] Pilzwanderung um Binz, Baumwipfelpfad in Binz, Ausflug nach Prora, Ausflug an den Kreidefelsen, Abendessen im […]
[…] hat allerdings durch ihre Erzählung aus Binz und der dort erlebten Pilzwanderung schon ein bisschen meine Lust auf „in die Pilze […]
[…] Nachbericht von Janett (Teilzeitreisender.de) übers „Pilze suchen“ auf Rügen! […]