Friedhof der Anker Tavira

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Vor ein paar Tagen habe ich eine Blogparade zum Thema „Das Blog – ein Medium von Gestern?“ gesehen. Und auch wenn ich es nicht laut sagen will, die Frage stell ich mir mir auch häufiger: Ist mein Medium veraltet? Wer liest eigentlich noch Reiseblogs? Ich bin Reiseblogger und ich hab mir darüber natürlich meine Gedanken gemacht.

Seit 2013 gibt es den Reiseblog teilzeitreisender.de

Als ich 2006 das erste mal versucht habe einen Blog aufzusetzen war das Medium ein besonderes Exotisches. Mir erschien eine klassische HTML – Seite (mit denen ich seit 1996 herumprobiert habe) zu starr. Ich suchte ein Medium auf dem ich regelmäßig ähnlich wie in einer Zeitschrift meine Erlebnisse zum besten geben konnte – mein erster Blog war geboren. Ich habe lang gesucht um das passende Thema zu finden und bin schlussendlich beim Reisen hängen geblieben.

Mein Blick zu Schloss Burgk in der Nähe von Schleiz

Ich habe mich von Anfangs circa 1000 Zugriffen im Monat auf mittlerweile 50 – 60.000 Zugriffen hochgearbeitet – sogar in Zeiten von Corona. Ohne Zauberei, einen IT-Geek im Hintergrund oder viel Geld für Werbung. Ich habe versucht zu lernen und mich in das Thema SEO einzuarbeiten (Danke an den Seo-Max für die Hilfe) und habe mich mit anderen Reisebloggern ausgetauscht (Danke an die U1000-Gruppe auf Facebook). Und ja, es geht noch besser. Und doch bin ich zufrieden mit dem was ich seit 2013 erreicht habe. Über 1000 Artikel, ein treues Team und auch mal meine 5 Minuten Fame bei dem einen oder anderen Auftritt im Fernsehen, in der Zeitung und im Radio.

Warum ziehe ich das mit diesem Reiseblog so lange durch?

Ich habe in den letzten 8 Jahren schon oft vor der Frage gestanden: Mache ich weiter? Und immer wieder war die Antwort nach reiflicher Überlegung: Ja, denn Teilzeitreisender.de ist mein Baby. Mein Herzensprojekt – viele 1000 Stunden Arbeit und viel Gehirnschmalz sowie viel Kreativität stecken drin. Und doch hat es mich eine Zeitlang gestört das gefühlt die Hälfte an neu gegründeten Reiseblogs an mir vorbeizogen.

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Mehr Interaktion, mehr Zugriffe, coolere Themen. Und dann kamen noch die Bewegtbilder auf Youtube, die Gestylten und schönen auf Instagram und die Gesangstalente auf Tik Tok. Ich kam mir immer mal wieder vor wie die Letzte beim Langlauf – kein schönes Gefühl. In all den Jahren gab es jedoch zahlreiche tolle Menschen die mich ermutigten weiterzumachen. Und es gab immer wieder tolle Projekte die mich daran erinnerten – hey auch die Wirtschaft will mit dir zusammen zu arbeiten.

Social Media und ich werden keine Freunde

Vor vielen Jahren gab es noch eine Vielzahl von „persönlichen Blogs“. Menschen die regelmäßig über ihren Alltag geschrieben haben, deren Blog-Projekt eher einem Gemischtwarenladen glich. Heute gibt es kaum noch solche Projekte. Dafür habe ich das Gefühl das auf Instagram und Tik Tok eine Vielzahl von „Leben“ in aller Ausführlichkeit erzählt werden. Das jedoch bin nicht ich. Klar schreibe ich auch über mich und meine Erlebnisse, mein Leben jedoch bleibt weitestgehend unter Verschluss. Mein Freund, meine Familie und auch mein Job wird zwar mal erwähnt, sie bleiben ansonsten jedoch privat.

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Und auch ich bin niemand der sich gerne vor die Kamera stellt (es sei denn ich kann Quatsch machen). Auch Pastelltöne und gestellte Erlebnisse sind nicht meine Freunde. Dies ist wohl ein Grund warum ich auf allen sozialen Netzwerken auf keinen grünen Zweig komme. Aber ganz ehrlich – das empfinde ich auch nicht als schlimm. Ich wollte noch nie mit der Masse gehen. Und ich konnte noch nie hammergeile Fotos machen. Doch genau das sind die Faktoren die dich vor allem bei Instagram und Tik Tok nach vorne bringen. Ich bin zwar auf allen Kanälen online und verbreite auch durchaus Content, halte mich jedoch nicht an jeden Trend. Social Media wird immer „dabei“ sein – aber keinesfalls den Blog als Hauptmedium übernehmen.

Warum ich meinen Reiseblog keineswegs veraltet finde.

Ich bin Anfang 40. Ich will und muss keine 20 jährigen Studenten erreichen, die auf das erste große Abenteuer ihres Lebens gehen und erst mal nur Inspirationen suchen. Ich will die Zielgruppe erreichen die so tickt wie ich. Freunde von Kurzreisen (die auch mal ein paar Euro teurer sein können), Berufstätige die nur mal fürs Wochenende eine Auszeit suchen und Leute die wie ich gerne auch mal über den Tellerrand schauen. Natürlich haben bekannte Instagrammer und Tik Toker ganz andere Zugriffszahlen, aber schlussendlich landen die meisten bei der Reisesuche dann doch wieder bei Google.

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Dort warte ich dann mit Suchbegriffen „Reiseziele für ein Mädelswochenende“ oder „Lohnt sich die Hamburg Card“ auf diejenigen, die mehr wissen wollen als: „Ich zeig euch die geilsten Fotohotspots von Rostock, Berlin oder Brüssel“. Das soll kein Social Media Bashing sein. Ich finde jedes Medium hat seine Berechtigung und seine Zielgruppe. Und genauso wie es immer hieß „Bücher wird es 2020 kaum noch geben“ und es nie eingetreten ist, genauso wird es auch immer Menschen geben die online etwas mehr als nur 5 Sätze zu einem Thema schreiben wollen und solche die dies auch lesen.

Der Ruf der (Reise)Blogger

Als ich 2013 begonnen habe da war zwar der Begriff „Reiseblogger“ noch nahezu unbekannt. Die meisten Reiseblogger haben mit dem Schreiben begonnen um über ihre Abenteuer zu berichten. Kommerzialisierung war damals noch ein Randbegriff. Dann wurden die Destinationen, die Transportunternehmen und auch die Hotels auf uns aufmerksam. Der Bedarf am sogenannten „Content“ wuchs überproportional und dementsprechend entwickelte sich in den kommenden Jahren auch ein eigener Wirtschaftszweig. Das „Reisen und dafür Geld verdienen“ lockte natürlich viele neue an und die Zahl der deutschprachigen Reiseblogger verzehnfachte sich zwischen 2013 und 2019. An sich finde ich das gut, aber es hat zwei Schattenseiten. Die erste betrifft den Ruf der Reiseblogger.

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Denn unter all diesen neuen Contenterstellern sind natürlich auch einige die sich rufschädigend verhalten. Ein Hotelier oder eine Destination laden nicht nur ein weil sie was zu verschenken haben. Jede dieser Reisen kostet viel Geld und dann gar keine Rückmeldung zu geben oder sich auf einer bezahlten oder gesponserten Reise daneben zu benehmen wirft ein schlechtes Bild auf alle. Der zweite Punkt ist das Thema Overtourism. Gut – jetzt in Coronazeiten hat sich das erledigt – aber wenn alle nur über die geilen Hotspots berichten dann sorgt das unter anderen auch dafür das die Orte überfüllt sind.

Da auch der Begriff „Influencer“ negativ behaftet ist, gehen einige Instagrammer dazu über sich auch Blogger zu nennen. Und ja – einige davon haben Blogs. Die meine ich auch nicht. Aber für mich ist ein Instagrammer kein Blogger. Basta.

Was ich mir für die Zukunft meines Reiseblogs wünsche

Ich kann nicht sagen ob ich diesen Blog noch bis in alle Ewigkeiten führen werde. Und ich merke natürlich auch das der eine oder andere Kooperationspartner eher in Instagram und Co. investiert. Ich habe einen großen Vorteil: Ich muss von diesem Reiseblog nicht (ausschließlich) leben. Rund 70 % meiner Reisen zahle ich mittlerweile selbst und refinanziere sie mit Einnahmen aus der Werbung hier im Blog. Viel übrig bleibt da am Ende natürlich nicht. Und ja, den aktuellen Weg würde ich gerne weitergehen. Eine Mischung aus spannenden Kooperationsprojekten, selbst organisierten Reisen und der einen oder anderen „Hinter den Kulissen“ – Story.

Wer liest eigentlich noch Reiseblogs?

Vor ein paar Tagen wurde ich gefragt ob ich denn genug spannende Themen habe bei so vielen Reiseberichten. Und ja – mein Kopf ist voller Ideen und spannenden Reisezielen. Und die bring ich hier natürlich auch noch in eine Artikel-Form. Egal wie viele Netzwerke in Zukunft noch aufploppen – ich bleibe beim Bloggen. Ich freue mich darauf nach Corona wieder mehr Blogger zu treffen und Freundschaften die sich daraus ergeben haben, wieder weiter zu vertiefen. Und ich hoffe ihr lest auch in Zukunft noch Reiseblogs!

Auch Lena Marie hat das Thema „Sind Blogs noch Zeitgemäß“ in ihrem Blog behandelt!

Janett

Hallo, ich bin Janett, die Gründerin des Blogs Teilzeitreisender.de
Schon immer war ich ein sehr großer Fan von Kurzreisen. Neben einer Teilzeitstelle an der Uni Düsseldorf pflege und hege ich deshalb dieses Projekt - und habe dafür schon das eine oder andere Abenteuer erlebt.

Mehr über mich erfahrt ihr unter der Rubrik Persönliches

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