Lange habe ich auf den Frühling gewartet. Immer wieder hat es sich vorsichtig angekündigt, um dann ganz galant dem Winter wieder den Vorzug zu geben. Schnee im späten März. Will ich einfach nicht! Als dann ein etwas anderer Sonntags-Spaziergang auf dem Plan stand – packte ich vorsichtshalber meine Winterjacke ein.
Man weiss ja nie, ob der Winter nicht plötzlich auch noch auf die Idee kommt mitzuspielen.
Inhaltsverzeichnis
Osterwanderung in Belgien
Ein wenig windig ist es, als wir in Kelmis (La Calamine) aus dem Auto aussteigen. Der Himmel über der belgischen Kleinstadt will sich noch nicht ganz zwischen Hochnebel und Sonne entscheiden. Die Parkplätze rund um den Casinoweiher sind belegt – wir parken ein paar Meter weiter oben im Ort an der Straße. Mit wird klar: Die Wandertour ist sehr beliebt.
Immer wieder laufen Familien und kleine Wandergruppen an uns vorbei und ein wenig habe ich schon die Befürchtung, bald nur noch Schlängellauf um Fotografen und ruhende Wanderer zu machen.
Wandern in Kelmis hat für viele im Frühjahr Tradition.
Und doch, kaum starten wir unsere Tour, sind die meisten Wanderer wie vom Erdboden verschluckt. Wir werden sie später auf dem Weg am Fluss wieder treffen, aber bis dahin „verteilt es sich gut“. Ich erfahre von der Familie meines Freundes, das Kelmis einst Bergbaustadt war, das Galmeierze gefördert wurden. Die kleine Stadt Kelmis in Ostbelgien kam so zu Reichtum.
Der Casino-Weiher ist neben der Halde – auf der sich jedes Jahr auf einem Holzsteg zahlreiche Botaniker tummeln – eines der wenigen Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert. Das hat einen Grund: Kelmis ist nicht nur für Narzissen bekannt – auf der Halde (und auch am Schlangenberg in Beining im Naturschutzgebiet zwischen Aachen und Stolberg) blühen von April bis September die Galmeiveilchen. Keine Sorge, ihr könnt es nicht übersehen – Überall stehen dreisprachige Infotafeln herum und informieren über das Pflanzenleben und das Grenzgebiet.
Eyneburg
Wir wandern weiter und kommen schon bald an einer wunderschönen Allee hoher Bäume entlang. Etwas entfernt rauscht der kleine Fluss Göhl und ein alter Zaun trotzt den Gezeiten mehr oder weniger gut. Frühling? Den spürt man hier so kaum. Noch liegt das alte Laub am Boden und einzig die Sonne, die durch die Wipfel zu sehen ist – lässt uns guter Hoffnung auf die nächsten Kilometer sein.
Unsere kleine Wandergruppe kommt an der Emmaburg/Eyneburg vorbei. Ein schönes Haus, welches heute privat bewirtschaftet und daher nicht mehr zu besichtigen ist. Ein wenig neugierig bin ich ja schon, aber bis auf ein paar Kühe lerne ich keine „Hausbewohner“ kennen.
Über dem Tal des Flusses Göhl thront die mittelalterliche Burg Eyneburg, eine der wenigen Burgen im Herzogtum Limburg, die auf einem Hügel errichtet wurde. Ihre Ursprünge gehen übrigens auf das 13. Jahrhundert zurück. Die Burg wurden im Laufe der Zeit schrittweise erweitert. Die Bezeichnung „Emmaburg“ entspringt einer Legende des 19. Jahrhunderts, die besagt, dass Emma, die Tochter Karls des Großen, hier heimlich ihren Geliebten Einhard getroffen haben soll. Einhard war ein Freund und Biograph ihres Vaters und lebte am königlichen Hof. Hingegen leitet sich der Name „Eyneburg“ von dem Geschlecht ab, das das Anwesen seit dem 13. Jahrhundert besessen hat.
Das Viadukt von Moresnet
Wir laufen immer weiter nach oben. In der Ferne entdecke ich eine alte Bahnbrücke, das „Viadukt von Moresnet“. Bis vor einigen Jahren wurde die Strecke noch regelmäßig von Güter-Zügen zwischen Aachen und Ostbelgien genutzt, heute ist es nur noch ein Denkmal längst vergangener Zeiten. Inzwischen hat die Sonne sich durch den Hochnebel gekämpft und ich komme in meiner warmen „Daunenjacke“ ziemlich ins Schwitzen. Bei einem kurzen Stopp wechsele ich auf meine Strickjacke. Es wird doch wohl nicht jetzt endlich Frühling sein?
Ich bin ein wenig verwundert. Wo sind sie denn? Die Narzissen. Ein wenig enttäuscht bin ich schon, als wir durch das erste größere Waldstück laufen und bis auf große Matschfützen doch nur altes Laub zu sehen ist.
„Ein paar Meter noch“ werde ich aufgemuntert und motiviert. Und dann, hinter einer Lichtung, sehe ich sie: Narzissen. Wilde Narzissen!
Das Narzissenfeld im Wald
Erst entdecke ich nur vereinzelt die gelben Frühjahrsblüher in einem Waldstück. Noch bin ich fest der Meinung, das sich hier jedes Jahr ein Gärtner hinsetzt und in mühevoller Kleinstarbeit ein paar Knollen im Boden versenkt.
Doch je weiter wir laufen, desto mehr Narzissen sind zu sehen. Zwischen Moos, kleinen Veilchen und vereinzelt Bärlauch sind die gelben „Gute Laune Blumen“ nicht zu übersehen. Und natürlich hab ich mich auch eingelesen – wie die Blumen in den Wald kommen. Es handelt sich um die Gelbe Wildnarzisse, einer geschützten Pflanze und einer Uhrgroßoma der heutigen Osterglocke.
In der Zeit von April bis Mai – immer dann wenn der Frühling kommt, sind die Pflanzen in der Eifel, an den Rändern des hohen Venns und auch im Grenzgebiet in Wäldern, Feldern und Wiesen zu finden. Ich bin überrascht, wie viele abseit der Wege unterwegs. Mehr als einmal habe ich ein jähes Ende einer Narzisse miterleben müssen.
Zeit für eine Rast
So langsam werde ich müde. Wie gerufen kommt unsere Rast am Rande einer Wiese. Es riecht nach Frühling und Bärlauch – es fliegen die ersten Schmetterlinge und Hummeln und die Sonne hat mich fast soweit, dass ich auch meine Strickjacke ausziehen will.
Ich schnappe mir meine Brotbüchse und esse die letzten Trauben, Möhren und mein Eibrötchen und tue etwas völlig abgefahrenes. Ich leg mich einfach hin. Sonnenbad! Ende März. Und so vergeht die Zeit. Wieviel? Ich weiss es nicht. Aber das Nickerchen in der Natur hat einfach nur gut getan!
Meine Blase drückt ein wenig. Meine Frage „Ist hier irgendwo ne Toilette?“ wird mit einem Kopfschütteln beantwortet. Hinter die Hecke trau ich mich nicht – zu viel ist noch zu sehen. Und so atme ich tief ein und vergesse recht schnell, das doch da noch was war.
Immer am Fluss entlang
Entlang des Göhl Hohnbach wandern wir wieder zurück nach Kelmis. An manchen Stellen laufen wir über Holzbeschläge, weil der Boden so sumpfig ist.
Wir entdecken einen Hang voller Bärlauch – und auch ich werde diesmal schwach. Der Lauch schmeckt auch richtig gut auf Eibrot, wie ich feststellen konnte.
Noch einen Blick werfe ich auf den Viadukt, dem wir durch unsere Runde etwas näher gekommen sind.
Dann gehts bergauf.
Die letzten Meter unserer keinen Runde sind die schwersten. Erst geht es Bergauf, dann auf einem schmalen Wanderweg bergab. Meine Blase meldet sich wieder – und auch meine Füße haben leichte Ermüdungserscheinungen (ich bin das Wandern halt so gar nicht gewöhnt :D).
Als der Casinoweiher vor uns erscheint – stelle ich fest, das 2 1/2 Stunden doch wie im Flug vergangen sind. Und ich entdecke das Schild der Grenzrouten – zahlreiche Wanderstrecken rund um Geschichte, Kultur und Natur rund um die Grenzregion im Dreiländerdreieck. Zeit sich den Rest auch mal anzuschauen, oder??
- Unsere Wandertour durch die Narzissen in Kelmis findet ihr hier bei Komoot
- Auf der Seite von Ostbelgien wird über die Narzissenblüte in der Region informiert.
- Es gibt unterwegs keine Einkehr, sorgt also schon vor eurer Wanderung (7 Kilometer) für eine kleine Pausenration. Es gibt direkt am Parkplatz einen Lidl, der jedoch nur Montag bis Samstag geöffnet hat
- Bitte keine Pflanzen pflücken und nicht abseits der Wege laufen!
- Thomas hat mit seiner Familie eine etwas längere Tour rund um Kelmis erwandert.
- Wenn ihr Bärlauch sammeln wollt, empfiehlt sich ein Abstecher an den kleinen Fluss. In den Waldalleen ist davon aktuell viel zu finden. Bis zur Blüte (Anfang Mai) kann dieser bedenkenlos geerntet werden. Achtet jedoch darauf, das Bärlauch immer einen typisch knoblauchartigen Geruch von sich gibt. Ist dies nicht der Fall, droht die Gefahr einer Verwechslung mit giftigen Pflanzen
Wie komme ich nach Kelmis und wo kann ich parken?
Die Anreise nach Kelmis empfiehlt sich mit dem Auto. Es sind nur begrenzt Parkplätze direkt vor Ort vorhanden (vor allem bei schönem Wetter), weshalb ich euch eine frühe Anreise oder das Parken entlang der Straße (mit ein paar Metern mehr Laufweg) empfehle. Auch hier gilt natürlich: Am Wochenende ist deutlich mehr los.
Alternativ könnt ihr auch mit dem Bus Nr. 24 von Aachen nach Kelmis fahren.
Was gibt es in und um Kelmis noch zu entdecken?
Kelmis könnt ihr sehr gut mit einem Besuch der umliegenden Highlights kombinieren. So könnt ihr etwa am Dreiländerpunkt in Aachen halt machen und zwischen Belgien, den Niederlande und Deutschland stehen.
Direkt in Kelmis gibt es das Museum Altberg / Vieille Montagne. Das lohnt sich nicht nur bei Schlechtwetter, denn hier könnt ihr einiges zur regionalen Geschichte und der Bergbaustadt Kelmis lernen. Insbesondere in Bezug auf den Bergbau lässt sich hier viel entdecken!
Auch ein Besuch in Aachen lohnt sich – im Frühling blühen hier überall Narzissen! Sehr schön ist auch ein Besuch in Maastricht (Niederlande) oder Lüttich (Belgien).
Wer mehr Natur erleben möchte, dem empfehle ich einen Besuch in der Eifel. In den Kommentaren habe ich gelesen, das auch hier zahlreiche blühende Felder zu finden sind.
Auch das hohe Venn ist nicht weit entfernt – hier könnt ihr auf hölzernen Wegen durch Torfsümpfe laufen. Im Frühjahr solltet ihr euch hierfür jedoch warm eingepackt, das Venn liegt ein paar Höhenmeter hoch und ist nahezu ungeschützt. Wenn es dort Wind gibt, wird es schnell recht frisch.
Ich persönlich mag auch die zahlreichen Grenzwanderwege rund um Aachen, welche durch den Westwall eine besondere Geschichte haben – auch die Tour in Kelmis liegt auf dieser Strecke. Ich habe übrigens zahlreiche Ausflugsziele rund um Aachen auch mal gesammelt – auch davon lassen sich einige gut kombinieren.
Ihr seht schon – eine Tour hierhin lohnt sich wirklich! Vielleicht sehen wir uns ja bald dort?
Hallo,
Der moresneter Viadukt wird noch immer benutzt für den Güttertransport zwischen ost Europa und Belgien (unter anderem der Hafen von Antwerpen).
Täglich fahren 80-100 Zügen in beiden Richtungen über die längste Bahnbrücke Belgiens.
[…] Waldabschnitt abertausende Narzissen. Die Tour ist circa 7 km lang und recht vielfältig! Janett Schindler teilzeitreisender.de Der Kyffhäuser ist ein schönes Ausflugsziel für alle die […]
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Hallo.
Am Ende sprichst Du von der Göhl. Aber es handelt sich hier um den Hohnbach. Die fliesst auch den Oskarstollen entlang. Bei den Rochuskapelle fliesst der Hohnbach in die Göhl.
H.G. Wiel Vogt
Ein schöner Tipp für eine Kurzwanderung. Allerdings möchte ich anmerken dass es Galmeiveilchen NICHT nur dort in Kelmis gibt. Es gibt sie auch am Schlangenberg in Beining im Naturschutzgebiet zwischen Aachen und Stolberg ☺
Hallo Iris,
das hab ich schon mehrfach gehört und werd das gleich mal anpassen. Danke für den Hinweis!
[…] Die perfekte Osterwanderung. Spaziergang durch Narzissen in Kelmis […]