Reformation in Bad Frankenhausen 

Reformation in Bad Frankenhausen 

Nach Hause kommen. Das ist das Gefühl, was ich verspüre, wenn ich auf der B85 über den Kyffhäuser das Ortsschild von Bad Frankenhausen erreiche. Ich bin hier aufgewachsen – habe meine Schulzeit hier verbracht und dachte bisher, dass ich alles über die Geschichte der Stadt kenne.  

Es mussten fast 25 Jahre fernab von Bad Frankenhausen vergehen, bis ich mich das erste Mal bewusst mit der Vergangenheit meiner alten Heimatstadt beschäftigt habe. Und nicht nur einmal im Rahmen einer kleinen Führung gemeinsam mit Dr.  Hahnemann aus dem Regionalmuseum Bad Frankenhausen hörte ich überrascht auf. Ich entdeckte die Stadt auf der Suche nach „Reformationspuren“ völlig neu.  

Reformation in Bad Frankenhausen 
Der Anger in Bad Frankenhausen

Meine Nacht verbringe ich im „Thüringer Hof“. Einen Gasthof gibt es an diesem Ort zwar erst seit 1776, den großen Platz vor dem Gebäude – der Anger –  gab es in dieser Form schon seit den Anfängen der über 1000 Jahre alten Stadtgeschichte. Im Mittelalter wie auch heute wird hier Handel betrieben. So befindet sich an diesem Platz auch eines der ältesten Häuser der Stadt – was inzwischen auch den Thüringer Hof beherbergt.

Bad Frankenhausen ist heute keine große Stadt. Noch nicht einmal 10000 Einwohner hat die Gemeinde am Südhang des Kyffhäusers. Es gibt viele Geschichten rund um den Kyffhäuser, es gibt mit dem schiefen Turm (der schiefen Kirche) auch eine ganz besondere Sehenswürdigkeit – am bekanntesten ist Bad Frankenhausen jedoch aufgrund des Bauernkrieges im Jahre 1525.  

Die Reformation in Bad Frankenhausen

Was ist damals passiert?

Luthers Thesenanschlag hat die Menschen im Land aufgerüttelt. Ein Reformgeist ging umher und erreichte auch Bad Frankenhausen. In der im Mittelalter doch gar nicht so kleinen Stadt gab es eine Zweiteilung. Adel, Geld und Kirche in der Unterstadt, Handel und Bauern in der Oberstadt. Dieses Konstrukt sorge für Unruhe und auch die hohen Abgaben und die soziale Ungerechtigkeit gab dem Aufstand den nötigen Aufschwung. Vor allem die Bauern und Salzarbeiter sowie der untere Mittelstand entschlossen sich Anfang 1525 dazu gegen die Ungerechtigkeiten vorzugehen.

Reformation in Bad Frankenhausen 

Mit der Information, dass Müntzer sie aus Mühlhausen mit einer fast 10.000 Mann starken Armee unterstützen würde, gelang den „Reformatoren“ ein Putschversuch. Das Rathaus und der Vorgänger des heutigen Schlosses wurden besetzt, das Nonnenkloster St. Georgii gestürmt und ein Dokument mit 14 Forderungen an die Verantwortlichen der Stadt übergeben.  

Reformation in Bad Frankenhausen 

Die Unruhen zogen sich über 2 Wochen, bis Müntzer mit einer nur 300 Mann starken Gruppe in Frankenhausen eintraf. Was die mittlerweile auf knapp 8000 Mann angewachsene Gruppe nicht wusste – rund um Bad Frankenhausen hatten sich neben dem hessisch - braunschweigischen Heer auch das albertinische (sächsische Heer) versammelt. Warum sich die kriegerischen Parteien auf dem „weißen Berg“ – der heutige Schlachtberg versammelten, ist mir bis zum heutigen Tag nicht klar. Auf diesen Platz gab es schon damals es kaum Schutz.   

Kein gutes Ende für Thomas Müntzer und seine Unterstützer

Das Ende vom Lied:  An diesen 15. Mai 1525 wurde kurz nach einer Predigt von Müntzer eine vorher vereinbarte Waffenruhe gebrochen und 6000 Mann auf Seiten der Aufständischen verloren ihr Leben. Sie starben auf dem Schlachtberg, auf ihrer Flucht durch die „Blutrinne“ oder wurden später vor dem Rathaus gehängt.

Reformation in Bad Frankenhausen 

Doch nicht nur das. Den „Gewinnern“ wurde gestattet, die Stadt eine Woche lang zu plündern. Es gab hohe Strafen für all diejenigen, die sich direkt oder indirekt am Aufstand beteiligten und auch für die Stadt Frankenhausen. Frankenhausen war nicht arm – das Salz hat schon einen gewissen Wohlstand in den Ort gebracht. Und doch brauchte es lange Zeit, bis sich Frankenhausen von diesem Ereignis erholte. 

Dokumente, Überlieferungen, Waffen, Kleidung – aus dieser Zeit ist in Frankenhausen kaum etwas geblieben. Und doch war das Opfer nicht ganz umsonst.  Denn aus den Geschichtsunterlagen geht hervor, dass dieser, wie zahlreiche andere Bauernkriege im Land der Beginn eines „Umdenkens“ war. Der Prozess kam langsam, einige Reformen wurden erst Jahrhunderte später umgesetzt – aber ein Beginn war gemacht.  

Reformation in Bad Frankenhausen 
Luther war übrigens nie in Bad Frankenhausen

Das Ereignis „Bauernkrieg“ und die Rolle Müntzer´s wurde viele Jahre totgeschwiegen. Zu tief saßen die Wunden. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Geschichte aufgearbeitet und längst ist nicht alles entdeckt, was sich auf den Anhöhen des Weißen Berges befindet.  

Ich nehme euch gerne mit auf einem ganz besonderen Rundgang auf den Spuren der Reformation durch meine alte Heimatstadt Bad Frankenhausen.  

Die Unterstadt 

Auf den Ruinen der damaligen Burg zu Frankenhausen steht heute das Frankenhisser Schloss, was schon seit einigen Jahren als Stadtmuseum fungiert. Hier finde ich nicht nur ein paar Ausstellungstücke zum Bauernkrieg, sondern auch zahlreiche Informationen zu den verschiedenen Wirtschaftszweigen, mit denen Frankenhausen im Laufe der Zeit „reich“ wurde. Ich persönlich habe in diesem Schloss sogar Jugendweihe gefeiert und meine Zeugnisse bekommen – eine Tatsache, die mich immer noch sehr stolz macht. 

Reformation in Bad Frankenhausen 

Auf meinem Spaziergang durch die Unterstadt ist der Weg zur Unterkirche unumgänglich. Hier stand einst das Kloster der Stadt. Viel ist davon nicht mehr zu sehen, wer jedoch ganz genau hinschaut, entdeckt auch noch einige wenige Ruinenreste des ehemaligen Klosters.

Reformation in Bad Frankenhausen 

Sie befinden sich auf dem Gelände der Paracelciusschule hinter der Unterkirche. Auch die heutige Kirche besteht zu einigen Teilen aus Steinen des ehemaligen Klosters – etwas, was ich früher nicht wusste. Vielleicht erkennt ihr sie?

Die Stadtmauer am Flutgraben 

Auf meiner Führung durch die Stadt habe ich noch weitere „unbekanntere Reformationsorte“ entdeckt. So zum Beispiel die Stadtmauer am Flutgraben. Hier wurde in den zwei Wochen vor dem großen Bauernkrieg einige Kämpfe ausgetragen. Auch heute noch – munkelt man – kann man Spuren der Auseinandersetzungen erkennen. Hier entlang zu laufen habe ich mich nicht getraut, die Mauer verliert durchaus auch mal einen Stein.  

Reformation in Bad Frankenhausen 

Wer zur Stadtmauer am Flutgraben gelangen will, geht von der Unterkirche nicht die Klosterstraße in Richtung Stadt hinauf, sondern die Straße „Am Wallgraben“. Rechter Hand seht ihr dann kurz vor der Fritz-Brather-Straße den Flutgraben und auch die Stadtmauer.

Das Rathaus  

Das heutige Rathaus entstammt nicht dem Mittelalter, es wurde im frühen 19. Jahrhundert gebaut. Und doch hat es schon im Mittelalter auf diesem Platz einen Amtsort und vermutlich auch eine Art Rathaus gegeben – denn dort wurden Überlebende des Kampfes exekutiert.  

Reformation in Bad Frankenhausen 
Rathaus Bad Frankenhausen

Heute finden auf diesem Platz regelmäßig Märkte mit regionalen Händlern statt und auch bei den großen Veranstaltungen der Stadt wie dem Bauernmarkt und dem Fliederfest wird der Markt rege genutzt.

Der Anger 

Ein Besuch auf dem Anger darf bei einem Rundgang zur Reformation natürlich nicht fehlen. Hier wurde der fliehende Müntzer von den Söldnern des Heeres aufgegriffen und gefangen genommen und anschließend auf die Wasserburg nach Heldrungen zum Verhör verschleppt. 

Reformation in Bad Frankenhausen 

Eine Tafel in der Nähe des ehemaligen Stadttores erinnert an diesen Ort – ansonsten jedoch ist der Anger heute eher ein großer Parkplatz – auf dem aber durchaus noch Handel betrieben wird. Hier finden sich auch ein paar gute Hotels und ein großer Parkplatz. 

Reformation in Bad Frankenhausen 
Der Anger in Bad Frankenhausen

Besonders im Frühling ist der Platz aufgrund der Kastanienblüte sehr schön anzusehen. Ob im Mittelalter hier schon Kastanien standen? Ich glaube nicht? Hier wurde früher sehr viel gehandelt.

Die Oberstadt.  

Mein Spaziergang geht vom Anger weiter in die Oberstadt. Hier wurde schon im Mittelalter eng gebaut, es gab viele kleine Häuser und das Leben im Mittelalter (und das Solesieden) machte es nicht unbedingt zu einem Ort, wo man gerne hinwollte.  

Schausieden in Bad Frankenhausen
Schausieden in Bad Frankenhausen

Viel aus der Zeit der Reformation ist auch hier nicht mehr zu finden. Teile der Stadtmauer wurden als Gartengrenze genutzt und sind heute noch zu sehen.

Stadtmauer Bad Frankenhausen
Auf dem Weg zum Hausmannsturm könnt ihr in der Oberstadt Teile der alten Stadtmauer von Bad Frankenhausen sehen.

Wer einen tollen Blick über die Oberstadt haben möchte, sollte den Weg vom Anger hinauf zum Hausmannsturm nicht scheuen. 

Reformation in Bad Frankenhausen 
Der Hausmannsturm von Bad Frankenhausen. Ich muss noch in Erfahrung bringen, wozu er im Mittelalter genutzt wurde.

An Wochenenden wird im Solepark gesiedet – das Salz aus Bad Frankenhausen ist ein beliebtes Mitbringsel und kann hier oder in der Stadtinformation erworben werden.

Die Blutrinne 

Ich war 9 Jahre alt, als ich das erste Mal von der „Blutrinne“ hörte.  Und ich darf verraten, dass die Geschichte nicht nur für eine schlaflose Nacht gesorgt hat. Es gibt zwei Wege vom „Schlachtberg“ hinab in die Stadt. 

Reformation in Bad Frankenhausen 
Im wüsten Kalktal in Bad Frankenhausen

Das „wüste Kalktal“ und die „Blutrinne“.  Während Müntzer recht unbemerkt über das „wüste Kalktal“ entfliehen konnte, wählten zahlreiche einheimische Aufständige den Weg, der heute diesen makabren Namen trägt. Nicht ohne Grund – denn auf diesen knapp zwei Kilometern bis zur Stadtgrenze wurden am Tag des Bauernkrieges rund die Hälfte aller Aufständischen niedergemetzelt. Noch Wochen später war der Regen, der aus dem Wald an dieser Stelle gespült wurde, rot vom Blut der Opfer.  

Reformation in Bad Frankenhausen 
Hinauf zur Blutrinne

Heute ist der Wanderweg eine ideale Möglichkeit – auf den Spuren der Reformation durch Frankenhausen zu wandeln.

Lasst das Auto in Bad Frankenhausen (zum Beispiel am Friedhof) stehen und lauft den Berg hinauf – dort wartet auf euch nicht nur eine Infotafel zum Thema Luther und Müntzer, sondern eines der markantesten Sehenswürdigkeiten zur Reformation rund um Thomas Müntzer auf euch.

Das Panorama auf dem Schlachtberg (Weißen Berg) 

Das Panoramamuseum und ein Gedenkstein zum Bauernkrieg befindet sich hoch oben auf dem „Schlachtberg“ und ist nicht nur für „Zeitreisende“ auf den Spuren der Reformation spannend. Das beeindruckende Rundbild von Werner Tübke habe ich schon mindestens zehn mal gesehen – immer wieder entdecke ich dort neue Details. Das Rundbild ist im Stile der Kunst des späten Mittelalters gemalt (von 1980 – 1990) und bietet unglaublich viele Details die sowohl Geschichte als auch politische Einschätzung der Situation bietet. 

Reformation in Bad Frankenhausen 

Im Anschluss empfehle ich euch eine kleine Erholungspause auf dem Weißen Berg. Schlendert ein wenig entlang des Lutherwegs, dort findet ihr  auch eine Tafel zum Thema Luther und Müntzer. 

Die Schiefe Kirche  

Das bekannteste Wahrzeichen der Stadt erlebte damals als eine von drei Kirchen zwar die Zeit um den Bauernkrieg mit, eine direkte und in Dokumenten nachgewiesene Rolle hat sie jedoch nicht gespielt. 

Reformation in Bad Frankenhausen  

Dennoch empfehle ich euch einen (vielleicht auch nächtlichen) Besuch der Ruine, die man Tag und Nacht von außen besichtigen kann. Das Gebäude wird abends angestrahlt, es gibt einen Infostand, wo ihr weitere Informationen bekommen könnt. 

Was ihr sonst noch zur Reformation in Bad Frankenhausen wissen solltet

Eine sehr informative Seite über den Hergang des Bauernkrieges und die 14 Thesen findet ihr hier. Auch auf der Seite des Regionalmuseums findet ihr zahlreiche Infos zur Geschichte der Reformation im Kyffhäuserland.

Merkt euch das Jahr 2025 vor – hier wird es im Rahmen des Themenjahrs Freiheyt 1525 einige tolle Aktionen geben. Ein kleiner Vorgeschmack bietet das Demo der App „Adel & Rebellen„.

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals 2017 auf thueringen-entdecken.de publiziert. Der Content wurde 2024 überarbeitet und darf nach Absprache mit Thüringen Tourismus hier veröffentlicht werden. Drei Bilder stammen von meiner Freundin Daniela. Danke dafür!

Janett

Hallo, ich bin Janett, die Gründerin des Blogs Teilzeitreisender.de
Schon immer war ich ein sehr großer Fan von Kurzreisen. Neben einer Teilzeitstelle an der Uni Düsseldorf pflege und hege ich deshalb dieses Projekt - und habe dafür schon das eine oder andere Abenteuer erlebt.

Mehr über mich erfahrt ihr unter der Rubrik Persönliches

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