Es war kein kalter Winter in Deutschland, damals 2008. Wir hatten März und die ersten Frühjahrsblumen blühten, die Welt erwachte langsam aus der dunklen Jahreszeit. Und ich machte mich auf zu meiner ersten Russlandreise. Mein Ziel – Sankt Petersburg.
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Die Organisation eines Visums für Sankt Petersburg war ein kleines Abenteuer.
Während bei einer Reise über einen Organisator dieses vom Reisebüro übernommen wurde, durfte ich als Individualreisender einfach mal schnell nach Bonn stiefeln. Einmal um die Reisepässe abzugeben, und ein zweites Mal um sie mit einem tollen Visum-Aufkleber auch wieder abzuholen. Das lässt sich durchaus auch ohne Russischkenntnisse machen – aber ein Urlaubstag nur fürs Visum ist auf jeden Fall drauf gegangen.
Von Bonn aus ging es nach Sankt Petersburg und schon unser Flug nach Russland war aufsehenerregend. Beziehungsweise die volltrunkenen Gäste hinter uns. Im Landeanflug hatte eine Dame den unaufhaltsamen Wunsch, aus ihrem Reisegepäck in den obigen Fächern (zwei Reihen weiter vorne) eine Flasche Wodka zu besorgen. Wir hatten schon starken Sinkflug und die Stewardess hatte damals arg zu kämpfen, diese Dame wieder an ihren Platz zu begleiten. Damals flogen wir als eine der letzten Auslandsflüge zum Inlandsflughafen von St. Petersburg. Und der hatte wohl schon seit Jahren kein Update mehr erhalten…
Luxus im Petro Palace Hotel in Sankt Petersburg
Zum Petro Palace Hotel ließen wir uns vom Shuttle abholen, was uns zwar knapp 50 Euro gekostet hat, als wir jedoch die öffentlichen Busse sahen, jeden Cent wert war. Knapp 40 Minuten waren wir unterwegs. Und obwohl wir auf den ersten Kilometern glaubten, dass wir immer noch in Europa waren, stellten wir schnell fest, dass hier doch einiges anders ist.
Schneeräumung zum Beispiel wurde damals mit Baggern bewältigt, die den Schnee auf LKWs verluden. Gehwege, bei denen das Laufen ein wenig Schneeberg-Besteigen glich. Und ein Wetter, was in Extremen kaum zu toppen war. Von einem Moment im hellen und fast milden Sonnenschein in Schneestürme allererster Klasse. Die Sprache war auch nicht von der Hand zu weisen. Obwohl ich zwei Jahre Russisch Unterricht hatte, erkannte ich so gar nichts…
Das Hotel war ganz nett, aber auch nichts Besonderes. Ein Zimmer mit Blick zum Hinterhof zeigte uns, das der Glanz von außen oftmals anders wirkt als er wirklich ist. Aber seinen 4 Sternen wurde es schon gerecht…Da wir recht zentral in der Innenstadt untergebracht waren, machten wir uns gleich zum wenige Gehminuten weiter befindlichen Isaaks-Platz auf. Ein Schneesturm fing uns ein, und dennoch kämpften wir uns weiter… (war wirklich schon Ende März??). Und innerhalb von wenigen Minuten war dann alles wieder blau… Soll einer mal das Wetter verstehen.
Schnell stellten wir fest, dass man die meisten Kirchen in Russland nicht „einfach so“ betreten kann. Es wird Eintritt verlangt, bei der Isaaks-Kathedrale derzeit knapp 4 Euro. Leider war sie bei unserer Ankunft geschlossen, wer jedoch dort ist, sollte sich das Gebäude unbedingt auch einmal von Innen anschauen.
Auf dem gleichen Platz befindet sich auch noch das Reiterdenkmal von Nikolaus I. – übrigens eines von vielen „Reiterdenkmälern“. Dank Reiseführer erfahren wir viel über die Geschichte der Stadt und wagen und weiter vor in die Gassen der Stadt. Die Kanäle zwischen den Häuserfluren sind noch voller Eis, warm sind die Winter hier sicherlich nicht…
Dann entschlossen wir uns, Richtung Senatsplatz zu laufen. Auch hier wieder ein Mann auf ‘nem Pferd. Dieser Platz hat geschichtlich einiges mit der Revolution gegen die Zaren zu tun.
St. Petersburg ist voller toller und Prunkvoller Gebäude.
Schaut man sich jedoch die Autos und Busse an, die abseits vom Tourismus durch diese Stadt cruisen, merkt man – das vieles auch nur den äußerlich schönen Schein wahren will.
Wir als „Touristen“ merken auch, das Sankt Petersburg alles andere als günstig ist. Für ein einfaches Essen zahlen wir mal schnell umgerechnet 50 Euro und all die Prunkvollen Paläste und Kirchen verlangen keine unerheblichen Eintritte. Und doch ist dieser Prunk schon beeindruckend. Scheint die Sonne, glitzert es von allen Ecken und Enden der Stadt.
Über die Brücken den Flusses Newa gelangen wir dann auf die andere Seite der Stadt. Uns schlägt kalter Wind entgegen, und auf dem Fluss treiben kleine Eischollen umher. Wir gelangen auf die so genannte „Haseninsel“, auf der sich die Peter und Paul Kathedrale inmitten einer aus dem frühen 18 Jahrhundert stammenden Festungsanlage befindet. Um die Festung kann man (sofern das Wetter mitspielt) auch ganz gut laufen.
Das Festungsgelände kann man unentgeltlich betreten, wer in die Kathedrale möchte, kann im kleinen Infopavillion davor Karten erstehen. Uns jedoch wird langsam Kalt, und wir laufen über die Troisky Brücke wieder zurück in unseren Stadtteil. Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel ging es dann am Nachmittag weiter auf Besichtigungstour.
In unserer unmittelbaren Nähe befand sich so dann auch einer der bedeutendsten Plätze der russischen Geschichte… Der Schlossplatz mit der Eremitage – aus der auch an diesem kalten Samstagnachmittag Massen an Menschen für die Kunstaustellung Schlange stehen, der Triumphbogen und auch die Alexandersäule. Wir lunzen in unseren Reiseführer und stellen fest, dass dieser Platz voller Geschichte ist. Von Triumph über Napoleon bis hin zu Aufstand gegen die Zaren ist hier die Rede. Ich wünschte mir – länger Zeit zu haben, doch uns bleibt nur der Rest des Tages.
Zwiebeltürmchen im Schneesturm
Also begeben wir uns durch den Triumphbogen hindurch Richtung „Auferstehungskathedrale“ die mich in ihrer Bauart an genau das erinnert, dass ich mir immer unter typisch Russischer Baukunst vorgestellt habe. Kleine Zwiebeltürmchen, Bunte Farben und sehr viel Detailverliebtheit. Wäre nun nicht ein Schneesturm aufgezogen, der uns wieder in Richtung Zentrum zwang, ich hätte hier stundenlang stehen können. Ein tolles Gebäude, was man sich unbedingt anschauen sollte.
Auf dem Newsky Prospect – der „Einkaufsstraße“ wandern wir dann noch ein wenig durch die Geschäfte. Viel Klimbim, Souvenirs und so bekommt man hier…
Stiefel ausziehen! Sicherheitskontrolle!
Schon am nächsten Morgen müssen wir wieder zurück. Auf dem nationalen Flughafen ist alles abgebaut – wir sind damals der letzte Flug nach Deutschland. Ein Beamter schreit mich auf Russisch an und zeigt auf meine Füße „Stiefel ausziehen! Sicherheitskontrolle!“ Ich glaube zumindest, das er das gesagt hat ;)
Ein sehr interessantes Wochenende. Würde ich es noch einmal machen? Ja. Beim nächsten Mal aber wahrscheinlich organisiert. Die Stadt auf eigene Faust zu erkunden hat zwar was, aber man wird fast erschlagen von so viel Geschichte und Informationen (in fremdländischer Sprache), dass ich hier fürs erste einen Guide empfehle…
Einen aktuellen und mit beeindruckenden Bildern gespickten St. Petersburg Blog-Beitrag aus 2015 findet ihr bei Marianna von Weltenbummlermag.
[…] Flug von Köln nach St. Petersburg. Zwei Reihen hinter uns saß ein russisches Paar, was es sich mit Wodka und Co. die drei Stunden […]
[…] Doof nur, wenn man wie ich nicht darauf eingestellt ist, dass das Gegenüber ja auch antwortet. Nach Russland bin ich vor knapp 10 Jahren mit sehr viel guter Hoffnung gefahren, das ich zumindest die Buchstaben […]
Hallo Janett,
Auch in Russland ist der Kirchenbesuch frei – Die Blutskirche und die Isaaks-Kathedrale sind allerdings Museen, von daher verlangen sie auch Eintritt.
Ich hab mal fünf Jahre um die Ecke gewohnt, vier Jahre mit Blick auf die Admiralität und den Brunnen davor und eines neben der Hermitage. Schau mal unter https://www.sy-yemanja.de/2016/06/15/newa/ wenn du magst.
Das Visum für Individualreisende ist kompliziert – aber Visa-Agenturen beschaffen es auch, falls man nicht selbst nach Bonn kommt.
Liebe Grüße
Steffi
[…] selten. Napoleon zog in den Krieg nach Russland. Nun – im Winter habe ich bisher nur St. Petersburg erlebt – aber auch das war eisig […]
Ausgezeichnete Artikel. Ich liebe die Fotos
Sehr spannender Bericht. Die Geschichte mit dem Visum für Individualreisende, die vor Ort privat unterkommen wollen ist echt nervenaufreibend, weil man sich innerhalb von 72 Stunden nach Ankunft (z.B.) in einer Postfiliale registrieren muss – und zwar mit der Person, der die Unterkunft gehört/die dort wohnt – dann müssen zig Formulare auf Russisch (!) ausgefüllt werden und wenn dort auch nur ein Fehler vorliegt, muss alles (!) neugeschrieben werden. Ansonsten ist die Stadt natürlich absolut sehenswert, ich würde jedoch nach Möglichkeit im Sommer, zur Zeit der Weißen Nächte (wenn es nachts nur etwa 3 Stunden dunkel ist), reisen, auch wenn es dann mehr Touristen gibt.
Da muss ich auch unbedingt mal hin! Eine Freundin von mir hat da eine Bar aufgemacht. ;-)
Wie cool !!! Direkt in der Innenstadt ? Stell ich mir aber auch nicht einfach vor in Russland. Oder ist sie Russin ?
Liebe Janett,
Ich war mal mit 17 und meiner Schulklasse in Russland und habe die beiden Städte Moskau und St. Petersburg sehr gut in Erinnerung, vor allem St. Petersburg … ein paar Deiner Schilderungen & Fotos kommen mir bekannt vor, vielen Dank für diese Reisestimmung in den hohen Norden!
Elena
Hallo Janett,
tolle Eindrücke die du da schilderst. Das mit dem Wodka und den betrunkenen Fluggästen von und nach Russland hielt ich ja immer für ein Gerücht, aber scheint ja doch so zu sein. Da wird ja die ganze Reise schon zum Abenteuer, bevor es überhaupt losgeht :-)
Grüße
Eippy