28 Jahre sind eine lange Zeit. Damals war ich 8 Jahre alt. Und auf Klassenfahrt im Harz. Das DDR-Regime lag in seinen letzten Zügen, das jedoch interessierte mich damals nicht. Ich fand es spannend unterwegs zu sein. Und von dieser ersten Klassenfahrt hab ich tatsächlich noch ein paar Erinnerungen. Wir haben damals in einer Jugendherberge übernachtet. Ich war im Haupthaus in einem Mehrbettzimmer untergebracht. Wir haben spannende Nachtwanderung gemacht und Stolberg besucht. Warum ich euch das erzähle?
Auf meiner Suche nach interessanten Reisezielen rund um meine alte Heimat Bad Frankenhausen mach ich auch vor Landesgrenzen nicht halt. So fand ich Anfang des Jahres „Stolberg im Harz“ wieder, ein Ort, der in den letzten Jahren aus meiner Erinnerung verschwunden war. Warum eigentlich?
Inhaltsverzeichnis
Stolberg im Harz ist heutzutage so gut wie unbekannt.
Das war mal anders. Vor gut 30 Jahren wurde die Vorzeige-Fachwerk-Stadt des Ostens als das Ausflugsziel schlechthin gehyped. Heute jedoch sieht alles anderes aus. Der Ort ist hübscher als ich ihn in Erinnerung habe und doch bleiben die Touristen weg. Diejenigen, die Stolbergs Schönheit besuchen, sind meist eher zufällig hier vorbeigekommen oder gehen wie ich auf eine Reise in die eigene Vergangenheit.
Grund genug, euch den neuen/alten Geheimtipp des Harzes genauer vorzustellen.
Im Ort selbst gibt es 380 Fachwerkhäuser!
Kaum ein Haus im Ortskern hat kein Fachwerk. Einige der Häuser stammen aus dem 15ten Jahrhundert – jener Zeit also, als Thomas Müntzer hier geboren wurde und Martin Luther hier zu Besuch kam.
Stolberg hat sich nicht viel geändert. Schon seit 500 Jahren schaut man von den Anhöhen der Stadt auf eine immer gleiche Form. Durch die Lage im Tal kann sich nicht viel „ausbreiten“, durch ein strenges Denkmal-Schutzgesetz können die alten Fachwerkbauten nicht durch moderne Neubauhäuser ersetzt werden.
Übernachten in Stolberg
Für Stolberg habe ich gleich zwei Empfehlungen, für jeden Geldbeutel.
Übernachten in der Pension „Alte Posthalterei Stolberg“
Es ist Ostern und ich übernachte in der Alten Posthalterei in Stolberg. Ein kleines Zimmer und ein paar Ferienwohnungen gibt es hier – neben dem Hofladen „Alte Scheune“ und dem Postkutschen-Geschäft, welches Gästen von Stolberg standesgemäß die Region zeigt – eines der Angebote von Fam. Kirchner
Neben Ferienwohnungen bietet Familie Kirchner seit 2015 auch ein Gästezimmer an. Mein Zimmer ist recht einfach eingerichtet, bietet aber allen wichtigen Komfort. Das Frühstück ist liebevoll und bietet auch zahlreiche regionale Köstlichkeiten.
Übernachten im Hotel „Freiwerk“ in Stolberg
Das Freiwerk ist mit Preisen ab 120 Euro pro Nacht schon eher im gehobenen Bereich anzusehen, ist aber auch eines der Hotels im Ort mit dem schönsten Ausblick. Vor allem die Zimmer „nach vorne“ bieten einen Blick ins Grüne und sind auch mit ihrer Einrichtung modern und dennoch angepasst an die Region. Im Haus gibts eine wunderschöne Terasse, einen kleinen Wellnessbereich und auch ein sehr empfehlenswertes Restaurant namens 2020.
Einziges Manko? Für einen Besuch müsst ihr erst hinauf auf den Berg.
Eine Lerche zum Abendbrot
Ich habe eigentlich nicht viel vor – allzu groß ist der Ort ja auch nicht – und doch überrascht mich Stolberg. Es ist anders als damals in den 80ern. Ich bin anders. Und doch will ich Orte entdecken, an denen ich schon gewesen bin. Doch erst einmal hab ich Hunger. Ich habe mir sagen lassen, dass ich unbedingt die Stolberger Lerchen probieren soll. Das ist nicht etwa der Vogel und auch nicht das in Leipzig so bekannte Gebäck, die als Lerchen bekannte Stolberger Speise ist eine speziell geräucherte Bratwurst. Würzig ist sie.
Und das Original (zumindest wurde mir das so zugetragen) bekommt man nur im Gasthaus Kupfer.
Nachts durch die Gassen von Stolberg
Mein nächster Stopp an diesem Abend ist das Rathaus. Dort wartet die Nachtwächterin auf mich und einige andere Gäste. In gut einer Stunde erzählt sie uns einiges über ihren Job, über das Rathaus ohne innenliegende Treppen und über das Fachwerk.
Mit Lampen bewaffnet ziehen wir so durch die kleinen Gassen der Stadt und erfahren von Geburtsförderungsmaßnahmen des Mittelalters bis hin zu kulinarischen Tipps für den nächsten Tag fast alles über den kleinen Harzer Ort.
Der anschließende „Schierker Feuerstein“ gibt mir den Rest – ich falle kurze Zeit später nur noch ins Bett.
Eine Wanderung zur Lutherbuche
Der nächste Morgen überrascht mich mit gutem Wetter. Ich schnapp mir meine sieben Sachen und mache mich auf dem Weg zur Lutherbuche. Am Bahnhof, der heute nur noch als Bushaltestelle dient, weisst mir ein Imbissverkäufer den Weg: „Immer dem Weg entlang!“
„Der Weg“ sind einige hundert Treppen – die sich mehr oder weniger gut erhalten den Berg hinauf schlängeln. Immer wieder muss ich stoppen, mir meiner Kondition ist es wohl nicht zum Besten bestellt. Als ich nach gut 10 Minuten auf einer Lichtung das Schild sehe – „Lutherbuche – 2 km“ will ich schon umkehren. Doch das Wetter will auch die letzte Strecke aus mir heraus kitzeln.
Der Weg hat sich gelohnt – denn ganz so weit ist es dann doch nicht. Dank der Treppen wirkt das ganze auch nicht zu steil und mit meinem Wetterglück bin ich kurze Zeit später stolz wie Oskar, den Weg hier rauf geschafft zu haben. Hier hat Luther gestanden. Vor etwa 500 Jahren. Und hat wohl das gleiche gesehen wie ich. Werde ich jetzt auch zum Revoluzzer?
Knabbern bei Friwi
Langsam ziehen wieder Wolken auf, und so mache ich mich schnell hinab ins Tal. Unser Nachtwächter hat einen Zwischenstopp im Friwiwerk Stolberg empfohlen. Wo mit Sultanzwieback vor mehr als 125 Jahren begonnen wurde, gibt es inzwischen alle möglichen Arten und Formen von Keksen und Leckereien. Einige der gekauften Leckereien haben es leider nicht bis nach NRW geschafft ;)
Meine eigene Zeitreise nach Stolberg
Hatte ich gesagt, ich habe keine Termine? Am Nachmittag wollte ich mir doch das Schloss anschauen. Zumindest den Ausblick von dort oben kenne ich noch aus meinen Kindertagen. Vor der evangelischen Kirche des Ortes entdeckte ich dann auch einen besonderen Platz wieder. Eine Treppe, auf der vor rund 28 Jahren das folgende Bild entstanden ist.
Es scheint so, als hätte sich zumindest hier in den letzten 20 Jahren nichts geändert. In der Kirche soll wohl auch Martin Luther gepredigt und Thomas Müntzer gebetet haben. Fotos machen kann man nicht, aber sehr interessante Gespräche während der Öffnungszeiten führen.
Das Schloss zu Stolberg
Mein Weg führt mich weiter zum Schloss. Das Schloss selbst gehört der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und ist aus diesem Grund zu den Öffnungszeiten auch kostenlos zu besuchen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann schließt euch jedoch einer Führung an. Die Geschichte des Schlosses und der Grafenfamilie zu Stolberg ist ziemlich interessant.
Das Schloss selbst wird immer noch saniert – das sieht man auch überall. Ich bin gespannt – wenn hier in den kommenden Jahren ein Schlosshotel entstehen soll – wie es dann aussieht. Schon heute kann man hier oben heiraten und der Blick auf Stolberg ist wirklich toll!
Käffchen im Café Alt
Der Weg nach unten ist weit und so kehre ich kurze Zeit später im Café Alt ein. Unsere Nachtwächterin hat uns dieses kleine Geschäft in einer Seitengasse wärmstens ans Herz gelegt und Recht behalten. Der Kuchen, die Kaffees und Tees sind hier einfach super lecker und das entkernte Fachwerkhaus versprüht mit vielen „Vintage-Details“ einen gemütlichen Charme.
Wellness in der Thyragrotte
Mittlerweile war es 17:30 Uhr. Das Wetter machte auf April und wirklich Lust, den ganzen Abend auf meinem Zimmer zu verbringen hatte ich nicht. Mein Weg führte mich deshalb in die Thyragrotte am Rande der kleinen Stadt. Mit meinem Urlauberticket kosteten mich zwei Stunden Wellness gerade mal vier Euro – um so erstaunter war ich, das die Therme fast leer war.
Ich jedenfalls hab auch alleine viel Spaß gehabt. Auf der Rutsche, im Whirlpool, im Außenbecken – die zwei Stunden waren viel zu schnell vorbei.
Ein kulinarischer Abend
Der Hunger führte mich dann ins Gusto – wie ich später erfahren habe, konnte ich vom Glück reden – das ich einen Platz bekommen habe. Das Restaurant gehört zu den besten der Stadt
Sehr überrascht war ich dann auch, als ich am Nachbartisch ein paar Herren französisch reden hörte. Wie sich später herausstellte, war ein Teil der Grafenfamilie zu Stolberg aktuell zu Gast. Doch auch so kann sich die „Crossoverküche“ im Gusto sehen lassen. Wer in Stolberg unterwegs ist, sollte mindestens einmal hier einkehren!
Das Josephskreuz
Rund 5 Kilometer quer durch den Südharz dauert die Wanderung von Stolberg zum Josephskreuz. Ich muss zugeben, das ich mich in der Walpurgisnacht mit einem Shuttle hab hier her fahren lassen. Egal wie ihr hier her kommt – ein Besuch lohnt sich definitiv. Nicht nur wegen dem Restaurant welches am Fuße des Kreuzes leckere Kost aus dem Harz serviert, sondern vor allem wegen dem Bauwerk Josephskreuz.
Das Kreuz hat eine bewegte Vergangenheit, wurde 1896 eingeweiht und kann heutzutage über 200 Treppenstufen bestiegen werden. Oben bietet sich bei klarem Wetter eine tolle Sicht auf den Harz und mit etwas Glück sogar bis Magdeburg!
Ein paar Hinweise für einen Urlaub in Stolberg
- Als Stolberger Übernachtungsgast bekommt ihr ein UTI (Urlauberticket). Mit selbigen könnt ihr die öffentlichen Verkehrsmittel im Landkreis Harz und ausgewiesene Linie des VGS kostenfrei nutzen. Desweiteren gibt es zahlreiche Rabatte für die Sehenswürdigkeiten und Shops in und um Stolberg.
- Die Nachtwächtertour hat inkl. Schnäpsken 5 Euro, die Schlosstour 4 Euro gekostet.
- Viele Führungen in Stolberg werden nur an Wochenenden und an Feitertagen angeboten. Das Angebot könnt ihr in der Stadtinformation erfragen, die sich im Zentrum der Stadt befindet. Auf Anfrage werden auch individuelle Führungen im Ort und auf dem Schloss durchgeführt.
- Der Ort selbst kann mit dem Auto durchfahren werden, Parkplätze gibt es jedoch in der Stadt nur wenige. Vor dem Eingang aus Richtung Berga/Kelbra gibt es in der Nähe des Bahnhofes einige Parkplätze.
Wie komme ich nach Stolberg im Harz?
Leider wurde die Bahnstrecke nach Stolberg vor einigen Jahren eingestellt. Es fährt jedoch regelmäßig ein Bus in den kleinen Ort. Am sinnvollsten ist eine Anreise mit dem Auto. Die Autobahn 38 ist ganz in der Nähe und die Straßen hierher sind gut erhalten.
Was andere über Stolberg im Harz schreiben.
- Mehr Sehenswürdigkeiten in und um Stolberg
- Maike hat den Aufstieg auf das Josephskreuz gewagt!
- Sylvana hat es gewagt und sich in den wilden Osten begeben. Ihr Bericht über Stolberg? Lesenswert!
Wir kommen schon seid der Wende in Stolberg Harz. Die Musik hat uns hierin geführt. 5 Jahren sind wir aufgetreten an der Waldbühne. Es war ein bekannter Countryfestival. Fast jedem Jahr kommen wir wieder zurück nach Stolberg und Umgebung.
Ein schönen Gruss aus Holland
[…] wir im Südharz an. Genauer gesagt in Stolberg. Die Stadt selbst hat viel europäische Geschichte zu bieten, hier wurde die Ur-Ur-Ur-Großmutter […]
Hallo Janett! Was eine tolle Seite – was für interessante Informationen – danke hierfür! Werden wir alles bei unseren 3 Tagen in Stolberg berücksichtigen. Eine große Erleichterung wenn man aufgrund solcher Infos schon mal vorab den Aufenthalt planen kann und von erprobten Tipps profitiert! Ganz lieben Dank!
[…] Stolberg – ein Mekka für Fans des Fachwerkes […]
[…] Thyragrotte (Stolberg im Harz) […]
[…] und Magdeburg habe ich zwar schon besucht – den Harz schon erklommen und auch im kleinen Stolberg verweilt. Aber sonst? Fehlanzeige. Nicht mal Sangerhausen – meine Geburtsstadt- kenne ich […]
[…] Seiten. Nach der Aufregung an der Talsperre habe ich mich aufgemacht und der gesamten Gruppe Stolberg im Harz vorgestellt. Ich liebe diesen Ort. Nicht nur wegen dem Schloss oder dem Fachwerk – ich mag […]
[…] Und schon kann ich Jana beipflichten – der Frühling ist einfach traumhaft in der kleinen Fachwerkstadt Stolberg! Rund um Stolberg gibt es jedoch auch viel zu erleben – besonders das Josephskreuz kann ich […]
[…] Abstecher in den Südharz gefällig? Wie wäre es mit einem Tag in […]
[…] Janett war für Euch schon mal in Stolberg im Harz. […]
[…] Klickt hier, wenn ihr mehr über Stolberg erfahren wollt, oder unternehmt eine Tour mit der Postkutsche. […]
[…] Der Ort sieht von oben nicht viel anders aus als vor 500 Jahren. Durch die Lage im Tal war nicht viel „Ausdehnung“ drin, und auch die Fachwerkhäuser aus damaliger Zeit haben „überlebt“. Mehr über Stolberg nachlesen. […]
[…] auch von Luther besucht und ist vor allem im Reformationsjahr ein „Must See“. Erfahrt hier mehr über Stolberg erfahren wollt, oder unternehmt eine Tour mit der […]
[…] Weitere Tipps rund um Stolberg […]